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Königin der Schwerter

Königin der Schwerter

Titel: Königin der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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deinen. Legenden, die …«
    »…von den Machthabern erfunden wurden, um das Andenken jener zu beschmutzen, die einst im Weißen Tempel herrschten«, beendete Ulama den Satz für Hákon. »Schaurige Märchen, die allein dazu di e nen, Unwissenden Angst zu bereiten und die Macht jener zu festigen, die den Weißen Tempel zerstörten.«
    »Es sind einige hundert Jahre vergangen«, wandte Hákon beschwichtigend ein. »Taten wurden verge s sen, Worte verdreht. Viele Menschen verbinden mit Zar i fes Namen die Erinnerung an ein finsteres Zei t alter, während andere die Jahre ihrer Herrschaft als die Bl ü tezeit Benizes preisen.« Er seufzte und schü t telte den Kopf. »Sowohl die eine als auch die andere Meinung gründet sich auf Legenden, die mündlich von Gener a tion zu Generation weitergegeben wurden. Wer ve r mag da heute noch zu sagen, was Wahrheit und was Lüge ist?«
    »Die Wahrheit fühlst du in deinem Herzen.« Ul a ma ließ sich nicht beirren. »Und es wird der Tag kommen, da sie jene einholt, die schändliche Lügen über Zarife verbreitet haben.«
    »Möge diese Wahrheit uns Frieden und Wohlstand bringen.« Es war offensichtlich, dass Hákon sich nicht mit Ulama streiten wollte. Er zwinkerte den Kindern zu und verabschiedete sich mit den Worten: »Und möge der große Geist des Waldes noch lange seine Hand schützend über dich und deine jungen Gäste halten.«
    »Ach je, ach je! Wie weit ist es nur gekommen? Nun haben sogar die Jungen des Waldvolks den Gla u ben an die Wahrheit verloren.« Ulama seufzte, aber es klang nicht wirklich böse. Alle wussten, wie sehr sie Hákon liebte.
    »Was wurde aus Zarife?«, fragte eines der Kinder, nachdem Hákon gegangen war.
    »Sie schläft.« Ulama nickte bedächtig. »Und sie wartet.«
    »Worauf?«, wollte der Junge wissen. Wie die and e ren Kinder hörte auch er die Legende von Zarife zum ersten Mal, denn seit die Herrscher in Torpak hart gegen jene vorgingen, die öffentlich von der proph e zeiten Rückkehr Zarifes erzählten, wagten es viele E l tern nicht mehr, ihren Kindern davon zu b e richten. Ulama jedoch war alt. Sie hatte keine Angst und hielt unerschütterlich an dem Glauben fest, dass die gold e nen Zeiten von Benize eines Tages wiederkehren wü r den.
    »Worauf sie wartet?« Sie beugte sich vor. Der Fe u erschein ließ ihr gefurchtes Gesicht wie eine dämon i sche Maske erscheinen, als sie mit unheilvo l ler Stimme sagte: »Sie wartet auf ihre Seele.«
    Die Kinder keuchten auf. Einige schlugen sich die Hände vor den Mund, andere saßen wie erstarrt, und sogar der Junge, der eben noch so gelassen d a gesessen hatte, wirkte verunsichert.
    »Sie wartet darauf, dass ihre verlorene Seele nach Benize zurückkehrt, damit ihr Körper und ihr Geist sich wieder vereinen können. Wenn das geschieht, so erzählt es die Prophezeiung, wird sie die Her r schenden aus Torpak vertreiben und Benize zu ne u em Glanz führen.« Ulama verstummte und fuhr sich mit den faltigen Händen müde über die Augen. »Nun geht heim«, sagte sie matt. »Geht heim und verschließt das Wissen um Zarife tief in euren He r zen, denn das ist der Platz, der ihr gebührt.«
    Die Kinder nickten brav, erhoben sich und vera b schiedeten sich mit einem Abendgruß. Tisea wartete, bis sie gegangen waren, dann schickte auch sie sich an, die Hütte zu verlassen.
    »Tisea!« Die Stimme der Alten ließ sie zusamme n zucken. Sie hielt inne und drehte sich um. »Ja?«
    »Komm zu mir, mein Kind.« Ulama hob die dü r re Hand und deutete ein Winken an.
    Zögernd trat Tisea näher. Sie fürchtete, Ulama werde sie maßregeln, weil sie sich, obwohl dem Ki n desalter längst entwachsen, immer wieder unter die jungen Zuhörer mischte. »Ich … ich habe nur …«, setzte sie hastig zu einer Antwort an.
    »Du liebst die Legenden«, unterbrach Ulama sie. »Denkst du, ich weiß das nicht? Denkst du, ich b e merke es nicht, dass du Jahr um Jahr hierherkommst, um der Geschichte der letzten Priesterin zu la u schen?« Sie nickte bedächtig. »O ja, das denkst du fürwahr. Aber ich bin nicht so blind, wie es vielleicht den A n schein haben mag. Auch wenn meine Augen mich mit den Jahren mehr und mehr im Stich gelassen haben, so erkenne ich doch jeden von euch sofort wieder. Und nun setz dich zu mir, mein Kind. Ich habe eine Aufgabe für dich.«
    »Eine Aufgabe? Für mich?«, fragte Tisea erstaunt, während sie sich auf einer der Matten nahe dem Feuer niederließ und beobachtete, wie Ulama einen Hol z scheit auf die

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