Königin der Engel
Lesung vom Anfang zum mittleren Teil kam. Richards Stimme war sonor und ruhig.
die Stunden, in denen ich einfach nicht der, sondern das bin, was ich bin. Jeden Tag Posen, auch wenn keine Besucher da sind. Es schleicht sich auch in meine Dichtung ein; eine Stumpfheit, wie eine schlechte Lötstelle. Das ist es; ich kann keinen Anschluß an den richtigen Zufluß der Strömung finden, weil ich schlecht mit diesem Leben verbunden bin, und die Lötstelle wird jeden Tag brüchiger.
»Dichtung als Strömung«, sagte Yermak leise. »Gut, gut.«
Richard konnte nicht erkennen, ob es sarkastisch gemeint war; bei Yermak war das auch kaum von Bedeutung. Was ihm gefiel, das verabscheute er, weil es ihm gefiel. Welsh sah den Jungen an und zog eine Braue hoch, und Yermak lächelte fügsam zurück. Richard las zu Ende, ließ die Tafel und die Blätter sinken und murmelte etwas davon, daß er es noch nicht ganz richtig hinbekommen hätte und Vorschläge brauchte. Er sah sich mit seinem wunden Blick in dem Kreis um. Yermak starrte ihn mit schockierter Miene an, sagte jedoch nichts.
»Das sind wirklich Sie«, sagte Welsh.
»Es ist sehr merkwürdig«, meldete sich Miriel hinter der Bar. »Was wollen Sie damit machen?«
»Was ich meine, ist, das muß von Ihnen sein, von Goldsmith ist es bestimmt nicht«, fuhr Welsh fort.
»Ich bin…« Richard brach ab. + Werk muß für sich selbst stehen.
»Es ist gut«, sagte Yermak. Richard verspürte eine Aufwallung von Wärme für den Jungen; vielleicht war letztlich doch etwas Gutes in ihm. »Als Märchen haut es wirklich hin. Ich würde es in ein längeres Werk einbauen, in eine Litbio.« Yermak hob die Hände, um eine Szene zu malen, und schaute voller Verehrung zu seinen gespreizten Fingern hinauf. »Die Bio eines Nichtschriftstellers, der sich die allergrößte Mühe gibt, etwas zu kapieren.«
Richard sah den Hieb kommen, konnte sich jedoch nicht schnell genug zurückziehen. Yermak drehte sich zu ihm um und sagte: »Sie haben mir wirklich Einblick verschafft. Jetzt ist mir einiges klar. Ich weiß, wie Leute Ihres Schlages denken, R Fettle.«
»Leute…« sagte Miriel.
»Im tiefsten Inneren sind Sie ein Bürobreitarsch. Sie haben sich zu lange im Schatten seiner Fittiche versteckt«, fuhr Yermak fort.
»Bitte sei nett«, befahl ihm Welsh nicht sonderlich überzeugend.
»Goldsmiths Fittiche sind staubig und verlaust, aber er kann trotzdem noch damit fliegen. Sie sind nie geflogen. Schauen Sie sich bloß an – Sie schreiben auf Papier! Eine Wichtigtuerei, eine Affektiertheit. Sie können sich nicht genug Papier leisten, um etwas von Bedeutung zu schreiben, aber Sie schreiben trotzdem darauf – weil Sie wissen, daß Sie garantiert nicht viel schreiben. Jedenfalls nichts, was Sie vom Boden abheben lassen würde.«
»Da hat er recht«, sagte Welsh. Die anderen beteiligten sich nicht. Das war ein Hahnenkampf, keine Literaturkritik, und sie fanden es amüsant, aber zugleich auch abstoßend.
»Wenn Goldsmith abstürzt, müssen Sie aus seinem Schatten heraustreten. Dann sehen Sie zum erstenmal die Sonne, und die blendet Sie.« Yermaks Ton war beinahe mitfühlend. »Ich verstehe Sie, R Fettle. Verdammt, ich verstehe uns alle durch Sie. Was für eine affektierte und ignorante Schar von Bürobreitärschen wir alle sind! Danke für diesen Einblick. Aber ich frage Sie in aller Aufrichtigkeit – glauben Sie ernsthaft, daß Goldsmith ein solches Gemetzel anrichten würde, um seine Dichtung zu verbessern?«
Richard wandte den Blick von ihm ab. + Nach Hause. Hinlegen und ausruhen.
»Ich bin beinahe geneigt, es zu glauben«, schloß Yermak mit hinterhältig-unschuldiger Miene. »Kann sein, daß Goldsmith wirklich so krank im Kopf ist.«
»Warum haben Sie uns das mitgebracht?« fragte Welsh leise und legte Richard besorgt die Hand auf den Arm. »Geht es Ihnen wirklich so mies?«
Miriel mußte auf einen Alarmknopf gedrückt haben, denn nun kam Mr. Pacifico persönlich die Hintertreppe herunter und sah Yermak und Welsh. Machte ein finsteres Gesicht. Ließ den Blick weiterwandern und sah Fettle.
»Was macht der denn hier?« fragte Mr. Pacifico und zeigte auf Yermak. »Ich habe dir doch gesagt, daß er hier nicht mehr willkommen ist.«
Miriel wand sich. »Er kam herein, während Mr. Fettle las. Ich wollte ihn nicht unterbrechen.«
»Sie sind schlecht fürs Geschäft, Yermak«, sagte Mr. Pacifico. »Haben Sie ihn mitgebracht, Richard?«
Fettle antwortete nicht. Er war wie
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