Koenigin der Meere - Roman
bin hier fertig, nehmen wir meinen Wagen und fahren wir zu mir nach Hause; dort können Sie mir erzählen, wo der Schuh drückt.«
McMullen hatte das angebotene Glas Rum in einem Zug geleert und saß Cormac mit hängenden Schultern gegenüber.
»Die Sache ist schnell erzählt«, hob er an. »Vor einem Monat hätte eigentlich mein Schiff, die Lady Susan , in Charleston einlaufen sollen. Sie war voll bis unter das Deck mit Waren aus England. Seit fünf Tagen weiß ich aus zuverlässiger Quelle, dass mein Frachter von Piraten gekapert, bis auf den letzten Nagel geplündert und versenkt worden ist.« McMullens Augen füllten sich mit Tränen.
»Ich hatte alles auf Kredit gekauft und kann meine Gläubiger nicht
auszahlen. Überall bin ich gewesen. Niemand ist so liquide, dass er mir aus der Patsche helfen könnte. Aber wenn ich nicht bezahle, lande ich im Schuldgefängnis. Die Scham, die Schande! Nicht auszudenken, was das für meine Familie bedeuten würde.« Cormac runzelte die Stirn.
»Lieber Freund, und jetzt sind Sie gekommen, um mich nach Geld zu fragen? Ich fürchte, ich kann Ihnen auch nicht behilflich sein, denn ich verleihe grundsätzlich kein Geld.« Der Anwalt räusperte sich verlegen.
»Nein, Mr. Cormac, ich will Ihr Geld nicht geliehen. Ich bin hier, um Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen. Wie Sie wissen, habe ich ein Stück den Ashley hinauf eine ansehnliche Reisplantage. In der Stadt heißt es, Sie wären auf der Suche nach so etwas. Mit dem Haupthaus, den Nebengebäuden und den Sklaven ist meine Anlage etwas mehr wert, als ich schuldig bin. Es bricht mir das Herz, den Besitz zu verkaufen, aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Und wenn es schon sein muss, wollte ich Ihnen das Angebot als Erstem unterbreiten.« McMullen trank einen Schluck Rum aus dem zweiten Glas.
Cormac spitzte die Ohren. Das konnte sie sein, die Gelegenheit, auf die er seit Monaten wartete. Jetzt hieß es geschickt vorgehen, nur nicht zu viel Interesse zeigen und dann zuschnappen.
»Ich hatte zwar ganz andere Pläne, aber angesichts Ihrer prekären Lage, mein Freund, biete ich an, dass wir uns morgen in aller Frühe treffen und Ihr Anwesen gemeinsam besichtigen.« In McMullens Augen glomm ein schwacher Hoffnungsschimmer.
Margaret war entzückt. Was für ein Haus! Es war etwas niedriger als die Villa an der Promenade. Die prächtige Veranda wurde von hölzernen Säulen gestützt, links und rechts davon befanden sich die Seitenflügel. Das Ganze lag in einem wundervoll gepflegten Garten, eingerichtet, wie sie es sich nicht schöner hätte vorstellen können. Die nächsten Nachbarn waren weit entfernt, so gab es niemanden, vor dem sie ihre gesellschaftlichen Unsicherheiten hätte verbergen müssen, niemand, der den Kopf darüber schüttelte, dass sie ihre Sklaven wie Menschen und nicht wie Tiere behandelte. Hier würde sie endlich glücklich werden. Zum ersten Mal seit Monaten spürte sie keine
Kopfschmerzen. Nur schade, dass sie von nun an auf ihre Gespräche mit Mr. Cox würde verzichten müssen. Annes Lehrer hatte zu ihrem Bedauern abgelehnt, die Familie zu begleiten.
»Ich bitte um Ihr Verständnis, Madam, aber ich kann meine Frau und die Kinder nicht einen großen Teil des Jahres allein lassen. Wenn Sie im Winter zurück nach Charleston kommen, stehe ich Ihnen und Ihrer Tochter gerne wieder zur Verfügung, wenn Sie das dann noch wünschen.« Cox machte zum Abschied einen tiefen Bückling.
Statt seiner hatte Cormac Miss Enders, eine britische Gouvernante, für Anne engagiert. Margaret war einverstanden gewesen.
»Es ist ohnehin an der Zeit, dass Anne auch die Dinge lernt, die Cox ihr nicht beibringen kann. Schließlich soll sie irgendwann eine junge Dame sein, die handarbeiten, zeichnen und tanzen kann. Dafür ist Miss Enders sicher besser geeignet.«
Schon auf dem Weg zur Plantage war Anne vor Begeisterung kaum zu halten gewesen. Links und rechts vom Flusslauf wuchsen riesige Zypressen, deren Äste von dicken Schlingpflanzen überwuchert waren.
»Daran kann man schaukeln und sich dann ins Wasser plumpsen lassen«, verkündete sie mit fachmännischem Blick.
»Aber erst solltest du vielleicht schwimmen lernen«, gab ihr Vater gut gelaunt zurück. Das Kind nickte.
»Das bringt mir Kabelo bei. Er hat gesagt, er kann schwimmen, und ich kann es von ihm lernen.«
Während Margaret gemeinsam mit Phibbah Koffer und Kisten auspackte, inspizierte William Cormac seinen neuen Besitz. Zu Pferd waren die Reisfelder schnell
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