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Königin der Schwerter

Königin der Schwerter

Titel: Königin der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Lippe und blickte b e schämt zu Boden.
    »Tot ist nicht gleich tot«, erklärte Ulama bedeu t sam. »Wer des geheimen Wissens kundig ist, ve r mag sich dem Tod zu entziehen – solange der Kö r per nicht zu Asche zerfallen ist.«
    »Aber du hast selbst gesagt, dass die Priesterinnen alle verbrannt wurden!«, rief das rothaarige Mädchen.
    »Sagte ich das?« Ulama wandte sich ihr zu und neigte den Kopf ein wenig. »Überlege.«
    Das Mädchen legte die Stirn in Falten, sagte aber nichts.
    »Du hast uns noch nicht erzählt, was mit Zarifes Leichnam geschah«, wagte Tisea leise einzuwenden, als das Mädchen nicht antwortete.
    Ulama schenkte ihr ein zahnloses Lächeln. »So hat also wenigstens eine von euch der Geschichte aufmer k sam gelauscht.«
    Tisea errötete. Sie empfand das Lob als nicht ganz gerechtfertigt, denn anders als die anderen ha t te sie die Geschichte von Zarife schon so oft gehört, dass sie es nicht mehr zählen konnte.
    »Zarife wurde nicht verbrannt«, hörte sie Ulama mit gewichtiger Stimme sagen.
    »Was geschah mit ihr?«, fragte das Mädchen mit vor Aufregung geröteten Wangen.
    »Sie wurde geraubt.«
    »Geraubt?«, riefen die Kinder wie aus einem Mu n de, und das rothaarige Mädchen fügte hinzu: »Aber sie war doch tot!«
    »Ja, das war sie.« Ulama nickte bedächtig. »Aber vergesst nicht, dass sie eine mächtige Priesterin war.« Sie verstummte, um Kraft für das zu schöpfen, was sie jetzt erzählen wollte. Und obwohl Tisea j e des Wort, das sie sagen würde, auswendig kannte, konnte auch sie sich der Spannung nicht entziehen, die die Kinder erfasst hatte.
    »Man sagt, dass sie Verbündete hatte«, nahm Ul a ma den Erzählfaden wieder auf. »Mächtige Verbünd e te über den Tod hinaus, die den Hohepriest e rinnen des Weißen Tempels zu allen Zeiten treu ergeben w a ren und ihr das Versprechen gegeben ha t ten, sie vor den alles verzehrenden Flammen des Feuers zu retten. Es heißt, die Dashken, die dunklen Elementargeister des Hochlands, die mühelos jede Gestalt annehmen können, hätten ihren Leichnam den Händen der Feinde entrissen, um ihn im unwe g samen Hochland zu verbergen, bis die Zeit der Rückkehr gekommen sei.«
    Ein kühler Windzug strich durch den Raum und peitschte die Flammen des Feuers in die Höhe, als fahre ein Elementargeist in eben diesem Augenblick durch die Hütte. Funken stoben auf, und Holz kni s terte. Die Kinder rückten ängstlich zusammen und sahen sich verstohlen um. Nur der Junge schien ke i ne Angst zu kennen. »Dann ist sie heute längst zu Staub zerfallen«, sagte er gelassen.
    »Du!« Die trüben Augen der Alten blitzten, als U lama herumfuhr und den Jungen anschaute. »Du sol l test nicht spotten über Dinge, von denen du nichts verstehst. Zarife ist nicht zu Staub zerfallen. Jene, die ihr das Wort gaben, hüten ihren Körper auch heute noch. Niemand weiß, wo er ist. Niemand hat ihn je gesehen. Aber es heißt, dass sie auch heute noch so edel und anmutig aussieht wie damals, ganz so, als wolle sie sich jeden Augenblick erheben, um …«
    »Hüte dich, Ulama. In Torpak hört man diese G e schichte gar nicht gern.« Ein junger Mann in der he l len Lederkleidung der Waldläufer war unbemerkt ei n getreten. Er hockte sich ans Feuer und hielt die Hände den wärmenden Flammen entgegen. »Es heißt, sie hetze das Volk auf.«
    »Hákon!« Die Miene der alten Geschichtenerzähl e rin hellte sich auf »Sohn meines Sohnes Sohn. Es tut gut, deine Stimme zu hören. Setz dich zu uns und lausche meinen Worten, so wie du es früher immer getan hast. Dann kannst du den Narren in Torpak die Wahrheit erzählen.«
    »Danke, Ulama, aber es ist schon spät.« Hákon l ä chelte entschuldigend. »Ich bin gerade angeko m men und wollte dir nur kurz die Ehre erweisen, ehe ich meine Mutter aufsuche.« Er ließ den Blick über die Gesichter der Kinder schweifen. »Du bringst sie in große Gefahr«, sagte er mahnend. »Von mir wird ni e mand etwas darüber erfahren, was du hier tust, aber du weißt so gut wie ich, dass es streng verboten ist, die alten Legenden zu erzählen. Ich muss dir nicht sagen, wie man in Torpak über Zarife und ihre Priesterinnen denkt.«
    »Nein, Hákon, das musst du nicht«, knurrte Ul a ma. »Hätte Karadek die Macht dazu, würde er jede Erinnerung an Benize und jede Legende aus dem G e dächtnis der Menschen tilgen.«
    »Nicht jede Erinnerung und nicht jede Legende«, korrigierte Hákon. »Vergiss nicht, dass es auch a n dere Legenden gibt als die

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