König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
sich beim Anblick all des Glücks um sich herum nicht.‘
„Ich habe gedacht, nach der Wiedererweckungen der letzten Male würde mich so leicht nichts mehr umhauen“, schaltete sich Mattai ein. „Aber als ich diesen Eleasar aus seiner Gruft wanken sah, so voller Fäulnisstellen und das Leichentuch hinter sich her schleifend, da hätte ich fast wie ein Weib geschrien!“
Die beiden blickten zu dem Mann hinüber, der neben Jeshua auf dem Ehrenplatz des heutigen Festes saß. Noch immer wirkte er bleich und erschöpft, doch die grünen und schwarzen Fäulnisflecken auf seiner Haut verblassten jetzt schon zusehends. Es würde nur wenige Tage dauern, bis sie gänzlich verschwunden waren. Doch jetzt sah er noch aus wie jemand, der sich eine schwere Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte und zudem an einem widerlichen Hautausschlag litt.
In diesem Augenblick erhob sich Jeshua von seinem Platz an Eleasars‘ Seite, beugte sich noch einmal zu dem Mann hinunter und legte lächelnd eine Hand auf dessen Schulter. Er sagte etwas, das durch den Lärm nicht zu verstehen war und ging dann durch die Menge davon. Viele der Menschen unterbrachen ihre Gespräche und nickten ihm lächelnd zu, während er davonging. Mattai und Juda sahen ihm aufmerksam nach. Sie waren es gewohnt, dass ihr Meister sich des Öfteren absonderte und die Einsamkeit suchte – oft zu den ungewöhnlichsten Zeiten. Sie fühlten sich nie wohl dabei, ihren Meister allein gehen zu lassen. Zu gefährlich war diese Welt, zu unberechenbar. Doch es wäre ihnen im Traum nicht eingefallen, ihn dafür zu kritisieren.
Jeshua indes hatte den Dorfplatz verlassen und ging rasch auf den Rand des Dorfes zu. Er ließ die letzten Häuser hinter sich und trat auf eine kleine Schafhürde zu, die am Wegesrand lag. Dort, inmitten der Tiere wartete Asasel auf ihn.
„Wie ist dir das gelungen?“, lachte dieser. „Der Kerl stank schon nach Tod und Verwesung. Wie konntest du ihn ins Leben zurückholen?“
Jeshua kniete sich nieder und nahm eines der kleinen Lämmer auf den Arm.
„Seine Seele war noch da“, erwiderte er versonnen. „Und nur das zählt. Dadurch konnte ich ihn mit der göttlichen Kraft wiederbeleben.“
Asasel stutzte. „Seine Seele war noch da? Aber… er faulte doch schon. Dann muss er ein Sünder sein, so dass seine Seele das Licht Gottes nicht gesehen hat.“
Plötzlich blickte Jeshua auf und sah ihn ernst an. Jedes Lächeln war aus seinem Gesicht gewichen. „So war es auch. Es war einer der euren, der ihn verführt hat und ihn sündigen ließ.“
Asasel schwieg betreten. „Wer war es?“, fragte er schließlich.
Jeshua streichelte das kleine Lamm eine Weile, dann entließ er es aus seinem Schoß, zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich weiß es nicht. Auch Eleasar wusste es nicht. Er hat nicht einmal wirklich wahrgenommen, dass er von einer bösen Macht beeinflusst wurde. Aber die Anzeichen sind eindeutig. Diese Sünde kam von außen in ihn hinein.“
Nachdenklich nickte Asasel. „So mag es wohl gewesen sein.“
Jeshua erhob sich umständlich, klopfte sich den Staub aus den Kleidern und sah zu dem Engel hinauf. „Bitte begleite mich ein kleines Stück“, sagte er.
Gemeinsam verließen sie die kleine Viehhürde und begaben sich auf den steinigen Schotterweg, der hinauf in die Hügel führte.
„Sag, Asasel“, begann Jeshua, „wie nehmen deine Brüder meine Taten auf?“
„Sie sind tief gespalten. Völlig hin- und hergerissen. Sie zweifeln nicht daran, dass deine Taten durch Gottes Hilfe ermöglicht wurden. Aber sie sind sich nicht sicher, was das für sie selbst bedeutet. Sie glauben, dass du eher ein Feind unserer Rasse bist, weil du für das Gute stehen darfst, während wir das Böse sein müssen. Daher fühlen sie sich einerseits zu dir hingezogen, andererseits aber auch von dir bedroht.“
Jeshua zog eine Augenbraue hoch. „Bedroht?“
„Natürlich. Du kämpfst doch gegen alles an, was sie hier auf Erden tun. Und zugleich geht keiner von ihnen davon aus, dass du ihnen die Erlösung bringen wirst, die du den Menschen geben willst.“
„Aber du bist doch hier an meiner Seite. Du scheinst anders zu denken als sie.“
„Nun, ich weiß selbst nicht, was mich antreibt“, bekannte Asasel. „Einerseits will ich Gottes Befehl gehorchen und die Menschen verderben. Andererseits kann es keinen Zweifel daran geben, dass du in Gottes Auftrag handelst. Was du tust, ist also ebenfalls richtig. Ich denke, ich fühle mich wohl dabei, eine
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