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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Sarkophag und dem steinernen Deckel. »Da ist … Verdammt, schiebt die Platte noch ein Stück zur Seite!«
    Mit vereinten Kräften zerrten sie an der Steinplatte. Selbst Heinrich legte nun Hand an. Endlich war der Spalt breit genug, dass Anno mit dem Arm in den Sarg hineinlangen konnte. Im nächsten Augenblick hielt er einen schmalen Streifen Stoff hoch. »Ein Stück vom heiligen Mantel eines der Könige!«
    Rother bekreuzigte sich hastig. Dann beugte er sich vor, um den Fetzen besser sehen zu können. Der Stoffstreifen war aus zerschlissenem gelbbraunen Gewebe.
    »Aber das ist alles! Der Sarg ist leer!« Anno streckte eine Faust in die Höhe. Atemlos sagte er: »Sie haben die Heiligen gestohlen!«
    Einen Augenblick lang sprach niemand ein Wort. Schließlich beugte Heinrich sich über den Sarkophag und griff hinein. Rother hörte in der Stille der Kapelle ganz deutlich, wie die schwieligen Hände des Ritters über den Stein tasteten. Doch auch er brachte nichts weiter zum Vorschein. Die Mailänder waren ihnen zuvorgekommen. Die Heiligen Drei Könige ruhten nicht länger in der kleinen Kirche von Sankt Eustorgio.

5

    Wütend verließ der Fürsterzbischof das Zelt des Papstes. Ein Regenschauer hatte die Wiesen vor der Kaiserpfalz in tiefsten Sumpf verwandelt; bei jedem Schritt versank er bis zu den Knöcheln im Schlamm. Die Pfalz bei Lodi war erst zur Hälfte fertig gebaut, und selbst die Gemächer für den Kaiser und seine Gemahlin waren mehr Baustelle als Palast. Doch Rainald versuchte seiner Wut Herr zu werden. Er durfte sich keine Blöße geben. Jeder seiner Schritte wurde beobachtet, und für einen Erzbischof ziemte es sich nicht, fluchend durch das Heerlager zu marschieren. So deutlich wollte er seinen Feinden unter den Reichsfürsten nicht zeigen, wie schlecht es im Kampf gegen die aufsässigen Lombarden stand.
    Als er sein Zelt betrat, beeilte sich der Archipoeta, aus dem prächtigen Bischofsstuhl aufzuspringen, den einer der Konsuln von Cremona als Geschenk geschickt hatte. Auf seine spöttische Art verneigte sich der Dichtermönch tief. »Schaut mich an, Herr, damit ich Eure Wünsche von Euren Augen ablesen kann!«
    Rainald füllte sich einen Becher mit Wein und ließ sich auf einer groben Holzbank nieder. Hätte er nur niemals zugestimmt, diesen Idioten Victor zum Papst wählen zu lassen! Papst Hadrian V. war so plötzlich gestorben, dass nicht viel Zeit geblieben war, einen besseren Kandidaten für den Stuhl Petri auszuwählen. Es bestand nicht der geringste Zweifel daran, dass dieser verfluchte Alexander der fähigere Papst war. Aber er war zu trotzig! Niemals hätte er
den Kaiser auch nur als gleichgestellt anerkannt! Wenn es stimmte, was der Pfalzgraf Otto von Wittelsbach erzählte, hatten sich die beiden Kandidaten bei der Wahl vor zwei Jahren in aller Öffentlichkeit keifend um den päpstlichen Mantel gestritten und an dessen Säumen gezerrt wie räudige Gossenhunde, die um einen Knochen stritten. Am Ende waren aus den Kardinälen Octavian und Roland die Päpste Victor IV. und Alexander III. geworden.
    Rainald nahm noch einen tiefen Schluck. Was für ein überheblicher Narr Octavian di Montecelli war, zeigte allein schon der Name, den er als Papst annahm. Victor, der Sieger! Rainald verfluchte sich dafür, dass er diesen Trottel nicht davon hatte abhalten können, ein Konzil hierher nach Lodi einzuberufen. Deutlicher konnte man der Christenheit nicht zeigen, wie wenige Kirchenfürsten hinter dem Papst des Kaisers standen. Nur die deutschen Bischöfe waren gekommen! Die meisten anderen hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, eine Ausrede für ihr Fernbleiben zu ersinnen. Zu dem Konzil, das der Empörer Alexander im letzten Herbst in Toulouse abgehalten hatte, waren die Könige von Frankreich und England erschienen und darüber hinaus hundert Bischöfe und Äbte aus der ganzen Christenheit.
    Der Dichtermönch hatte seine Laute ergriffen und spielte einige wahllose Akkorde. Was für ein kläglicher Versuch, ihm die Laune aufzuhellen. Dann begann der Bastard auch noch mit einem spöttischen Unterton zu singen:
    »Kluge Leute werden ja darauf sorgsam schauen,
dass auf einen festen Fels sie die Wohnung bauen;
doch ich Narr bin wie ein Fluss, dessen Wasser gleiten,
still an keiner Stelle stehn, immer weiterschreiten …«

    »Zum Teufel mit dir!« Wütend schleuderte Rainald seinen Pokal nach dem Erzpoeten, der geschickt auswich. »Ich brauche keinen neunmalklugen Taugenichts, der mir singt, dass ich

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