Koenigin der Meere - Roman
stechen.«
»Bonny, Bonny, Bonny! Das ist nun schon das zweite Mal, dass ich diesen Namen höre. Wer, zum Teufel, ist dieser Bonny, wo kommt er her?« Finch zuckte die Schultern.
»Sir, das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht beantworten. Ich kann Ihnen nur mit Gewissheit sagen, dass er und Rackham ein Herz und eine Seele sind und vor keiner Schandtat zurückschrecken.«
»Beschreiben Sie mir den Mann«, forderte Rogers.
»Nun«, Finch genoss seine Wichtigkeit. »Er ist noch sehr jung, kaum älter als zwanzig Jahre, hat rote Haare und auffallende, grüne Augen. Er ist mutig, schnell mit der Pistole und ausgesprochen pfiffig.« Rogers sah ihn missbilligend an.
»Gut, Mr. Finch, ich habe genug gehört. Sie und Ihre Kameraden werden selbstverständlich von jedem Vorwurf freigesprochen. Der König von England ist Ihnen zu großem Dank verpflichtet und zeigt sich hiermit erkenntlich.« Er legte vier Goldmünzen auf den Tisch, schob sie zu Finch hinüber und fügte hinzu: »Ich werde in den nächsten Tagen ein Schiff ausrüsten, um diesem Rackham und seinem Komplizen Bonny endgültig das Handwerk zu legen. Der Kapitän wird sicher noch einige Fragen an Sie haben, bevor er aufbricht, darum muss ich Sie bitten, Nassau nicht zu verlassen, bis er mit Ihnen gesprochen hat.« Finch erhob sich, steckte die Goldstücke ein und machte eine Verbeugung.
»Zu Ihrer Verfügung, Sir.«
Die Pleasure lag seit den frühen Morgenstunden im Hafen von Petit Goave. Die gesamte Mannschaft war an Land gegangen, nur Anne, Mary und Mike Foster befanden sich noch an Bord. Anne hatte der Besatzung versprochen, die ersten drei Wachen zu übernehmen.
»Betrinkt euch, esst euch ordentlich satt, amüsiert euch, aber vergesst nicht, in drei Tagen wieder an Bord zu sein. Ich will einen Auktionator finden, der uns unsere Waren abnimmt, und dafür muss ich an Land.«
Die Männer waren so begeistert von der Vorstellung, nach der langen Zeit auf See drei Tage zur eigenen Verfügung zu haben, dass sie bereitwillig zustimmten. Anne hatte gerade einen Gang durch den Laderaum beendet und kam an Deck. Dort saßen Mike und Mary und schmiedeten Zukunftspläne.
»Warum geht ihr beiden nicht auch für ein paar Stunden an Land.« Anne holte zwei Achterstücke aus ihrem Brustbeutel.
»Hier, nehmt das, kauft frisches Cassavabrot, Fleisch, Obst und wonach euch sonst der Sinn steht. Am helllichten Tag wird niemand wagen, mit bösen Absichten auf das Schiff zu kommen. Ich brauche euch erst, wenn es dunkel wird.«
Nachdem die beiden das Schiff verlassen hatten, ging Mary in die Kapitänskajüte. Angewidert sah sie auf Rackhams Bett. Laken und Decke waren grau vor Schmutz, das Kissen mit Speichelflecken besudelt. Sie warf die Bezüge auf den Boden und tauschte sie gegen frisches Leinen. Dann öffnete sie die Kiste, in der sie die Kleider der französischen Damen verstaut hatte.
Eines hatte ihr besonders gut gefallen. Es war aus apricotfarbener Seide, hatte einen verführerischen Ausschnitt und ein reich besticktes Mieder. Anne streifte Hemd und Hose ab, entledigte sich ihres Brustbandes und schlüpfte in das kostbare Gewand. Auch ohne Korsett und Reifrock saß es wie angegossen. Anne betrachtete sich im Spiegel und brach in schallendes Gelächter aus.
Ihr Gesicht, der Hals, Unterarme und die Hände waren von der Sonne gebräunt und von Sommersprossen übersät. Dekolleté und Oberarme leuchteten in makellosem Weiß.
»Anne Bonny, du siehst aus wie eine schlecht geschminkte Schaustellerin, so kannst du keinen Staat machen«, sagte sie zu sich selbst, zog das Kleid aus und schlüpfte wieder in Hemd und Hose. Dann nahm sie ein Stück Pergament, Feder und Tinte und ging in den Laderaum, um eine Liste der zu verkaufenden Waren zu schreiben.
Die untergehende Sonne färbte den Horizont, die Schiffe im Hafen
von Petit Goave lagen friedlich im Abendrot, als Mike und Mary mit einem der Beiboote vollbeladen mit Köstlichkeiten wieder an Bord kamen. Anne trank als Erstes gierig einen halben Krug frisches Wasser. Sie breiteten ein Segel aus, stellten eine Laterne in die Mitte und genossen ihr Picknick.
Es war gegen Mitternacht, als Anne kräftige Ruderschläge und lautes Fluchen hörte. Sie ging an die Reling, um nach dem Rechten zu sehen. George Fetherston und Richard Corner brachten ihren betrunkenen Kapitän zurück.
Mit vereinten Kräften zogen und schoben die beiden Männer ihn die Strickleiter hinauf, während er schimpfend lallte: »Ihr Höllenhunde, was
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