Königreich der süßen Versuchung
„Du meinst, bei der ruhmreichen Zukunft Ruthenias?“
„Genau.“
„Und wenn ich nun mein gutes amerikanisches Steak vermisse?“
„Dann brät dir die Köchin eins nach deinen Wünschen.“
„Aber ist das nicht zu aufwendig? Und woher kommen die nötigen Gewürze?“
„Die lassen wir einfliegen.“
„Auf Kosten des Steuerzahlers? Unmöglich.“
Er lachte laut los. „Eine Frau nach meinem Herzen. Erkennst du jetzt, warum ich dich heiraten will?“
„Weil ich eine kühle Rechnerin bin?“
„Nein, weil du intelligent und pragmatisch bist.“
Erst als er den Schlüssel aus der Hosentasche zog, bemerkte Andi, dass sie vor der Tür zu seiner Suite standen. Sollte sie mitgehen? Ganz sicher würden sie dann in seinem Bett landen, und das wollte sie auf keinen Fall. Denn jetzt wusste sie, wie kaltblütig und wohl kalkuliert er das letzte Mal vorgegangen war. Und doch war es die Erfüllung ihrer größten Wünsche gewesen. Aber er liebte sie nicht, das wusste sie jetzt, und so könnte sie es nicht ertragen, ihm wieder so nah zu sein.
„Ich glaube, ich gehe jetzt lieber in mein Zimmer.“ Sie blickte an sich hinunter. „Was ist denn mit diesem Kleid? Wer nimmt es in Verwahrung?“
„Niemand. Du wirst es zu dem Bankett heute Abend tragen.“
Bankett? „Aber ich habe doch gar nichts …“
„Nein, ich weiß“, unterbrach er sie schnell. „Das habe ich selbst veranlasst, um den Leuten, die von unserer Verlobung nicht gerade begeistert sind, Honig um den Bart zu schmieren.“
„Aha, so was kannst du also auch?“
„Ja, ich habe viele Talente. Hast du das noch nicht gemerkt?“
Oh, doch, leider nur zu deutlich … Wenn sie doch nur nie mit ihm geschlafen hätte. „Dann werden also heute Abend all deine Verehrerinnen mit ihren reichen Daddys kommen und über mich lästern?“ Schöne Aussichten …
„Nein.“ Er stieß die Tür auf und erwartete wohl, dass Andi ihm folgte. „Das werden sie nicht wagen.“
Das glaubst aber auch nur du. Mächtige Menschen konnten es sich leisten, keine Rücksicht auf Leute zu nehmen, die gesellschaftlich unter ihnen standen.
„Du siehst hinreißend aus.“ Jake hatte sich zu ihr umgedreht und musterte sie bewundernd.
„Danke. Ich glaube, jede Frau kann gut aussehen, wenn sich so viele Profis um sie kümmern.“
„Nein, du bist von Natur aus schön.“
Meinte er, was er sagte? Oder wollte er sie nur mit Komplimenten einlullen? Neuerdings war sie bei allem misstrauisch, was er sagte. „Mit Schmeicheleien erreicht man alles“, sagte sie lächelnd, musste aber leider unwillkürlich daran denken, dass sein Bett nicht weit entfernt war, und wurde rot. „Na ja, vielleicht nicht alles“, fügte sie schnell hinzu. „Wann beginnt das Bankett?“
„In etwa einer halben Stunde.“
„Wer hat es denn organisiert, wenn ich es nicht war?“
„Livia. Sie hat sich in den letzten Tagen wirklich bemüht, dich zu ersetzen.“
„Tatsächlich?“ Ausgerechnet Livia. Inzwischen konnte Andi sich wieder daran erinnern, dass Livia immer neidisch auf Andis bevorzugte Stellung gewesen war.
„Möchtest du ein Glas Champagner?“ Jake wies auf den Sektkühler, der auf dem kleinen Bartresen stand.
„Nein, danke.“ Sie sollte lieber einen klaren Kopf bewahren. „Aber deshalb kannst du doch ruhig etwas trinken.“
„Nein, allein macht es keinen Spaß. Komm schon, lass uns auf unsere und die Zukunft von Ruthenia trinken.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nicht bevor ich nicht weiß, ob wir eine gemeinsame Zukunft haben.“
„Wieso bist du plötzlich so widerspenstig?“
„Weil es hier um mich geht und nicht um eine Sitzordnung oder auch um einen Handelsvertrag mit einem anderen Land. Kannst du das nicht verstehen?“
„Doch. Und das beeindruckt mich. Die meisten Frauen hätten meinen Antrag, ohne zu zögern, angenommen, nur um Königin zu werden. Aber dir bedeutet das nichts, oder?“
„Nein. Ich habe mich nie danach gesehnt, mit ‚Eure Majestät‘ angeredet zu werden.“ Das entsprach absolut der Wahrheit. Wenn es ihr doch nur gelingen würde, ihm gegenüber ebenso konsequent zu sein.
„Ich mich auch nicht.“ Er zuckte kurz mit den Schultern. „Aber ich habe mich daran gewöhnt, und das wirst du auch.“
„Hast du eigentlich damit gerechnet, eines Tages König zu sein?“
„Nein, nie“, gab er zu. „Das kam alles sehr überraschend.“
„Und wie fühlst du dich dabei?“
„Ganz gut. Aber manchmal bedrückt es mich auch, dass es eine
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