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Königin der Schwerter

Königin der Schwerter

Titel: Königin der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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plötzlich riss sie die Augen auf »Nein«, stöhnte sie. »Höre, meine Tochter. Zarife ist … ah … die Stimme …« Aus den Augenwinkeln sah Aideen eine schlanke Hand, die sich so hastig auf Bethias Stirn legte, als wolle sie verhindern, dass diese weitersprach. Die Seherin bäumte sich auf. Ihr Atem ging schnell, ihr Blick war voller Furcht. Ein seltsames Knistern drang an Aideens Ohren, und sie spürte, wie Bethia erschlaffte.
    »Sie hat es überstanden.« Zarife erhob sich und wischte sich die Finger an der Hose ab, als hätte die Berührung sie beschmutzt. »Die Arme konnte nicht loslassen. Ich habe es ihr leichter gemacht.«
    »Ihr habt sie getötet!« Der Kummer war so übe r mächtig, dass Aideen ganz vergaß, wer vor ihr stand. »Ihr habt …«
    »Mäßige deinen Zorn, Novizin.« Zarife schaute sie streng an. »Ich habe sie nicht getötet. Ich habe sie e r löst«, sagte sie langsam und eindringlich. »Die Seherin war alt und schwach. Habe ich recht?«
    »Ja.« Aideen nickte furchtsam, obwohl ein Teil von ihr aufbegehrte. Aber sie wusste, dass sie Zarife nicht gewachsen war, und wollte den Zorn der Hohepriest e rin keinesfalls auf sich lenken.
    »Sie hat mir ihr Pferd aufgedrängt, ohne dabei auf ihr eigenes Wohl zu achten«, sprach Zarife weiter. »Sie tat es, obwohl ich es nicht wollte.«
    »Ja, das hat sie.« Aideen glaubte sich zu erinnern, dass es nicht so gewesen war, pflichtete Zarife aber dennoch bei.
    »Sie hat nachdrücklich darauf bestanden, dass ich reite«, sprach Zarife weiter. Und wieder nickte A i deen.
    »Ich habe alles versucht, um sie zu retten, aber ich hatte keinen Erfolg.«
    »Ja.« Trotz der Trauer um Bethia verspürte A i deen plötzlich eine leise Dankbarkeit gegenüber Zarife. Ha t te sie nicht wirklich alles getan, um die Seherin zu retten?
    »Gut.« Zarife lächelte und brach den Blickko n takt ab. Aideen hatte das Gefühl, in ein schwarzes Loch zu stürzen. Sie atmete tief durch und blinzelte, dann war das Gefühl verschwunden. Traurig schaute sie Bethia an. Die Augen der Seherin waren geöffnet. Ein Au s druck panischer Furcht lag darin, der Aideen erscha u ern ließ. In einer letzten Geste der Freundschaft hob sie die Hand und schloss Bethias Lider.
    »Komm und hilf mir beim Aufsitzen!« Zarifes Stimme drang wie aus weiter Ferne an ihr Ohr. »Wir wollen hier nicht herumstehen, bis es dunkel wird.«
    Aideen erhob sich, als hätte sie keinen eigenen Wi l len. »Was wird aus Bethia?«, fragte sie matt.
    »Die anderen sollen sie später holen«, sagte Zarife leichthin. »Wir können sie ja wohl kaum den ga n zen Weg mitschleppen.«
    Das leuchtete Aideen ein. Zwar betrübte es sie, Bethia hier allein zu lassen, aber ihre erste Aufgabe war es, Zarife zu den Höhlen zu bringen. Vorsichtig erhob sie sich, nahm ihren Umhang an sich und be t tete Bethias Kopf sanft auf die Erde.
    Das Rad der Zeit steht nicht still , hatte die Seherin erst vor wenigen Tagen zu ihr gesagt. Nicht für mich und nicht für dich. Irgendwann wirst du an diesem Kessel stehen und dir die törichten Fragen einer Novizin anh ö ren müssen. Du wirst alt sein und sie jung, und in ihrem Gesicht wirst du sehen, was nach dir sein wird. Sie wird der erste Vorbote des Todes sein und dich jeden Tag aufs Neue daran e r innern, dass deine Tage gezählt sind.
    Aideen konnte sich noch genau an jedes Wort eri n nern. Und sie fragte sich, ob Bethia damals wohl g e ahnt hatte, wie wenig Zeit ihr noch blieb.

28
    Manon floh.
    Der Boden unter ihren Füßen flog dahin, eine ve r schwommene Fläche, deren Gräser Teil des bl u tigen Nebels vor ihren Augen zu sein schienen. Ihr ke u chender Atem klang heiser, ihre Kehle brannte wie Feuer, und ihr Herz raste wie wild. Sie war am Rand des Zusammenbruchs, aber sie blieb nicht st e hen. Das Stechen in der Seite beachtete sie ebenso wenig wie das Schwindelgefühl in ihrem Kopf. Sie rannte und sto l perte, fiel hin, rappelte sich auf und rannte blindlings weiter, getrieben von dem entset z lichen Heulen und Knurren, das immer näher kam.
    Die knorrige Wurzel eines Busches setzte ihrer Flucht ein jähes Ende. Ihr Fuß blieb daran hängen, und der Schwung riss ihr die Beine unter dem Leib weg. Sie kippte nach vorn und schlug hart auf den Boden. In ihrem Körper explodierte der Schmerz, vor ihren Augen tanzten Sterne und ein hämmerndes P o chen in ihrem Fußknöchel verhieß nichts Gutes.
    Manon fühlte, wie die Ohnmacht nach ihr griff, und kämpfte dagegen an. Das schaurige Heulen hi n

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