Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
unendlich traurig. Wir vermissen ihn so sehr!«
»Dass es gerade ihn treffen musste«, murmelte Paul und schloss beschützend die Arme um sie, »dass er einen solchen Preis zahlen musste!« Sie barg ihren Kopf an seiner Brust und schluchzte. Erst nach einer Weile war sie imstande zu sprechen.
»Den Preis für was?«, brachte sie mit erstickter Stimme hervor. »Dafür, dass wir den Krieg gewinnen? Er wollte ihn nicht. Er war sanft und friedlich – aber man hat ihn dazu gezwungen. Sein Leben ist vorbei – seine Beerdigung hat alles in unserer Familie verändert. Nichts wird mehr so sein wie vorher. Sein Tod war völlig sinnlos. Und seitdem habe ich Alpträume – Angst um dich!« Sie sah zu ihm auf. »Siehst du denn nicht, dass alles, was Hitler will, Wahnsinn ist? Es kann nicht gut ausgehen! Und wenn wir gewinnen – wie soll dann unser Leben aussehen? Deutschland wird ein Überwachungsstaat werden! Lutzhat das schon immer gewusst – er wollte Widerstand leisten, aber er hat es nicht geschafft. Aber ich habe mir geschworen, sein Werk fortzusetzen!«
Paul runzelte die Stirn und ließ sie los. »Aber Liebling! Was redest du da – welches Werk willst du denn fortsetzen? Du als Frau kannst doch in dieser Maschinerie gar nichts bewirken. Es wäre Unsinn, dich mit irgendwelchen Torheiten in Gefahr zu bringen.«
»Torheiten?«, unterbrach ihn Magdalena und sah ihn mit tränenfeuchten Augen an. »Ich sehe das anders. Und das ist mein heiliger Ernst!«
»Du wirst nichts ändern können, glaub mir doch! Es besteht gar kein Grund dazu – wir haben bis jetzt immer gesiegt und wir werden auch weiter siegen! Deinen Bruder hat es erwischt, so wie es jedem von uns gehen kann. Er ist den Heldentod gestorben! Und Deutschland steht eine große Zukunft bevor, genauso wie der Führer es uns versprochen hat!«
»Der Führer! Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Hast du nicht von der Konferenz am Wannsee gehört, von den Verhandlungen über die sogenannte Endlösung der Judenfrage? Endlösung – das bedeutet Tod, Vernichtung! Es ist einfach Wahnsinn! Die Juden sind doch nicht anders, nur weil sie eine andere Religion haben!«
Paul zögerte. »Ja, das dachte ich auch. Eigentlich habe ich gar nichts gegen sie. Aber man kann ihnen nicht trauen, sie nehmen uns Arbeitsplätze weg, horten Geld …«
»Das sagen nur Hitler und seine Generäle«, eigensinnig schüttelte sie den Kopf, »und alle glauben es! Aber es ist nicht wahr!«
»Können wir nicht über etwas anderes reden«, lenkte er ab, »wir haben doch nur so wenig Zeit für uns! Mit dieser Diskussion werden wir die Weltgeschichte nicht ändern. Lass uns doch nur einfach unser Zusammensein genießen – die wenigen Stunden,die wir haben!« Er zog sie näher zu sich, küsste zärtlich ihr Haar, ihren Nacken und ihren Mund. Dann umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen, hob es zu sich empor und sah ihr mit ungewohntem Ernst in die Augen. »Ich möchte, dass du so bald wie möglich meine Frau wirst!« Er stieß es so heftig hervor, als habe es ihm schon die ganz Zeit auf der Zunge gebrannt. »Am liebsten gleich! Ich will nicht mehr warten! Wenn du mich wirklich lieb hast, dann lass uns heiraten, bevor ich wieder ins Feld ziehe!«
Magdalena verharrte eine Weile reglos und sah in seinen blauen Augen jene treuherzige Entschlossenheit, die sie gleich zu Beginn ihrer Liebe in den Bann gezogen hatte. Sie konnte nicht anders und fiel ihm um den Hals. »Ja, ja, tausendmal ja! Ich hab dich lieb – und ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als für immer zu dir zu gehören!«, hauchte sie ihm ins Ohr. Doch dann fiel ein Schatten über ihr Gesicht und sie senkte den Kopf. »Aber nicht jetzt, Paul – nicht in diesem ungünstigen Moment, so kurz nach Lutz Tod. Meine Mutter würde nicht zustimmen … vielleicht später, wenn sie alles ein wenig verwunden hat … «
»Ich weiß schon, sie mag mich nicht!«, Paul hatte sie losgelassen und sah trotzig zu Boden. »Ich bin ihr eben nicht gut genug. Der Sohn eines Druckers kann sich eben nicht mit einem Ministerialrat aus alter preußischer Adelsfamilie messen.«
Magdalena seufzte. Sie wusste, dass er die Wahrheit sprach. Die Mutter zog jedes Mal indigniert die Augenbrauen hoch, wenn die Rede auf Paul kam.
»Wir könnten uns heimlich verloben!«, schlug sie zaghaft vor, »dann wissen wir, dass wir zusammengehören! Komm!«, sie zog ihn mit sich. »Lass uns Ringe kaufen! Ich werde es Mama später ganz schonend
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