Königin der Schwerter
nicht einmal der legendäre Zoltan sie noch zusammenhalten können. Der Kriegherr, dem es gelingt, ein feiges Heer in die Schlacht zu führen, muss erst noch geboren we r den.« Die Männer lachten und klopften zustimmend mit den Fäusten auf die Tischplatte.
Jolfur genoss es, die Männer so zuversichtlich zu sehen. Gern ließ auch er sich anstecken von dem Si e geswillen, der die Männer im Raum erfasst hatte. Hier waren nicht einfach nur Menschen zusammengeko m men, die ein grausames Schicksal gegen Torpak aufg e bracht hatte. An diesem Tisch saßen Kri e ger, die der Glaube an eine bessere Zukunft vereinte und die fest entschlossen waren, dafür zu kämpfen.
»Nun zu dir, Jolfur«, hörte er Tendor sagen. »Du bist erst gestern zu uns gestoßen und kannst uns s i cher berichten, wie es in den Bergen aussieht und was ihr auf dem Weg hierher beobachtet habt.«
Jolfur erhob sich; nach all den Heldentaten, von denen er zuvor gehört hatte, erschien ihm sein eig e ner Bericht kaum erwähnenswert, und er fürchtete, die Männer zu langweilen. »Ehrenwerter Tendor«, hob er an. »Ich kann Euch leider nicht allzu viel b e richten. Wir sind weder dem Heer aus Torpak b e gegnet, noch mussten wir auf unserem Weg ruh m reiche Kämpfe ausfechten. Bis auf einen Angriff von Schattenwölfen, der zwei Männer das Leben kostete, sind wir …«
»Schattenwölfe?« Ein grauhaariger Alter im schlic h ten Gewand der Heiler erhob sich. »Bist du dir ganz sicher?«, fragte er.
»Ganz sicher.« Jolfur nickte.
»Warum stehst du dann noch hier?«, bohrte der A l te weiter. »Schattenwölfe lassen für gewöhnlich erst von ihrer Beute ab, wenn sie diese in Stücke gerissen haben.«
»Ich weiß.« Jolfur nickte. »Und doch ist es die Wahrheit. Ich kann weder sagen, was sie dazu bewe g te, uns im Waldland anzugreifen, noch kenne ich den Grund dafür, warum sie von uns abließen. Aber ich bin froh, dass ich noch lebe.«
»Willst du uns nicht von dem Kampf berichten?«, fragte Tendor.
»Gern.« Jolfur setzte zu einem Bericht an. Doch ehe er beginnen konnte, wurde die Tür geöffnet, und ein Krieger stürmte herein. Er war verschwitzt, völlig a u ßer Atem und roch streng nach Pferd. »Mein Herr.« Er beugte ehrerbietend das Knie. »Verzeiht, dass ich diese Versammlung auf so ungehörige We i se störe, aber es gibt schlimme Neuigkeiten.«
»Berichte.« Tendors Miene zeugte von Sorge. »Was ist geschehen?«
»Sie haben einen meiner Männer gefangen.« Die Stimme des Kriegers bebte. »Gestern Nacht. Er … er ist … er war noch sehr jung. Sie haben ihn gefo l tert, wir hörten seine Schreie. Und dann …« Ihm versagte die Stimme.
»Was dann?«, drängte Mavin.
»Dann haben sie seinen Kopf als Warnung in den Wald geworfen.« Die Worte lösten einen Sturm der Entrüstung aus. Alle riefen durcheinander, bis Te n dor sich Gehör verschaffte.
»Ruhe!«
Augenblicklich war es totenstill. »Wer war es?«, fragte Tendor.
»Eldar.«
Der Name führte erneut zu Unruhe, Bestürzung und Erschrecken. Diesmal jedoch wussten die Mä n ner sich zurückzunehmen. Alle Augen ruhten nun auf Tendor. »Eldar«, sagte dieser nicht minder e r schüttert. »Bei den Göttern, welch grausames Ende für diesen tapferen Jungen.« Er schaute Mavin an und sagte: »Geh und bringe es seinem Vater sch o nend bei, mein Sohn.«
Mein Sohn? Jolfurs Blick wanderte von Tendor zu Mavin und wieder zurück. Dann verstand er.
Mavin nickte, stand auf und verließ gemeinsam mit dem Krieger den Raum, während Tendor alle auffo r derte, sich wieder zu setzen. »Dieser Verlust ist schlimm«, hob er an. »Nicht nur, weil viele von uns Eldar kannten. Nicht nur, weil er noch so jung und voller Träume war. Er ist der Erste unserer Männer, der den Truppen lebend in die Hände gefa l len ist. Ihrer Späher und Spitzel haben wir uns erwehren kö n nen. Jetzt jedoch steht zu befürchten, dass sie auch ohne Spitzel erfahren haben, was sie wissen wollen.«
»Ich werde sofort die Wachen verdoppeln«, sagte einer der Männer.
»Ein guter Entschluss.« Tendor nickte, ließ den Blick über die Gesichter der Versammelten schwe i fen und fügte hinzu: »Dem aber noch viele folgen mü s sen.«
***
Die Stille im Steinkreis war so vollkommen, dass A i deen die Anspannung fast körperlich spürte, die von den Hüterinnen Besitz ergriffen hatte. Alle star r ten wie gebannt auf den winzigen grünen Lichtpunkt in den Tiefen des Tunnels, der sich ihnen in einer tanzenden Bewegung
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