Königin der Piraten
Bursche. Maeve? Maeve, Schätzchen, kannst du dich jetzt aufsetzen? Nein, das Hemd bedeckt dich, du brauchst nicht zu erröten. Hier, nimm meine Hand ...«
Maeve versuchte, vor Gray zurückzuweichen.
»Maeve, Liebes, ich habe gesagt, gib mir die Hand.«
»Von mir bekommst du höchstens ein Messer in den Bauch, du elender Schuft. Verschwinde endlich aus meinem Leben. Geh einfach und lass mich in Ruhe.«
»Frauen!«, rief Gray mit einem Lächeln, das wieder das jungenhafte Grübchen an seinem Kinn hervorzauberte. Seine schwarzen Wimpern, die so lang und dicht waren, dass es beinahe feminin wirkte, senkten sich, um das belustigte Zwinkern in seinen Augen zu verbergen. »Ehrlich, Doktor, warum müssen sie uns nur immer so das Leben zur Hölle machen? Ich habe den Koch angewiesen, dir eine leichte, nahrhafte Mahlzeit zuzubereiten, Maeve, und er macht auch verflixt gute Limonade. Pass auf, wir bringen dich schnell wieder auf die Beine, das sage ich dir.«
»Ganz recht, Sir Graham«, stimmte Dr. Ryder hastig zu. Mittlerweile schwitzte er noch mehr und fühlte sich in Gegenwart einer so hochrangigen Persönlichkeit wie seinem Admiral sichtlich unwohl.
»Ihr habt wie immer hervorragende Arbeit geleistet, Ryder. Kompliment. Eure Patientin sieht schon wieder kerngesund aus. Fertig, Liebes? Nein, versuch gar nicht erst aufzustehen; das dulde ich nicht. Hat dir schon einmal jemand gesagt, wie bezaubernd du mit Zöpfen aussiehst? So süß und unschuldig. Nein, guck nicht so finster, das steht dir gar nicht. Na, dann gehen wir mal hoch.«
»Habt Ihr sie, Sir Graham?«
»Natürlich habe ich sie«, erwiderte Gray gutmütig und zwinkerte dem Schiffsarzt über Maeves Kopf hinweg zu. Dann trat er mit dem Fuß die Tür auf. »Eine verdammt süße Last, möchte ich meinen. Doktor, seid doch so gut und haltet mir die Tür auf, ja? Vielen Dank. Ihr seid ein prächtiger Kerl, Ryder, wirklich. Ausgezeichnete Arbeit!«
»Vielen Dank, Sir«, sagte der Arzt strahlend.
»Bitte, gebt Euch doch selbst eine Belohnung; das habt Ihr verdient. Ja, warum genehmigt Ihr Euch nicht ein Extraschlückchen aus der Flasche, die Ihr hinter der Bank versteckt habt? Rum, nicht wahr? Das war schon Morgans Lieblingsgetränk!«
Der Arzt erbleichte. »A-aber Sir, woher wusstet Ihr, dass ich ...«
Doch Gray war bereits hinausgeeilt und ließ den fassungslosen Ryder mit offenem Mund stehen. Der Admiral konnte doch unmöglich gewusst haben, dass er die Flasche dort versteckt hatte!
Ryder erinnerte sich an die Warnung, die Kapitän Lord so oft ausgesprochen hatte: Sir Graham sollte man nie unterschätzen.
Eines Tages würde er sich erinnern, dass der scharfsinnige, blitzgescheite Admiral, der für den westindischen Stützpunkt der Königlich Britischen Marine zuständig war, nicht nur charmant und gut aussehend war.
Und er war überzeugt, dass auch die Piratenkönigin das einsehen würde.
Während Gray Maeve die Treppen hinauftrug, summte er wie ein gewöhnlicher Seemann auf dem Weg zu seinem Grog. Sein Hemd war mit ihrem Blut besudelt, und sein schwarzes, welliges Haar fing den Schein der schaukelnden Laternen ein, unter denen sie hindurchgingen. An dem harten Zug um seinen Mund erkannte Maeve, wie wütend er war, und sie spürte es auch an seinem festen Griff in ihrem Rücken. »Du hast mir Angst eingejagt, Maeve. Ich weiß, dass ich dir wehgetan habe, aber glaub mir, eher würde ich mir den rechten Arm abhacken, als dich noch einmal zu verletzen.« Maeve sah, wie er heftig schluckte, während er schweigend den Weg zu seiner Kajüte fortsetzte.
Dann neckte er sie plötzlich leichthin: »Maeve, Maeve. Was soll ich bloß mit dir machen? Willst du dich am Ende umbringen, um Himmels willen?!«
»Lieber würde ich dich umbringen, aber ich kann das Schwert noch nicht wieder heben.«
»Oh, ich bezweifle nicht, dass du es versuchen wirst, sobald du wieder bei Kräften bist. Abend, Leutnant Pearson - weitermachen.« Gray blieb neben einem Schott stehen und explodierte ohne Vorwarnung: »Aber so wahr mir Gott helfe, Maeve, wenn ich dich noch einmal erwische, wie du entgegen der Anweisungen des Arztes auch nur einen Fuß aus dem Bett streckst, versohle ich dir persönlich das Fell. Drücke ich mich deutlich genug aus?«
Maeve brach in schallendes Gelächter aus.
»Verdammt noch mal, Weib, ist das klar?«
Maeve schaute in seine blitzenden Augen, lächelte boshaft und spie hervor: »Deutlich genug.«
Gray starrte sie an. Schließlich seufzte er und zog sie zu
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