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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Kaiser zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren wieder seine Krone. Er hatte seinen Schwur, sie nicht aufzusetzen, solange Mailand nicht gefallen war, erfüllt. Die Stadt hatte sich ihm ergeben.
    Heinrich gehörte zu den Rittern, die im Hof der Pfalz postiert waren. Er trug seinen besten Waffenrock und volle Rüstung, die ihn zwar vor Schwerthieben, nicht aber vor dem Regen schützte. Friedrich thronte gemeinsam mit der Kaiserin unter einem bunten Baldachin. Hinter dem Thron stand mit reglosem Gesicht Rainald von Dassel. Nichts deutete darauf hin, dass er seinen Triumph auskostete. Er war die treibende Kraft gewesen; durch seinen unbändigen Willen war Mailand schließlich gefallen. Doch um welchen Preis? Konrad, der Bruder des Kaisers, war nicht erschienen, und auch einige andere Reichsfürsten fehlten.

    Fast eine Woche hatte es gedauert, bis sich Gesandte aus beiden Lagern über die Zeremonie der Unterwerfung geeinigt hatten. Heinrich musterte die Geschlagenen, die in langer Reihe auf den Hof der Pfalz schritten. Den Anfang bildeten die Konsuln, gefolgt von Rittern, welche die Fahnen ihrer geschlagenen Stadt trugen. Sie waren nur mit knielangen Büßerhemden aus grobem Leinen bekleidet. Barfuß hatten sie den langen Weg von Mailand nach Lodi gehen müssen. Die Leinenhemden waren vom Schmutz der Straße besudelt und klebten an den ausgemergelten Körpern. An einem Strick um den Hals trugen die Ritter ihre blanken Schwerter. All ihre Pracht war von ihnen abgefallen. Jeder Mailänder musste vor dem Kaiser auf die Knie fallen, seine Stiefel küssen und feierlich geloben, nie wieder das Schwert gegen den Stauferherrscher zu erheben. Dann wurden ihre Fahnen neben dem Baldachin des Kaiserpaars in den Schlamm geworfen.
    Heinrich blickte abwesend in die Gesichter der Männer, die dem Kaiser vorgeführt wurden. Seine Gedanken waren bei Rother. Was war mit dem Jungen geschehen? Lebte er noch irgendwo in einem tiefen Verlies in der Stadt, oder hatten die Mailänder ihn längst getötet?
    Mit lautem Rumpeln fuhr der Fahnenwagen der Mailänder vor. Die carozza ! Noch nie war der Wagen in einem Krieg in die Hände des Feindes gelangt. Er war das Symbol für den Stolz der Stadt. Die Seitenwände der carozza waren aus dicken Eichenbohlen gezimmert, die durch breite Eisenbänder verstärkt wurden. Der Karren erinnerte an eine fahrende Burg, mit den Zinnen auf den Seitenwänden und den Schilden, die daran herabhingen.
    Zwei Dutzend Männer zogen den Wagen auf den Hof. Offenbar
gab es keine Pferde und Ochsen mehr in der Stadt. Die groben Hanfseile hatten den Zugknechten die Hände blutig gescheuert.
    In der Mitte des Wagens erhob sich ein schlanker Mast, der gekippt worden war, damit man die carozza durch das Tor der Pfalz bringen konnte. An der Mastspitze hing ein Bild des heiligen Antonius, des Schutzpatrons Mailands. Selbst an diesem grauen Tag leuchtete die goldene Corona des Heiligen.
    Unterhalb des Bildes war die Fahne Mailands gehisst. Schwer vom Regen, bewegte sie sich nur träge, so als laste die Schande dieses Tages ebenso auf ihr wie auf den geschlagenen Rittern in den Büßerhemden.
    Auf ein Fanfarensignal hin wurde der Mast ein zweites Mal niedergelassen. Seine Spitze neigte sich nun zum Baldachin des Kaisers. Friedrich erhob sich und trat in den Regen. Er griff nach dem nassen Fahnentuch, riss es mit einem Ruck vom Mast und schleuderte es in den Schlamm.
    Einige der Mailänder Ritter stöhnten auf, ganz so, als habe Barbarossa sie niedergestoßen. Die meisten jedoch starrten apathisch auf den Boden, ohne irgendeine Regung zu zeigen.
    »Besiegt ist Mailand«, verkündete Friedrich mit lauter Stimme. »Und wie es getan hat, so hat ihm Gott getan!«
    Die italienischen Verbündeten des Kaisers begrüßten die Demütigung mit lautem Hurra. Heinrichs Lippen jedoch blieben versiegelt. Er dachte an Rother.
    »Dir ist also klar, was du zu tun hast, Ricardo?« Rainald sah den Söldnerführer prüfend an. Er hatte blondes, leicht gelocktes Haar und himmelblaue Augen. Fast wie ein Engel, dachte der Erzbischof kurz. Aber er hatte ihn geprüft!
Der Hass des Mannes gegen die Mailänder war so groß, dass er vor nichts zurückschrecken würde. Er hatte dem Kaiser in den letzten Wochen als Scharfrichter gedient und die grausamen Strafen vollzogen, die gegen gefangene Schmuggler und Krieger aus Mailand verhängt worden waren.
    »Meine Männer warten auf Befehle. Jeder hat zwei Säcke mit Reisig und einige Fackeln. Gestern Nacht haben

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