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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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Gedanke an den langen Marsch mit Koffer und Rucksack, mit schmerzenden Füßen über die lang gezogene Landstraße, ließ sie es sich anders überlegen. Sie stieg ein und lehnte sich aufseufzend in die weichen Lederpolster des grauen Cabriolets. »Vielen Dank – ich glaube wirklich, ich kann nicht mehr!«
    »Ja, und wohin soll’s nun gehen?« fragte Richter betont munter. »Clarissa, darf ich dir Magdalena von Walden, meine reizende Zugbekanntschaft vorstellen?« Er flüsterte verschwörerisch an ihrem Ohr: »Sie hat noch nicht lange den Führerschein – drum wird eine kleine Übung ihr ganz guttun.«
    Die »kleine« Schwester am Steuer, eine attraktive, weibliche Ausgabe ihres Bruders, drehte sich halb herum. Ihr Haar war blond gefärbt und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie lächelte mit rot geschminkten Lippen zu Magdalena hinüber und reichte ihr die Hand. »Freut mich. Sagen Sie ruhig Clarissa zu mir. Aber glauben Sie meinem Bruder kein Wort...«
    »Ich möchte nach Gut Windenstein«, sagte Magdalena hastig, und Clarissa zog die Augenbrauen hoch. »Das schönste und größte Gut der ganzen Gegend? Verbringen Sie Ihre Ferien dort?« Sie gab Gas, und der Wagen machte einen Satz nach vorn.
    »So könnte man es nennen«, wich Magdalena aus, die sich unter den leicht spöttischen und fordernden Blicken Richters einwenig unbehaglich fühlte. Seine Selbstsicherheit, die Art, wie er mit ihr und vielleicht mit allen Frauen umging, zog sie an und stieß sie gleichzeitig ab. Aber seine blauen Augen erinnerten sie auf fatale Weise an die Pauls.
    Sie war heilfroh, sich nicht für den Fußweg entschieden zu haben, denn die Landstraße ging nun in einen ungepflasterten, mit Büschen bewachsenen und holprigen Weg über, der erst nach etlichen Kilometern an einer breiten Kastanienallee endete. Das Tor stand offen, und im Hintergrund sah man schon das schlossähnliche Gebäude des Windensteinschen Anwesens mit seinem wuchtigen Eichenportal, zu dem eine Freitreppe hinaufführte. Es bot einen imposanten Anblick mit dem Backsteinturm aus dem 14. Jahrhundert, den breiten Erkern, den Nebengebäuden und anliegenden Ställen. Von dem großen Gutshof waren ihr eigentlich nur die Pferdekoppeln, hinter denen man weidende Kühe und Schafe erblickte, in Erinnerung geblieben.
    »So, da sind wir nun!« Heinz Richter stieg als Erster aus dem Auto und öffnete ihr direkt vor der steinernen Treppe des Herrenhauses galant den Wagenschlag, während Clarissa ihr nur kurz zuwinkte. »Sehen wir uns einmal, so lange ich noch in Teplitz bin?«
    »Vielleicht!« Magdalena konnte diese Frage jetzt unmöglich mit einem Nein beantworten.
    »Dann hole ich Sie ab – sagen wir übermorgen Nachmittag um vier?« Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang er wieder ins Auto, das in einer dichten Staubwolke davonbrauste.
    Magdalene schüttelte den Kopf. Nach typischer Reporterart hatte ihre neue Bekanntschaft sie ganz einfach überrumpelt. Sie versuchte, ihre Fassung wiederzufinden und sich auf ihr vorbereitetes Sprüchlein beim Empfang durch ihren Großonkel zu konzentrieren.
    Langsam stieg sie die Treppe hinauf. Eine Weile stand sie reglos und wie verloren mit ihrem Koffer vor dem Portal des Gutes.Kreischende Kinderstimmen drangen vom Hof her zu ihr hinüber, in die sich die scheltende des Kindermädchens mischte. Eine rothaarige Frau mittleren Alters mit einer ein wenig aus den Fugen geratenen Figur in weitem Rock und weißer Rüschenbluse tauchte hinter dem Gatter des hübschen Bauerngartens auf. Sie trug einen bunten Herbststrauß im Arm und stutzte, als sie Magdalena mit ihrem Gepäck erblickte. Zwei munter schwatzende kleine Mädchen in blau-weiß getupften Kleidern mit duftigen Puffärmeln sprangen um sie herum, hübsch anzusehen mit einem über den blonden Zöpfen thronenden Kranz aus gelben und orangefarbenen Astern. Es war ein idyllisches Bild, das so gar nicht zu der entbehrungsreichen Kriegszeit passte.
    »Du musst Johanna sein«, rief Magdalena freundlich und hielt ihr die Hand entgegen. Mit zusammengezogener Stirn kam die Frau jetzt zögernd auf sie zu. »Ich bin Magdalena, Magdalena von Walden. Erinnerst du dich nicht?«
    »Magdalena? Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht! Was machst du denn hier?«
    »Wie schön, dich zu sehen, meine Liebe!« Magdalena zwang sich zu einem strahlenden, nicht ganz echten Lächeln. »Hat Louise dir nicht geschrieben, dass ich euch besuchen komme?«
    Die Angesprochene schüttelte den Kopf. »Nein, nicht

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