Koenigin der Meere - Roman
Prinzipien untreu geworden war und es trotzdem erworben hatte.
Es war ein lauer Abend. Durch die leicht geöffneten Fenster drang das Zirpen der Zikaden. In der Ferne bellte ein Hund. Der milde
Wind trug Seemannslieder aus einer Taverne herein. Cormac schloss die Augen und lehnte sich zurück. Was für eine Wendung hatte sein Leben genommen. Er dachte an Kinsale. Keine zehn Pferde brächten ihn zurück nach Irland und schon gar nicht zu Gwendolyn. Wie mochte es ihr wohl gehen? Ob er noch einmal einen Versuch unternehmen sollte, ihr zu schreiben, um die Scheidung zu erlangen und Margaret heiraten zu können? Sie wünschte es sich so sehr. Gwendolyn ahnte es sicher, und gerade deshalb würde sie der Scheidung niemals zustimmen. Was für eine störrische Frau sie doch war, und so prüde, schweiften seine Gedanken weiter. Wie anders war es doch am Anfang mit Pegg y gewesen. Ob unter der Decke, bei Nacht oder bei Tag, damals kannte sie keine Scham. Erst in letzter Zeit war sie zurückhaltender geworden. Cormac stand auf und holte sich ein Glas Rum. Nicht das gleiche Vergnügen wie irischer Whisky, aber den bekam man in Charleston nur selten. Die scharfe Flüssigkeit rann angenehm brennend seine Kehle hinunter.
Plötzlich überkam ihn ein unwiderstehliches Verlangen. William Cormac erhob sich, löschte die Kerze und verließ das Zimmer.
Die Tür von Phibbahs Kammer war angelehnt. Durch das Fenster fiel schmal und weiß das Licht des Mondes. Was er sah, brachte Cormac schier um den Verstand. Phibbah schlief ohne Decke und gänzlich unbekleidet, ihre hellbraune Haut schimmerte sanft, die Rundungen ihres Körpers waren verlockender, als Cormac es sich vorgestellt hatte. Leise entledigte er sich seiner Kleidung und ging ins Zimmer. Als er an ihr Bett trat, schlug Phibbah die Augen auf, rutschte wortlos zur Seite und breitete die Arme aus. Cormac küsste ihren Hals, ihre Schultern, ihre Brüste. Er streichelte ihren Rücken, den Bauch, die festen Schenkel. Phibbah erwiderte seine Zärtlichkeiten, als sei ihr Zusammensein die natürlichste Sache der Welt.
Cormac war wie benommen. Was war nur in ihn gefahren? Er liebte Margaret, welcher Teufel hatte ihn verführt, seinen Gelüsten nachzugeben? Was gerade geschehen war, durfte sich nicht wiederholen.
Am folgenden Morgen hatte Phibbah bereits das Frühstück aufgedeckt und begrüßte ihn mit der gleichen höflichen Zurückhaltung wie immer. Nichts in ihrem Blick oder ihrer Haltung hatte sich verändert. Cormac registrierte es zufrieden. Er fasste den festen Vorsatz,
die kommenden Nächte in seinem Bett zu verbringen, und brach ihn an diesem, dem nächsten und übernächsten Abend.
Anne gebärdete sich wie toll, als ihr Vater mit dem Pony auf das Haus zukam. Mit wehendem Haar und kreischend vor Glück, lief sie im Kreis um das kleine Pferd herum, das verängstigt die Ohren anlegte.
»Miss Anne, wenn du so weiterschreist, wird dein Pony sich vor dir fürchten.« Kabelo streichelte die Nüstern des Tieres.
»Schau doch mal in der Küche, ob Tilly einen Apfel hat.« Anne marschierte auf der Stelle los. Selbst Miss Enders sah ein, dass an diesem Tag nicht mehr an Unterricht zu denken war. Cormac entband Kabelo von all seinen Pflichten und beobachtete gemeinsam mit Margaret von der Veranda aus, wie er das Pferd geduldig an der Longe führte und Anne beibrachte, sich gerade zu halten und sich den Bewegungen des Tiers anzupassen. Als der erste Reitunterricht beendet war, stürmte Anne zu ihren Eltern.
»Kabelo hat gesagt, mein Pony ist eine Mischung aus einem Pferd und einem Zebra, deswegen hat es Streifen auf dem Hals und an den Beinen. Ich will, dass es Zebrony heißt, dann hat es auch einen gemischten Namen.« William und Margaret wechselten einen stolzen Blick.
»Prinzessin, was für ein kluges Mädchen du doch bist. Einen besseren Namen hättest du nicht finden können.« Cormac nahm seine Tochter auf den Schoß.
Zebrony erwies sich vor allem für Miss Enders als ausgezeichnetes Druckmittel. Wenn Anne sich weigerte, dem Unterricht im gewünschten Maß zu folgen, brauchte sie ihr nur zu drohen, dass der nachmittägliche Ausritt ausfallen würde, und schon verhielt sich ihre Schülerin lammfromm.
Es dauerte nicht lange, und Anne ritt gut genug, um ihren Vater auf seinen regelmäßigen Patrouillen über die Plantage zu begleiten. Strahlend vor Glück saß sie im Herrensitz auf ihrem Pferdchen und folgte William Cormacs Apfelschimmel auf Schritt und Tritt. So sah sie zum
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