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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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vielen anderen Neuigkeiten und den Einzelheiten des Attentats von der Arbeit zurückkehrte, war Magdalena mit der kleinen Paula bereits aus der Wohnung verschwunden.

17. Kapitel
D ER R ÜCKZUG
    Kommandant von Seidel trat erregt, mit rotem Kopf und einem per Funk durchgegebenen Befehl in die provisorische Bretterbude, die der Unterstellung der technischen Geräte diente. »Sofort alle verfügbaren Fahrzeuge bereitstellen«, schrie er, »an der Woronesch-Front geht alles drunter und drüber. Die Russen stehen vor der Tür. Die Front ist völlig aufgelöst! Wir müssen den Rückzug sofort einleiten!«
    Paul klappte die Motorhaube des Kastenwagens zu, in dem er gerade den Verteiler gereinigt hatte. Er wischte sich die schwarzen Hände an einem Lappen ab und lächelte spöttisch. »Den Rückzug einleiten – mit welchen verfügbaren Fahrzeugen? Sie und ich wissen nur zu genau, dass dieser ganze Haufen Blech nicht mehr richtig funktioniert und wir nicht mal genügend Öl und Benzin haben.«
    »Machen Sie was, oder wollen Sie etwa zu Fuß gehen?«, schrie von Seidel, am Ende seiner Nerven.
    »Wunder kann ich keine vollbringen. Wenn wir wenigstens die Wagen der Italiener hätten, die sind noch einigermaßen brauchbar. Aber die sind ja bereits Hals über Kopf verschwunden, wie ich hörte!«
    Von Seidel ließ sich erschöpft auf eine Kiste fallen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich habe das Ganze kommen sehen. Wir sind die Dummen hier, harren auf Befehl des Führers bis auf den letzten Drücker aus und jetzt...«
    »Als ich diesen Schrotthaufen hier vorfand«, wagte Paul vorsichtig einzuwerfen, »war mir klar, wie das endet!«
    »Ja, ja«, winkte der Kommandant müde ab. »Jetzt weiß es natürlich jeder besser. Aber was sollte ich denn machen? Und wer hätte gedacht, dass die Russen uns so schnell überholen? Und dann die Lücken in den ungarischen und italienischen Stellungen … Man hat ja gar keinen Überblick mehr!«
    Es war das erste Mal, dass von Seidel wirklich Klartext sprach und den Tatsachen ins Auge sah.
    »Unsere Division muss so schnell wie möglich hier weg … «
    Von Seidel nickte. Er saß da wie ein Häufchen Elend. »Genau. Wir haben nur noch fünf Batterien. Aber unser größtes Problem ist, dass die Rückzugsstraße in Richtung Kursk inzwischen total überfüllt ist – eine völlige Katastrophe. Die Russen sind uns nicht nur auf den Fersen, sondern quasi überall, rechts, links, hinter uns und zugleich vor uns. Wer weiß denn überhaupt noch, wo die Hauptkampflinie ist? Es gibt sie ja gar nicht mehr. Jeder hat Angst und will nur Richtung Westen. Wenn ein Fahrzeug stecken bleibt, müssen andere von der Straße runter. Alles ist blockiert, gesäumt von im Graben liegenden Wagen, die teilweise umgekippt sind.«
    In diesem Augenblick riss Robert Schmidt die Tür auf. »Hast du gehört, Paul...«, er stutzte, blieb auf der Schwelle stehen und nahm Haltung an. »Oh, Verzeihung, ich wollte nicht stören«, stotterte er.
    »Treten Sie ruhig näher, Schmidt, wir haben keine Geheimnisse zu besprechen«, ermutigte ihn von Seidel, »im Gegenteil, jetzt müssen wir alle zusammenhalten, sonst geht es uns an den Kragen.« Er erhob sich und ging mit festen Stiefeltritten auf und ab. »Alles, was wir nicht mit auf den Rückzug nehmen können, verbrennen! Selbst Unbrauchbares, das wir zurücklassen, anzünden. Das ist ein Befehl!«
    Tanja, die sich nahezu unsichtbar in einer Ecke mit einem Stapelfrischer Wäsche zu schaffen gemacht hatte, fühlte, wie ihr Herz sich schmerzhaft zusammenkrampfte. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit mit Paul – so viel hatte sie verstanden! Und sie liebte ihn mit der ganzen Kraft ihres einfachen Gemütes! Sie kauerte sich in eine Ecke und schluchzte leise vor sich hin. Nein – sie konnte ihn nicht allein gehen lassen – niemals! Genauso wenig wie sie je wieder ihren ungehobelten Sergej ertragen konnte, den stämmigen, rotköpfigen Kommissar, der sie bei seinen Jähzornanfällen mit einem Birkenstock schlug! Endlich hatte sie die Liebe gefunden, nach der sie sich ihr ganzes Leben lang gesehnt hatte. Sie würde mit ihm gehen, ihm wie ein unsichtbarer Schatten folgen, an seiner Seite sein, wenn er sie brauchte. Aber was war mit Kolja, ihrem Jungen, ihrem Liebling? Er war ja fast schon groß! Er sollte bei der Großmutter bleiben, bis sie ihn später zu sich holte.
    Draußen herrschte schon eine fiebrige Geschäftigkeit, mit der der Aufbruch eingeleitet wurde. Die Parole von

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