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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Wolle gekleidet, mit schweren Goldketten geschmückt, war ihnen nicht anzusehen, wie viel der Krieg die Stadt schon gekostet hatte. Nur hagerer waren sie als in den vorangegangenen Jahren. Manche hatten Pagen mitgebracht, die sie hin und wieder auf Botengänge schickten. Fünf besonders misstrauische Ratsherren wurden sogar von Leibwächtern begleitet.
    Der Falkner stand hinter dem Stuhl des Erzbischofs und hatte der Beratung bislang schweigend beigewohnt. Mit diesen Geschäftemachern und bornierten Adeligen hatte er nicht viel gemein. Manchmal, wenn sie sprachen, hatte Lupo den Eindruck, dass es eine andere Stadt sein musste,
über die sie redeten. Wenn der Kaiser die bedingungslose Kapitulation forderte, dann musste man sich fügen. Die Menschen hungerten. Nicht die Mitglieder des Magistrats, aber fast alle anderen in der Stadt.
    »Wir werden dem Kaiser eine gebührende Antwort erteilen!«, erhob de Mandello die Stimme. »Lasst alle Gefangenen aus Lodi an den Zinnen der Porta Roma erhängen. Alle, bis auf einen! Für den Anführer der Leibwache fordere ich eine Strafe, die grausamer ist als der Tod! Zweimal hat er zu verhindern gewusst, dass es zum Frieden kam! Mit schmeichlerischer Zunge hat er sich das Vertrauen meines Sohnes Angelo erschlichen und auch mich zu überzeugen vermocht, dass er den Frieden wünscht. Doch als wir mit seiner Hilfe ein Treffen mit dem Bruder des Kaisers vereinbarten, hat uns der Schurke an seinen Herren, den Erzbischof von Cöln, ausgeliefert. Und als wir in Lodi die Kaiserin als ein Faustpfand für den Frieden fangen wollten, da hat er uns ein zweites Mal getäuscht. Meinem Sohn aber, dem er sein Leben verdankte, hat er die edle Tat mit einem Schwerthieb in den Rücken vergolten! Sollte es hier einen geben, der für diesen Schurken das Wort ergreifen will, so rede er. Er ist nun ein Mann von Stand und hat ein Anrecht darauf, dass Männer von Stand sein Urteil sprechen.«
    De Mandello blickte sich um, doch niemand machte Anstalten, für den Ritter das Wort zu ergreifen.
    »Somit ist es beschlossene Sache, ihn zu richten.« Er wandte sich zum Erzbischof Obert. »Man erzählt sich, die Bürger von Crema hätten eine ganz besondere Art gehabt, kaiserliche Gefangene zu strafen. Eine Strafe, die Demut lehrt!« Er deutete auf Lupo. »Mann aus Crema, wirst du die Strafe an unserem Feind vollstrecken?«

    »Ich bin Falkner und kein Henker«, entgegnete Lupo ruhig. »Er ist beinahe noch ein Kind. Ich habe erlebt, wie Kinder für andere büßen mussten. Ich werde nicht Hand an ihn legen.«
    »Hast du vergessen, was die Staufer Crema angetan haben?«, fuhr ihn der Konsul aufgebracht an.
    »Eben weil ich das nicht vergessen habe, werdet Ihr mich nicht zu dieser Bluttat zwingen können.«
    Anselmus de Mandello starrte den Falkner einen Moment lang zornig an. Doch bevor er etwas entgegnen konnte, war ein anderer der hohen Herren aufgesprungen und drohte Lupo mit erhobener Faust. »So sind die Männer aus Crema. Zuerst sprechen sie groß, doch wenn es ernst wird, dann ist all ihr Mut Asche!«
    Der Falkner wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich in diesem Kreis zu rechtfertigen. Er senkte den Kopf und schloss die Augen, fast als wäre er selbst ein Gefangener. Die Bürger von Mailand waren verblendet. Sie sahen nicht, dass sie dem Untergang geweiht waren.
    »Geh, Lupo der Falkner!«, befahl Anselmus mit lauter Stimme. »Bis heute Nacht bürge ich für deine Sicherheit. Wir brauchen dich nicht, um diesen Verräter Rother, Baron von Linn, zu richten. Ich selbst will das Schwert führen! Schließlich war es mein Sohn, den er getötet hat.« Die übrigen Ratsherren klatschten und bedachten ihren Konsul mit Hochrufen.
    Lupo beugte sich vor. All das hier war ihm schrecklich vertraut. Es nahm denselben Weg wie damals in Crema. Dicht am Ohr des Erzbischofs flüsterte er: »Seid ein weiser Mann, Obert, und verlasst die Stadt mit mir. Ruft Eure Vertrauten zusammen. Ich traue mir zu, eine kleine Gruppe sicher
bis nach Genua zu Papst Alexander zu führen. Hier in dieser Stadt regiert nicht länger Gottes Vernunft. Glaubt mir, ich weiß, wann ich den Hufschlag der Reiter der Apokalypse nahen höre. All dies hier habe ich schon einmal erlebt. Und ganz gleich, was für stolze Worte die Ratsherren im Munde führen, in den letzten Stunden einer sterbenden Stadt bleibt keine Ehre mehr. Jedes Gebot Gottes wird dann tausendfach gebrochen werden.«

12

    An einem Dienstag, dem 6. März im Jahr des Herren 1162, trug der

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