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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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drang ein köstlicher Duft von gegrilltem Fleisch. Rosebud, Tucker und Jubilo bereiteten das Frühstück zu.
    Die Männer versammelten sich vor dem Mast und sahen zu, wie Quartiermeister Rackham die Beute des Vortags sichtete. Säcke mit Kakaobohnen im Wert von mindestens 120 000 Achterstücken, Juwelen für etwa 10 000 und kostbare Stoffe. Als Letztes brach Calico Jack eine Holzkiste auf, deren glänzende Beschläge darauf schließen ließen, dass sich hier etwas ganz Besonderes verbarg. Lauter Jubel erscholl, als Rackham den Deckel hob. Die Kiste war randvoll gefüllt mit Silbermünzen. Calico setzte sich und begann zu zählen. 40 000 Achterstücke waren das Ergebnis, das alle seine Erwartungen übertraf. Die Münzen wurden an Ort und Stelle aufgeteilt, der Rest im Laderaum verstaut. Anne bekam zur Belohnung dafür, dass sie die Spanier entdeckt hatte, eine Pistole von edelster Machart. Der blanke Holzgriff war mit Silberbeschlägen verziert, den Lauf schmückten zierliche Gravuren. Jubilo inspizierte die Waffe und war so begeistert, dass er sie am liebsten behalten hätte.
    »Wenn wir an Land sind, bringe ich dir das Schießen bei. Und wenn du das kannst und ein bisschen älter bist, bekommst du auch eine«, versprach Anne.
    Vane ließ je einen Ballen Brokat, Seide und Baumwolle in seine Kajüte schaffen. Rackham verdrehte die Augen hinter seinem Rücken und raunte: »Furzdonnerschlag! Ich werde nie verstehen, wie ein erwachsener Mann Freude an Stoffen haben kann, weibisch!«
    Der Kapitän zog sich zurück und verbrachte den Tag damit, Entwürfe für Hemden, Überröcke und Spitzenbesätze zu zeichnen. Vor ihm lagen die feinen Gewebe, die er von Zeit zu Zeit selig lächelnd befühlte.
    Die kleine Flotte segelte weiter in Richtung Jamaika. Als Flaggschiff vorneweg die Treasure , dahinter nebeneinander die Lady Jane und
die John and Elisabeth . An Bord herrschte tiefe Zufriedenheit. Gegen Abend kam Vane an Deck.
    »Bevor wir weitere Prisen suchen, müssen wir die Schiffe überholen. Wir halten Kurs auf Jamaika und ankern erst einmal in einer der Buchten nördlich von Port Morant. Da können wir uns eine Weile aufhalten, ohne dass wir Angst vor Verfolgern haben müssen.«
    Anne stand am Bug und beobachtete eine Gruppe von Tümmlern, die die Treasure begleitete.
    Endlich kam die jamaikanische Küste in Sicht. Schon von Weitem konnte man erkennen, dass sich hinter den Stränden mächtige Berge erhoben. Die drei Schiffe segelten direkt auf Jamaika zu. Auf der Nordseite der Insel schien es, als wüchse der Dschungel bis ins Meer. Mit sicherem Blick manövrierte der Steuermann die Treasure in einen schmalen Wasserweg, der rechts und links mit Mangroven bewachsen war. Die sattgrünen Blätter der Bäume hingen tief ins Wasser. Anne hätte sie mit den Händen greifen können und wunderte sich, warum der Kapitän die Schiffe nacheinander in diese Enge fahren ließ. Plötzlich hörte sie einen Knall, und etwas pfiff an ihrem Kopf vorbei. Sie ging instinktiv in Deckung. Ein zweiter Schuss folgte dem ersten, und wieder zischte das Geschoss nur um Haaresbreite an ihr vorbei. Auf allen vieren krabbelte Anne mittschiffs, dort stand Rackham und wartete darauf, dass der Mann im Krähennest ihm berichtete, was er sah.
    »In der Bucht liegen zwei Schiffe«, schrie er herunter.
    »Kannst du die Flaggen erkennen?«, rief Calico zurück. Die Antwort kam prompt: »Nur eine! Schwarzer Grund mit Skelett und roten Herzen! Das ist Blackbeard!«
    Vane klatschte in die Hände.
    »Blackbeard, der alte Halunke! Hier hält er sich also versteckt! Los Männer, gebt ihm eine ordentliche Begrüßungssalve!« Zwanzig Schützen luden ihre Musketen und feuerten auf Kommando wie ein Mann in die Luft. Das Echo der Schüsse wurde mehrmals hin und her geworfen. Vor Aufregung vergaß Anne beinahe zu atmen. Zwei oder drei Minuten war es still, dann wurde die Salve erwidert. Offenbar hatten die Seeleute in der Bucht Vanes freundschaftliches Zeichen verstanden.
    Die Treasure segelte weiter. Das Gewässer wurde breiter und mündete in einer Bucht von perfekter Schönheit. Die Wellen schimmerten
in hellen Blau- und Grüntönen, weißer, staubfeiner Sand säumte den Meeresrand, und hinter einem Kranz von schattenspendenden Palmen erhob sich ein dichter Wald von Bäumen so hoch, wie sie Anne noch nie gesehen hatte.
    »Das ist überirdisch«, murmelte sie und wurde von Calico Jack sofort korrigiert.
    »Furzdonnerschlag! Weibischer Unsinn! Das ist nicht überirdisch,

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