Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
mit dem Argument, ich verstünde das Sexgeschäft nicht, und sie erbot sich, es mir zu erklären. Doch mich kümmerte es einen feuchten Dreck, was sie wollte.
Ich bekam noch mehrere Briefe von ihr, und es gipfelte schließlich in der berüchtigten Hallmark-Grußkarte (die mein Verteidiger später dem Gericht vorlegte). Der handschriftliche Text war geradezu obszön, die Buchstaben waren winzig und eng aneinander gepresst. Auf der Vorderseite der Karte stand: »Sex ist ein schmutziges Geschäft.« Wenn man sie aufklappte, las man: »Aber jemand muss es ja machen.« Sie hatte noch die kleinste weiße Stelle auf der Innenseite der Karte mit ihrer winzigen nervösen Schrift bedeckt und erzählte mir von all dem Spaß, den wir haben könnten – mehr Spaß als eine Horde brünstiger Affen –, und dass sie wahrhaftig so manches zurechtrücken könnte, was ich übers Sexbusiness wusste und dachte.
Mittlerweile hatte sie mir auch einen dicken Batzen Presseausschnitte
und zwei Filme geschickt. In dem einen war sie im Bodystocking beim Seilspringen in einem Bürohochhaus zu sehen, aus dessen Fenstern man anscheinend auf Long Beach Harbor blickte. Beim Hüpfen singt sie ihr eigenes kleines Lied vor sich hin und wiederholt die Strophen ein- oder zweimal:
Porno queen, porno queen
It’s not a seamy scene
Porno queen, porno queen
You think that sounds funny?
Then why am I
Making so much money?
Es war widerlich. Sie dachte wohl, diese Art Anmache sei sehr sexy und sie selbst unwiderstehlich. Aber da irrte sie gewaltig.
Nicht lange darauf bekam ich noch einen Brief, in dem sie ankündigte, dass sie im Februar in der Stadt sei, im Stonebridge Inn in Snowmass absteige und mich treffen wolle. Diese dreiste Anmaßung war so eindeutig wie alles andere zuvor. Zu jener Zeit baggerten mich viele Girls aus Sexfilmen an. Es hatte sich nämlich rumgesprochen, was ich für Mädels wie Bambi und Jo Ann im O’Farrell getan hatte. Ich war dort der große Liebling – ich war der Nachtmanager der kleinen Leute.
Ich machte mir keine großen Gedanken über Gail Palmers bevorstehenden Besuch. Aber Deborah, meine Haushofmeisterin, hatte mit Bleistift eine Kalendernotiz gemacht – vermutlich dachte sie, ich hätte nicht genug Spaß. Was durchaus hätte der Wahrheit entsprechen können, aber Gail Palmer passte so gar nicht ins Bild. Ich hatte nicht das geringste Interesse an ihr – dieser derben Sexverkäuferin – oder an ihrer Version der Geschichte.
Am Abend des wichtigen Basketballspiels Georgetown gegen Syracuse kam Tim Charles, ein alter Freund und Georgetown-Fan,
vorbei, um sich das Spiel anzusehen und meinen Macintosh-Verstärker zu reparieren. Es gab zwei Sicherungen an der Rückseite des Verstärkers, und irgendwie wusste oder ahnte ich, dass es noch eine dritte innere Sicherung gab, was Tim nicht glauben wollte. Er bestand darauf, dass er Recht hatte, und zerlegte daher den Verstärker auf dem Küchenfußboden in seine Einzelteile, wie Kinder den berühmten Wecker. Semmes Luckett, der Enkel von Rafael Semmes, dem großen Admiral der Konföderierten, war auch da – wie immer eigentlich.
Ich war im Arbeitsfieber und versuchte immer noch, die Arbeit an Songs of the Doomed abzuschließen, woran ich ja kürzlich durch das Intermezzo mit Floyd Watkins und dem Riesenstachelschwein gehindert worden war. Cat, meine Assistentin von der University of Florida, war ebenfalls hier. Wir hatten das ganze Buch auf dem Wohnzimmertisch ausgebreitet. Cat sollte dafür sorgen, dass die drei Kopien des Manuskripts identisch blieben. Jeden Tag kam es zu neuen Änderungen, und die mussten in die beiden anderen Exemplare übertragen werden. Ich hatte mir keine Strategie zurechtgelegt, Cat zu erobern, fand aber, wir könnten später gemeinsam in den Hot Tub steigen und ein bisschen Spaß haben. Ich hatte gerade einen Artikel für irgendeine Frauenzeitschrift, Elle oder so, fertig geschrieben, und es war der richtige Augenblick für eine kleine Feier. Ich wollte das Haus möglichst leer haben und mal für eine Nacht entspannen.
Es gibt einige subtile Details in dieser Geschichte, die man kennen muss, um zu verstehen, was geschah. Ich wollte mir das Georgetown-Spiel ansehen – ich hätte das sowieso gemacht, allerdings nur mit Cat – mit ihr machte es echt Spaß, denn sie ließ es sich nicht nehmen zu wetten –, aber dann kam Tim oder Semmes mit der Information, dass nach dem Spiel die Grammys übertragen würden. Jimmy Buffett
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