Königreich der süßen Versuchung
dass du meine Nummer unter der Eins eingespeichert hast. Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du etwas brauchst.“ Er grinste. „Natürlich auch, wenn du nichts brauchst.“
Sie nickte tapfer und seufzte erleichtert auf, als er die Tür hinter sich zuzog. Endlich allein. Endlich brauchte sie sich nicht mehr zusammenzunehmen. Am liebsten hätte sie sich auf das Bett geworfen und den Tränen freien Lauf gelassen. Andererseits sehnte sie sich danach, herauszufinden, wer sie war. Vielleicht sollte sie mit der Kommode anfangen. Sie würde doch hoffentlich ihre eigenen Sachen wiedererkennen. Schnell zog sie die oberste Schublade auf und musste überrascht feststellen, dass keinerlei Ordnung herrschte. Alles war nur irgendwie hineingestopft worden. War sie so unordentlich? Auch in der nächsten Schublade herrschte das totale Chaos.
Frustriert schob sie die Schubladen wieder zu und öffnete die Schranktür. Hier war immerhin alles sorgfältig aufgehängt, Hosenanzüge und Kostüme, dazu Kleider und Röcke in gedeckten Farben. Sie schob ein paar Kleiderbügel zur Seite und nahm ein blaues Kostüm heraus. Es war leicht tailliert, aber im Übrigen ziemlich konservativ. Aber es war leicht zerknittert, nicht nur das Jackett, sondern auch der Rock. Wieso hatte sie etwas in den Schrank gehängt, das gebügelt werden musste?
Auch ein anderes Kostüm, ein Kleid, ein Hosenanzug, sie alle hatten ebenfalls ein Bügeleisen nötig … seltsam. Es sah beinahe so aus, als seien die Sachen eine gewisse Zeit lang zusammengefaltet gewesen. Was hatte das zu bedeuten? Kopfschüttelnd hängte sie das Kostüm wieder in den Schrank und ging ins Badezimmer.
Sie schnupperte. Der Duft, der in der Luft hing, kam ihr bekannt vor. Also erinnerte sie etwas! Erleichtert untersuchte sie jetzt genauer, was auf dem Glasregal aufgereiht war. Neugierig nahm sie die Kappe von einem Lippenstift ab. Igitt, was für ein scheußliches Orange! Dann öffnete sie ein Parfumfläschchen. Hm, ja, den Duft kannte sie. Er war ihr vertraut … genau wie Jake.
Jake. Sonderbar, dass ihr Gedächtnisverlust und ihre Verlobung sich quasi zeitgleich ereignet hatten. Was hatte das eine mit dem anderen zu tun? Jake war ein wunderbarer Mann. Wie liebevoll er mit ihr umging, wie sehr er sie immer wieder tröstete und ermutigte. Mit so einem Mann verlobt zu sein war wirklich ein großes Glück. Merkwürdig allerdings, dass er König dieses Landes war. Aber wahrscheinlich war das mehr oder weniger nur ein Job für ihn. Wenn sie sein Status beunruhigt hätte, hätte sie sich doch gar nicht mit ihm eingelassen.
Unwillkürlich hob sie die linke Hand und betrachtete nachdenklich den Ring mit dem auffälligen Diamanten. Sie würde sich schon noch an ihn gewöhnen, wie sie sich allmählich an diese ganze Situation gewöhnen würde. Als jemand klopfte, fuhr sie zusammen.
„Ich bin’s, Livia!“
Wer, zum Teufel, war Livia? Bisher kannten nur Jake und der Arzt ihr Problem. Aber das würde sich bald ändern, es sei denn, ihr Erinnerungsvermögen kehrte rasch zurück. Andi atmete tief durch, strich sich das Haar zurück und ging zur Tür. Oh, es war die Rothaarige von vorhin, die ihr von der Kündigung erzählt hatte. Ihr Gesicht war voller Sommersprossen, und sie grinste breit. „Warum machen Sie denn ein Geheimnis daraus?“
Was meinte Livia damit? Bezog sie sich auf die Verlobung oder auf den Gedächtnisverlust? Andi lächelte unverbindlich.
„Nie haben Sie auch nur eine Silbe erwähnt. Wie lange sind Sie denn schon …?“
„Kommen Sie rein“, forderte Andi die Rothaarige auf. Schließlich musste ja keiner mithören. Als Livia sich neugierig in dem Raum umsah, war Andi klar, dass sie noch nie hier gewesen war. Also waren sie offenbar nicht befreundet, sonst hätte sie sie wohl auch nicht gesiezt. Aber wer weiß, vielleicht konnte Livia ihr weiterhelfen. „Wir wollten nicht, dass andere es erfahren. Zumindest nicht, bevor wir uns selbst nicht sicher waren.“
Die Antwort schien Livia zufriedenzustellen. „Wie romantisch. Und das, obwohl sie schon so lange zusammenarbeiten. Ich wäre nie auf die Idee gekommen.“
„Ich kann es selbst kaum glauben.“
„Dann hatten Sie die Koffer wohl schon für die Hochzeitsreise gepackt, oder? Wohin soll es denn gehen?“
„Das weiß ich noch nicht genau.“ Jake hatte nichts von einer Hochzeitsreise gesagt. Aber erst einmal mussten sie ja schließlich auch heiraten.
„Ich hoffe, in dem Fall werde ich nicht wieder die Letzte
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