Königin der Schwerter
dra im Stich lassen. Sobald sie im Wald Hilfe gefu n den hatte, würde sie den Leuten von ihr beric h ten und sie bitten, nach ihr zu suchen.
***
Die Hände auf dem Rücken gefesselt, stolperte Zo l tan voran. Es war dunkel, die Luft war stickig. Der Sack über seinem Kopf ließ nur wenig Licht und noch w e niger frische Luft durch das dichte Gewebe. Er wusste nicht, wohin die Rebellen ihn führten, und wagte nicht, daran zu denken, was ihn erwartete, nahm es aber als gutes Zeichen, dass man ihn nicht sofort get ö tet hatte.
Unmittelbar nach seiner Gefangennahme hatten die Rebellen ihn zum Kommandanten ihres Vorpo s tens gebracht, der ihn verhört hatte. Zoltan hatte sich nicht die Mühe gemacht, Rang und Namen zu ve r heimlichen. Warum auch? Einer der Rebellen, ein übergelaufener Gardist, hatte ihn sofort erkannt.
Aber er hatte ohnehin nicht vorgehabt, seine He r kunft zu leugnen, zumal er aus den Gesprächen der Rebellen erfahren hatte, dass der Tamjike ihnen en t kommen war. Er würde die Nachricht von seiner G e fangennahme überbringen, und seine Leute wü r den wissen, was zu tun war. Die Rebellen würden also ke i nen Nutzen davon haben, den Heerführer der Garde in ihren Händen zu wissen, denn in wenigen Tagen würden sie alle tot sein. Aber das ahnten sie natürlich nicht, und so nutzte Zoltan ihre Unwisse n heit, um sich Vorteile zu verschaffen.
Die Erfahrung hatte gezeigt, dass die Rebellen Kommandanten und Heerführer nicht so vorschnell hinrichteten wie Späher und einfache Gardisten, mit denen oft kurzer Prozess gemacht wurde. Auch wu r den Gardisten von hohem Rang nicht der Folter u n terzogen. Die Rebellen hofften mit ihnen ein Pfand in der Hand zu haben, welches das Schlachtenglück zu ihren Gunsten wenden konnte. Nicht selten waren Kommandanten in der Vergangenheit gegen gefa n gene Rebellen ausgetauscht worden. Und wenngleich Zo l tan wusste, dass ihm diese Gnade versagt bleiben wü r de, so war er doch bestrebt, alles dafür zu tun, seine letzten Tage so angenehm wie möglich zu verbringen.
Der Weg war lang und beschwerlich. Wohl schon zum hundertsten Mal stolperte er über eine Baumwu r zel, gleich darauf stieß er sich den Kopf an e i nem Ast. Er fluchte laut und versuchte die Hände, die ihn an den Armen gepackt hielten, in einem A n flug von Zorn abzuschütteln. Doch vergeblich. Die Männer hielten ihn mit eisernem Griff.
Irgendwann wurde der Weg ebener. Die Äste w i chen zurück, und ringsumher waren Geräusche zu hören, die an ein Lagerleben erinnerten. Menschen kamen herbei und erkundigten sich mit gedämpfter Stimme, wer der Gefangene sei. Kinder begleiteten sie ein Stück und machten lachend ihre Späße über den kopflosen Mann. Die Wachen jedoch gaben keine Auskunft; schweigend führten sie Zoltan we i ter durch das Lager, das, wie er staunend bemerkte, ungeheuer groß sein musste. Während er seine Schritte zählte, lauschte er auf die Geräusche, die von außen durch den Sack drangen.
Irgendwo verrichteten Schmiede unermüdlich i h re Arbeit. Das Hämmern, mit dem sie den heißen Stahl formten, war schon von Weitem zu hören. An anderer Stelle wurden Befehle gebrüllt.
Zoltan schmunzelte. Offenbar hatten die Anführer der Rebellen die Hoffnung noch nicht aufgegeben, aus den Bauern und Schweinehirten ein richtiges Heer formen zu können. Aber es gab auch andere Gerä u sche. Kinder lachten, Hunde kläfften, und ein Hahn krähte. Jemand musizierte, und irgendwo schrie ein Säugling. Es waren Laute, die in einem Heerlager fremd und u n wirklich anmuteten. Laute, die zum Frieden und nicht zum Krieg gehörten und die etwas in Zoltan weckten, das er längst vergessen glaubte. Die Geräusche erinne r ten ihn an seine eigene glückliche Kindheit, die er fer n ab von Krieg und Garde in einem Walddorf verbracht hatte, und berührten sein Gewi s sen.
Doch ehe er sich Gedanken darüber machen kon n te, ob der Feldzug es rechtfertigte, all die Unschuld i gen zu töten, bedeuteten ihm die Wachen, stehen zu bleiben.
»Richte dem Anführer aus, er ist da!«, erklärte einer der Männer knapp. Schritte entfernten sich auf hölze r nen Planken, verklangen und kehrten schließlich z u rück.
»Schafft ihn rein«, sagte eine rauchige Stimme. »Sie erwarten ihn.«
Zoltan spürte, wie er wieder an den Armen g e packt und eine Treppe hinaufgeführt wurde. Eine Tür wu r de geöffnet und noch eine. Dann hörte er das Raunen von mindestens einem Dutzend Männer.
»Ich denke, der Sack
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