Königin der Schwerter
man dann noch die überstürzte Flucht, die ungewisse Z u kunft, die Müdigkeit und die Furcht vor den Dashken hinzu, war es kein Wunder, wenn ihr Verstand ihr solch schreckliche Bilder vorgaukelte.
Die Nacht schritt voran. Irgendwann war Aideen fest davon überzeugt, Opfer eines Wachtraums gewo r den zu sein. Je mehr sie sich entspannte, je mehr die Angst wich, desto mehr griff die Müdigkeit nach ihr. Der Tag war anstrengend gewesen, und sie hatte schon in der vergangenen Nacht nur wenig geschl a fen. Ihr Körper brauchte dringend Ruhe. Gähnend stand sie auf, um Tisea zu wecken, damit diese die nächste W a che übernahm. Langsam ging sie hinunter in die Se n ke, umrundete das Feuer und rüttelte Tisea sanft an der Schulter. »Wach auf, Tisea«, sagte sie leise, um Peme nicht zu wecken. »Ich muss jetzt schlafen. Du wolltest die Wache übernehmen.«
Tisea bewegte sich unruhig und murmelte etwas Unverständliches, wachte aber nicht auf.
»Tisea, bitte!« Aideen rüttelte sie etwas heftiger. »Du musst jetzt Wache halten.«
»Aideen? Was ist los?«, murmelte Tisea verschl a fen, schlug die Augen auf und sah Aideen an.
Die Hüterin keuchte auf und prallte erschrocken zurück.
Kein Albtraum, hämmerte es hinter ihrer Stirn. Es war kein Albtraum. Und während sie noch auf T i seas grünlich schimmernde Pupillen starrte, zerriss in der Ferne das schaurige Heulen der Schattenwölfe die Sti l le über dem Hochland.
***
Hákon erwachte mitten in der Nacht, ohne dass er hätte sagen können, was ihn geweckt hatte. Es schlief sich nicht gut mit dem Rücken an einen Baum gefe s selt, aber die unbequeme Lage war es nicht, die ihn hatte aufschrecken lassen.
Aufmerksam schaute er sich im Lager der Rebe l len um, konnte jedoch nicht viel erkennen. Die anhalte n de Trockenheit hatte dazu geführt, dass man nahezu alle offenen Feuer verboten hatte. Allein den Schmi e den war es noch erlaubt, ihre Öfen zu betre i ben, denn es mangelte an Waffen für all die Me n schen, die sich den Rebellen inzwischen angeschlo s sen hatten.
So war es nahezu dunkel im Lager, wenngleich e i nige Laternen nahe den Büßerbäumen ein wenig Licht spendeten.
Hákon seufzte und überdachte seine Lage. Am A bend hatten die Rebellen ihn und Manon im letzten A u genblick vor den Schattenwölfen gerettet, die ihnen dicht auf den Fersen gewesen waren. Er hatte Wasser und etwas zu essen bekommen, während sie die b e wusstlose Manon in die Obhut der Heilerinnen geg e ben hatten, weil es ihr sehr schlecht ging. Dafür hätte Hákon den Rebellen dankbar sein können, doch das Verhör, dem man ihn anschließend unte r zogen hatte, war. weitaus unfreundlicher gewesen. An seiner Kle i dung hatten die Rebellen unschwer erkennen können, dass er zu Karadeks Männern g e hörte, und so hatten sie ihn auch behandelt. Er hatte den Hass und die Verachtung in ganzer Härte zu spüren bekommen, die die Rebellen dem Herrscher aus Torpak gegenüber empfänden, und wäre vermutlich sogar getötet wo r den, wenn nicht Tendor aufg e taucht wäre, um das Verhör persönlich fortzuführen.
Hákon hatte ihm alles erzählt, was er wusste. Was hätte er auch tun sollen? Sein Leben hing vom Woh l wollen des Rebellenführers ab, und er fühlte sich zu jung, um zu sterben. Die meisten Fragen hatte er o h nehin nicht beantworten können, weil er weder am Aufmarsch der Truppen beteiligt gewesen war noch etwas über die Pläne des Heeres wusste.
Er hatte Tendor von der Suche nach seiner Schwe s ter erzählt und davon, wie er Tisea und Peme ins Hochland begleitet hatte. Er hatte von dem Dolch gesprochen, den sie bei sich getragen hatte, von der Flucht vor den Schattenwölfen und der Begegnung mit den Hüterinnen. Abschließend hatte er von M a non berichtet, die er im Hochland aufgelesen und vor den Wölfen gerettet hatte. Der Rest war den R e bellen ja schon bekannt gewesen. Die Tatsache, dass er im Hochland unbeschadet bis zu den Hüterinnen und wieder zurück hatte reiten können, schien Te n dor beeindruckt zu haben. Vermutlich hatte dies Hákon das Leben gerettet. Entgegen der Forderu n gen, ihn sofort hinzurichten, hatte Tendor ihn an einen der Büßerbäume ketten lassen und verfügt, dass man ihn in Ruhe lassen solle.
Hákon vermutete, dass Tendor seine Kenntnisse über das Hochland für zu wichtig hielt, als dass er sie durch eine vorschnelle Hinrichtung verloren g e ben wollte. Außerdem hatte Tendor angekündigt, seine Aussagen durch Fragen an Manon
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