Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
vorbeugend, »an der Krim.«
»Oho«, die Stimme Richters klang nicht respektlos, aber doch so, dass Magdalena sich über den Tonfall ärgerte. »Einer unserer Helden! Das ist sicher kein Zuckerschlecken!«
»Ich wünschte, alles wäre bald vorbei. Es ist doch Wahnsinn, dass so viele Menschen sterben müssen, nur … « Sie biss sich auf die Lippen, als habe sie zu viel gesagt.
Er zuckte gleichmütig die Schultern. In diesem Moment näherte sich der Zug nach Teplitz, und die Lok stampfte, in dichte Rauchschwaden gehüllt, heran. Richter ergriff, ehe sie es verhindern konnte, ihren kleinen Koffer, bahnte ihr geschickt den Weg und half ihr beim Einsteigen. Als wäre es ganz selbstverständlich, bot er ihr seinen Platz an. »Ich habe reserviert, setzen Sie sich doch. Sie müssen sehr müde sein!«
Magdalena, dankbar für so viel Fürsorge, hatte nicht die Kraft abzulehnen. Sie war tatsächlich erschöpft und matt und wusste zudem nicht genau, wie ihr künftiges Leben weitergehen sollte und was sie erwartete. In Gedanken hatte sie bereits mehrmals den Entwurf eines Briefes an Paul durchdacht, überlegt, auf welche Weise sie ihm schildern, erklären sollte, was geschehen war und warum sie nicht zum Bahnhof kommen konnte. Aber wie die richtigen Worte finden? Vor allem durfte sie den Brief nicht selbst aufgeben, um ihren Aufenthaltsort nicht zu verraten. Vielleicht tat ihr ja der Fremde den Gefallen, ihn mitzunehmen und in Berlin aufzugeben, wenn er wieder dorthin fuhr? Der hatte gerade das Fenster geöffnet und sich eine neue Zigarette angezündet. Sein Haar flatterte im Fahrtwind, während er nachdenklich in die vorbeiziehende, herbstlich bunte Landschaft hinaussah. Nach einer Weile schloss er das Fenster mit einem Ruck und sah eindringlich auf sie herab. Magdalena gefiel dieser Blick nicht, sie senkte den Kopf und schlug die Augen nieder.
Vorsichtig streckte er die Hand aus und hob ihr Kinn mit einer sanften Geste. »Sehen Sie mich doch einmal an!«, bat er leise ineinem beinahe zärtlichen Ton. »Sie sind wirklich wunderschön, kleines Mädchen. Wissen Sie das überhaupt? Ihr Verlobter ist zu beneiden.«
Damit senkte er seine hellen Augen verführerisch und mit einem tiefen Blick in die ihren.
Magdalena wandte ärgerlich und ein wenig verwirrt ihren Kopf zur Seite. »Lassen Sie das bitte! Ich möchte das nicht!« Sie erhob sich abrupt. »Danke, dass Sie mir Ihren Platz angeboten haben. Aber Sie werden ihn sicher jetzt selbst brauchen!« Mit diesen Worten nahm sie ihren Koffer und drängte sich aus dem Abteil in den Gang.
»Warten Sie doch …«, die Stimme klang enttäuscht, doch Magdalena ließ sich nicht beirren. Sie würde schon jemanden finden, der ihren Brief transportierte.
Als der Zug endlich am Bahnhof des mittelgroßen Kurortes anlangte, glaubte sie sich nach dem Gewirr in den anderen Städten in eine andere Welt versetzt. Man konnte aufatmen – alles schien beschaulich und ruhig, und es war wenig von dem Aufruhr zu spüren, in den dieser Krieg die ganze Welt versetzt hatte. Sie stieg rasch aus und wartete an den Gleisen vor den Anschlagtafeln, um sicher zu sein, dass ihre neue Bekanntschaft fort war. Dann erst sah sie sich am Bahnhofsvorplatz nach einem Taxi um. Doch der Stand war wie leergefegt und auch der Schalter bereits geschlossen. Ihr Magen knurrte jetzt beharrlich, sie war durstig und sehnte sich danach, endlich irgendwo anzukommen und ihre Beine hochzulegen. Sie setzte sich auf eine Bank unter einem Lindenbaum und schlang hastig zwei von Louises Butterbroten hinunter. Eine Viertelstunde studierte sie aufmerksam den Stadtplan – doch dann griff sie entschlossen nach ihrem Koffer und marschierte los. So weit konnte Windenstein, das Gut der von Papenburgs, doch nicht sein! Vielleicht nahm sie ja irgendein Viehkarren ein Stück mit! Es war ein leuchtender, trockener Herbsttag, aber ihre Füße schmerzten in den unbequemenStadtschuhen, und die noch warmen Sonnenstrahlen brannten auf ihrer Stirn. Gerade, als sie am Ortsrand angekommen war, hielt ein Auto mit quietschenden Bremsen vor ihr. Erschrocken trat sie zurück. Heinz Richter beugte sich charmant lächelnd aus dem Fenster. »Da sind Sie ja! Ich habe Sie schon vermisst. Können wir Sie irgendwohin mitnehmen? Steigen Sie ein – meine Schwester war so nett, mich am Bahnhof abzuholen.« Er öffnete einladend die Tür des Wagens, aus dessen Innern sie eine junge Frau freundlich ansah.
Magdalena hätte am liebsten nein gesagt, doch der
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