Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Zum Teil liegt das daran, dass die Wunde nicht sofort versorgt wurde.«
»Weil sie zu viel Zeit mit mir verbracht hat.«
»Nicht zu viel, nur was nötig war.«
»Deine Mutter?« Harper warf durch die Tür einen Blick auf die Frau im Bett und legte Kadra die Hand auf die Schulter. »Können wir sie zu einem Arzt bringen?«
»Ich bin Mav, die Heilerin«, teilte ihm das kleine Mädchen mit, »und für ihre Pflege verantwortlich. Ich habe das Gift entfernt und die Wunde versorgt. Nun muss sie schlafen, bis ihr Körper wieder zu Kräften gekommen ist. Sie sagte mir, du würdest mit dem aus der anderen Welt kommen, Kadra. Du sollst essen.«
Mav füllte zwei Schalen mit der dicken Brühe aus dem Topf. »Dann musst du dich in den Wasserfällen waschen. Auf diese Weise wirst du etwas von dieser Welt mit dir in die andere nehmen. Innerhalb einer Stunde musst du wieder fort sein.«
»Möchtest du eine Weile bei deiner Mutter bleiben?«, schlug Harper vor. »Ein wenig Zeit mit ihr verbringen?«
Seine Hand streichelte ihre Schulter, eine tröstliche Geste, die sie in ihrem Leben nur selten erfahren hatte. »Dafür
bleibt keine Zeit.« Kadra drehte dem Krankenzimmer den Rücken zu.
»Sie ist deine Mutter.«
»Sie hat mich zur Welt gebracht und auf diesen Weg geführt. Nun muss ich ihm folgen.«
Sie setzte sich an den Tisch, auf dem Mav die Schalen mit der Suppe und einen runden Laib goldenen Brotes gestellt hatte. Dazu gab es Honig in einem gedrungenen Krug und Wasser, das funkelte wie Schnee.
Da er müde, hungrig und verwirrt war, setzte Harper sich ebenfalls. Das hier ist real, dachte er, als er den ersten Löffel der gehaltvollen, würzigen Brühe zu sich nahm. Kein Traum, keine Halluzination. Er hatte keineswegs den Verstand verloren.
Kadra riss sich ein Stück Brot ab, goss Honig darüber und aß so konzentriert, dass Harper wusste, dass ihr der Geschmack gleichgültig war, solange die Speise ihr neue Energie verlieh.
»Hast du Familie?«, fragte sie Mav zwischen zwei Bissen.
»Zwei jüngere Brüder. Meine Mutter, die Weberin. Mein Vater war ebenfalls Heiler. Sorak, der König der Dämonen, hat ihn heute Morgen getötet.«
»Ich war nicht schnell genug.« Kadras Stimme wurde rau vor Kummer. »Deine Mutter ist nun Witwe.«
»Wärst du nicht gekommen, hätte er uns alle getötet. Dich fürchtet er.«
»Dazu hat er auch allen Grund. Es tut mir Leid, dass der Tod euch getroffen hat.«
»Er wollte Rhee und den Schlüssel. Ihre Kräfte lassen nach, und er hat Zauberer in Dämonen verwandelt, um sie
aufzuspüren. Das hat sie mir erklärt, als ich mich um ihre Wunde kümmerte, damit ich es dir erzähle.«
Mav faltete die Hände und sagte ihre Geschichte auf, als hätte sie sie auswendig gelernt. »Die andere Welt jenseits unserer Grenzen, die mit dem blauen Himmel und der gelben Sonne, ist voller Leben, und die meisten, die dort leben, haben sich von der Magie abgekehrt. Sie werden nicht verstehen, nicht glauben wollen, welche Gefahr sie bedroht. So werden sie den Bok zum Opfer fallen. Fleisch und Leidenschaft, Unschuld und Verderbtheit. Danach gelüstet es Sorak, und nach der Macht, die er dadurch gewinnt. Der Macht, dich zu zerstören.«
»Er wird in jener Welt sterben.« Kadra leerte den Krug mit dem Quellwasser in großen Zügen. »Dies ist mein Gelübde, beim Blute deines Vaters.« Sie holte ihren Dolch heraus und zog einen flachen Schnitt über ihre Handfläche, aus dem sie das Blut auf den Tisch tropfen ließ. »Und bei dem meinen.«
»Das wird meine Mutter trösten. Aber nun darf hier kein Blut mehr vergossen werden.« Mav griff in ihre Tasche, holte ein weißes Tuch heraus und verband geschickt Kadras Wunde. »Du musst dich zur Reinigung in den Fällen waschen. Dann ist es Zeit zum Aufbruch.«
Als Kadra sich erhob, folgte Harper seufzend ihrem Beispiel. »Danke für das Essen.«
Mav senkte errötend den Blick. »Nur eine geringe Gabe für die Jägerin und den Retter. Mögen die Götter mit euch sein.«
Harper warf ihr einen letzten Blick zu. Die Kleine konnte nicht älter als zehn sein, dachte er, während er sich unter dem niedrigen Türsturz duckte.
Nur mit Mühe gelang es ihm, Kadra einzuholen. »Geht’s vielleicht ein bisschen langsamer? Ich bin mit diesem Tempo in jeder Hinsicht überfordert. Normalerweise verbringe ich meine Vormittage nicht mit Besuchen in anderen Dimensionen und der Eliminierung von Loco-Dämonen.«
»Loki.«
»Was auch immer. Bisher bist du aus dem Nichts auf mich
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