Königin der Schwerter
grün. Aber es brannte noch.
»Es ist vollbracht!« Bethias Stimme erklang ganz in der Nähe, hörte sich aber seltsam gedämpft an. Aideen verfluchte das Rauschen in ihren Ohren. Stöhnend richtete sie sich zum Sitzen auf und barg das Gesicht in den Händen.
»Bist du wohlauf?« Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Es dauerte eine Weile, bis sie die Stimme zuordnen konnte, dann erkannte sie, dass Orla neben ihr stand.
»Es … es geht schon.« Das war mehr als übertri e ben, aber Aideen wollte nicht, dass die anderen sie für schwach hielten. Dennoch tastete sie nach Orlas Arm und fragte: »Hilfst du mir auf?«
»Natürlich.« Orla reichte ihr die Hand.
Schwankend kam Aideen auf die Beine. Im ersten Augenblick drehte sich alles vor ihren Augen. Dann klärte sich das Bild. Jenseits der Flammen klaffte ein schwarzer Tunnel in einem der gewaltigen Felsen. Die Hüterinnen hatten sich davor versammelt und starrten in das finstere Nichts, an dessen Ende weit, weit en t fernt ein schwaches grünliches Leuchten zu sehen war.
»Unglaublich, nicht wahr?«, fragte Orla ehrfürchtig. »Wir haben es tatsächlich geschafft. Das Tor ist geöf f net.«
»Ist … ist sie schon da?« Plötzlich hatte Aideen Angst, etwas versäumt zu haben.
»Nein.« Orla schüttelte den Kopf, berührte A i deen sanft am Arm und sagte: »Komm, wir gehen zu den anderen.«
Sie umrundeten die Feuerstelle und fanden einen Platz, von dem aus sie eine gute Sicht auf das Tor ha t ten. Bethia stand davor. In den Händen hielt sie den Simion, dessen Augen nun so stark leuchteten, dass zwei grüne Lichtstrahlen bis weit in den Tunnel hinein reichten. Die Seherin selbst hatte die Augen geschlo s sen und schien in tiefer Trance versunken.
Auf dem Platz war es jetzt ganz still. Selbst der Wind schien den Atem anzuhalten. Endlose Seku n den verstrichen, dann hörte Aideen eine junge Hüt e rin flüstern: »Seht doch, das Licht. Es kommt n ä her.«
***
Das Heer der Rebellen lagerte gut versteckt inmitten des Waldes. Hier standen die Bäume so dicht, dass die Männer und Frauen zwischen den Stämmen kleine Unterstände aus Ästen und Zweigen errichtet hatten. Jolfur erkannte auf den ersten Blick, dass der Lage r platz nicht neu war. In der Mitte wirkte er fast wie ein kleines Dorf mit festen Hütten aus Bau m stämmen, einer Schmiede und einer primitiven Mühle. Die Pfe r de grasten auf einer umzäunten Lichtung, und es gab sogar eine Brücke über einen Bach, der wegen der a n haltenden Trockenheit zwar wenig Wasser führte, die Menschen und Tiere im Lager aber immer noch au s reichend mit kostbarem Nass versorgte.
Während die äußeren Bereiche, in denen die Ne u ankömmlinge lebten, noch ärmlich und ung e ordnet wirkten, schien das Lagerleben an sich straff, fast schon militärisch organisiert zu sein. Jolfur nahm es mit Freude zur Kenntnis. Insgeheim hatte er befürchtet, auf einen verwahrlosten und schlecht ausgerüsteten Haufen von Rebellen zu treffen, die hofften, Torpaks Truppen allein durch ihre Masse an Streitern besiegen zu können.
Das Hämmern der Schmiede, die an drei Feuerste l len Tag und Nacht unermüdlich Pfeile und Schwerter herstellten, und die vielen Menschen, die sich im U m gang mit den Waffen übten, zeugten j e doch davon, dass es hier eine starke Führung gab, die durchaus etwas vom Kriegshandwerk verstand und nichts dem Zufall überließ. Jeder schien eine Aufgabe zu haben, der er mit großem Eifer nac h ging. Wer sich nicht im Kämpfen übte, wusch oder kochte, half beim Bau neuer Unterstände oder trug auf andere Weise seinen Teil zum Wohl der G e meinschaft bei.
Es war deutlich zu spüren, dass die Menschen weit mehr verband, als es in einer gewöhnlichen Dorfg e meinschaft der Fall war. Alle, die hier lebten, waren freiwillig zusammengekommen. Ihr Hass auf die Her r scher in Torpak und ihre Sehnsucht, das goldene Reich Benizes neu entstehen zu lassen, machten aus ihnen eine eingeschworene Gemei n schaft, in der jeder Einzelne bereit war, für das g e meinsame Ziel bis zum Äußersten zu gehen.
Mavin hatte ihnen gezeigt, wo sie ihren kargen Vorrat an Proviant auffüllen konnten, ihnen einen Platz zugewiesen, wo sie ihr Lager aufschlagen sol l ten, und sie gebeten, sich am kommenden Tag bei der Heeresleitung zu melden. Die Nacht hatte ihnen zum ersten Mal seit Langem einen tiefen und erho l samen Schlaf beschert. Als der Morgen graute, machten sie sich auf den Weg zur Heeresleitung, um sich eine T ä tigkeit
Weitere Kostenlose Bücher