Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
diesen Monat berechnete. »Warum soll Magdalena uns nicht einmal besuchen kommen? Vielleicht wollte sie nach dem Tod ihrer Mutter und ihres Bruders nur in eine andere Umgebung?«
»Ach, Unsinn!«, Johannas Stimme wurde lauter. »Da stimmt doch was nicht. Sie studiert doch, und da bricht man nicht so einfach ab und reist in der Welt umher … «
»Du magst das Mädchen nur nicht!«, unterbrach Ludwig barsch. »Hast sie nie gemocht!«
Johanna wurde rot vor Ärger. »Das hab ich nicht gesagt! Aber was sollen wir mit ihr anfangen, wenn sie länger bleibt?«
»Sie hat doch selbst gesagt, dass sie helfen will, die Kinder zu beaufsichtigen. Die alte Martha wird ohnehin schlecht mit ihnen fertig. Und dann gibt es im Haus ja auch eine Menge zu tun.«
»Das glaubst du doch selbst nicht, dass sie uns nützlich ist«, platzte Johanna plötzlich heraus. »Sie war schon immer eine verwöhnte Göre! Sie wird uns bloß fremde Männer ins Haus bringen. Hast ja gesehen, sie hatte gleich einen dabei!«
»Du übertreibst immer so«, wehrte Ludwig seufzend ab, öffnete die Akte vor ihm und fuhr fort, Zahlenkolonnen zu addieren. Es hatte keinen Sinn, sich mit seiner Frau auf ein Streitthema einzulassen – sie steigerte sich bloß immer weiter hinein. Wahrscheinlich war sie auf die hübsche, langhaarige Großnichte nur eifersüchtig! Aus diesem Grund hatte sie auch ja schon einige Dienstmädchen aus dem Haus gegrault! Johanna, die sah, dass ihr Mann ihr nicht mehr zuhören wollte, drehte sich wutschnaubend auf dem Absatz herum und knallte hörbar die Tür hinter sich zu.
›Mein liebster Paul!
Ich habe lange überlegt, wie ich diesen Brief anfangen soll – zuerst sollst Du jedoch wissen, wie sehr ich Dich liebe und immer lieben werde, egal, was geschieht! Jede Nacht weine ich mich in den Schlaf, weil ich nicht weiß, wann wir uns wiedersehen und oh Du mich in der Zwischenzeit nicht völlig vergessen hast!
Es quält mich, dass ich Dir nicht schreiben kann, aus welchem Grund ich nicht zum Bahnhof gekommen bin, warum das Schicksal es wollte, dass wir uns im Café zum Goldenen Löffel verpasst haben und viele andere Dinge mehr, die Du wissen solltest! Aber ich schwöre Dir bei Gott und allem, was mir teuer ist, ich habe es versucht! Du musst mir glauben, Liebster, dass das, was geschah und worüber ich auf diesem Papier schweigen muss, nicht meine Schuld ist! Ich flehe Dich an, hab Geduld, bis ich Dir meine Geschichte Auge in Auge, Hand in Hand, erzählen kann!
Denk an mich, an den Abend, an dem wir vom Champagner und unserem Glück berauscht so unvergessliche Augenblicke erlebt haben! Kein Kaviar, kein Gericht der Welt wird mir im Leben mehr so schmecken, wie die einfachen Königsberger Klopse damals in der Hafenkneipe! Dieser Abend wird immer in meinem Herzen sein, egal, was geschieht! Gott behüte und beschütze Dich vor allen Gefahren, bis wir uns wiedersehen. Ich liebe Dich! Für immer und ewig …‹
Magdalena ließ ihren Füllhalter sinken und brach in bittere Tränen aus. Erst nach einer Weile hatte sie sich so weit gefangen, dass sie den Brief unterschreiben und in einen Umschlag stecken konnte. Sie würde ihn ihrer Zugbekanntschaft, dem Reporter mitgeben, und ihn bitten, ihn auf jeden Fall erst in Berlin in den Postkasten zu stecken. An Louise schrieb sie unter falschem Namen eine unverfängliche Ansichtskarte, die sie am Bahnhof in Berlin erstanden hatte, um ihr ein Zeichen zu geben, dass sie angekommen und alles in Ordnung sei.
Ohne ihre Koffer auszupacken oder ihre wenigen Kleider inden Schrank zu räumen, zog sie sich aus und legte sich auf das schmale Bett in dem bescheidenen Mansardenstübchen im Obergeschoß, das man ihr zugeteilt hatte. Sie war so erschöpft, dass sie sofort und mitten in ihren sehnsüchtigen Gedanken an Paul einschlief.
13. Kapitel
U NGEWOLLTE B EZIEHUNGEN
Am nächsten Tag eröffnete ihr Johanna mit verkniffener Miene, dass ihr erst einmal sehr geholfen wäre, wenn sie sich vormittags um die beiden Kleinen kümmerte und am Nachmittag deren Bruder Klaus bei den Schulaufgaben beaufsichtige. Magdalena gehorchte, aber es schien ihr schwieriger, einen Bienenschwarm einzufangen, als die beiden temperamentvollen Mädchen, Britta und Agnes, und den ziemlich ungezogenen Klaus im Zaum zu halten. Aber das war noch gar nichts gegen die Älteste, Katharina, die lang aufgeschossen, mit aparten grünen Augen und feuerrotem Haar, mehr Zeit vor dem Spiegel als bei ihren Hausaufgaben verbrachte. Das hübsche,
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