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Königin der Piraten

Königin der Piraten

Titel: Königin der Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danelle Harmon
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ehrlich gesagt, keinen erwartet. Ihr flehender Blick wurde hart und finster, als sie jede Einzelne fixierte, um sie umzustimmen: Enolia, ihren Leutnant - schwarz wie Ebenholz und exotisch, die große, schlanke Gestalt muskulös und mit afrikanischem Schmuck behangen; Karena, blond und blauäugig, die beste Schützin diesseits von Jamaika, die Maeve nun ihr Entermesser auf einem roten
    Samtkissen mit Troddeln darbot; Tia, ihr »Bootsmann«, dunkeläugig, feurig und übermütig; Jenny, die Navigatorin und als solche unübertroffen; die treue Orla - und an vorderster Front des temperamentvollen Haufens die beiden grinsenden irischen Schwestern.
    Mit zusammengekniffenen Lippen schnappte Maeve sich das Entermesser - die tückische Waffe mit der gebogenen, langen Klinge. Sie hatte sie im Kampf mit einem spanischen Piraten gewonnen, der vor zwei Jahren das Pech gehabt hatte, ihr über den Weg zu laufen. Nun würde das gute Stück als Zauberstab herhalten müssen. Widerstrebend wandte Maeve sich dem Kessel zu.
    Unsanft drückte sie Sorcha das Zauberbuch in die Hand. »Also gut, sag mir, was ich tun soll, damit wir mit diesem Blödsinn aufhören können.«
    »Ihr müsst uns sagen, was für einen Mann Ihr gern als Märchenprinzen haben wollt«, erklärte Sorcha, die ernst in das Buch schaute und sich eine Haarsträhne hinters Ohr schob. Alle reckten die Hälse, sodass ihr Schatten auf den alten Text fiel. »Dann«, Sorcha runzelte die Stirn und versuchte, die Wörter zu entziffern, »dann müsst Ihr dreimal mit dem Zauberstab gegen den Kessel schlagen und - tatatata! - Euer Märchenprinz wird erscheinen. Einfach so!«
    »Tatatata, einfach so«, grummelte Maeve noch ärgerlicher.
    »Ja, genau.«
    Maeve kochte fast vor Wut und knirschte mit den Zähnen. Dann wandte sie sich ab, um aus dem Fenster zu starren. Für einen Moment wurde ihr harter Blick sanfter, als sie sich gestattete, von etwas zu träumen, das sie nie bekommen würde. Sie spürte die eifrigen, erwartungsvollen Blicke der anderen im Rücken. Schließlich gab sie seufzend nach, ohne allerdings die Augen vom Horizont abzuwenden. »Also ... er müsste ein Seemann sein«, überlegte sie und errötete ein wenig, »groß, unerschrocken und stark wie eine Eiche. Er müsste ein Prinz des Meeres sein, ein furchtloser Kämpfer, dessen Handeln allein von seinem Mut geleitet würde ...«
    »Ja? Fahrt fort!«
    Maeve klopfte sich mit einem ihrer schartigen Fingernägel ans Kinn. Ihre Augen begannen zu strahlen, denn allmählich fand sie Gefallen an der Fantasie. »Er müsste ein dunkler Typ sein und gut aussehend, souverän und tapfer. Und natürlich«, fügte sie mit einem flüchtigen Lächeln hinzu, »müsste er Offizier sein ... ein mutiger Offizier, ein achtbarer, zielbewusster und anständiger Ehrenmann ...«
    »Also ein Mann wie Euer Papa?«
    Schlagartig verflog Maeves Lächeln, und eine Wolke, so dunkel wie draußen am Himmel, zog über ihr Gesicht. »Ja«, sagte sie bitter. »Wie mein Vater.«
    Ein unbehagliches Schweigen entstand. Rasche Blicke wurden gewechselt, und Aisling lief vor Scham über ihre unbedachten Worte rot an, als Maeves Mund sich vor Gram zu einem geraden Strich verzog und sie sich wieder abwandte, um mit hartem Blick aus dem Fenster zu schauen. Orla, die sich nur selten zu Wort meldete, wollte gerade etwas sagen, doch Maeve fing sich schnell wieder. Stolz wie immer wischte sie den Kummer über den zweiten und schlimmsten Verrat in ihrem Leben beiseite, griff nach dem Zauberbuch und setzte eine heitere Miene auf, mit der sie allerdings niemanden täuschen konnte.
    »Pah«, stieß sie hervor und zwang sich zu einem Lächeln, um den plötzlichen Schmerz in ihren Augen Lügen zu strafen, »was stehe ich hier herum und verschwende meine Zeit? Meine Taten sind zu schändlich und mein Herz zu verhärtet, als dass so ein achtbarer Mann je Notiz von mir nehmen würde. Außerdem«, fügte sie im hochmütigen Ton des Besserwissers hinzu, »hatte ich letzte Nacht eine meiner Visionen. Ich weiß bereits, was für einen Mann ich bekommen soll, und er ist keinen Deut besser als ich - ein Pirat, ein räuberischer Schurke, der den Galgen verdient hat, nichts sonst!« Der unterdrückte Kummer ließ sie lauter sprechen. »Das hat die Vision mir offenbart, und sie irrt sich niemals!«
    »Doch, manchmal schon«, entgegnete Aisling spöttisch.
    »Aber diesmal nicht!«, rief Maeve. »Und jetzt Schluss mit dieser Narretei. Die Kestrel ist drei Tage nicht draußen gewesen, und

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