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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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Mann, der vor ihr lag, war Anton, Anton Schäfer von der Gestapo, der ihr bis nach Berlin nachgereist war, um sie zu verhaften. Es war wie ein böser Fluch, dass sie sich immer wieder begegneten!
    »Du bist es, Magdalena?«, stöhnte er mit leiser brüchiger Stimme. »Ich hätte nicht gedacht …« Ohne den Satz zu beenden, streckte er die Hand nach ihr aus und versuchte, mit einer furchtbaren Anstrengung seinen Oberkörper zu heben. Seine Lippen wölbten sich, als wolle er unbedingt noch etwas sagen, doch dann fiel er dumpf, vor Schwäche halb bewusstlos, auf sein Lager zurück.
    »Sie kennen den Mann?«, fragte die Ärztin in verständnisvollem Tonfall. »Er ist sehr schwer verwundet – ein Granatsplitter im Kopf.« Sie senkte die Stimme: »Wir können nicht mehr viel tun. Wollen Sie bei ihm bleiben?«
    Magdalena schüttelte den Kopf, sie bebte am ganzen Körper und versuchte krampfhaft, sich zu fassen. »Nein …«, erwiderte sie mit blutleeren Lippen und drängte sich ohne ein weiteres Wort an den Pritschen vorbei und lief wie gejagt hinaus.
    Die Stadt dampfte, und die zerstörten Häuser ragten wie abgenagte Skelette in den vom Rauch verdunkelten Himmel. Überall lagen rußige Reste, glimmende Steinbrocken, die den Weg versperrten. In der Pregel schwammen undefinierbare Gegenstände. Eine Orientierung im Zentrum war fast nicht mehr möglich und das Haus in der Hafenstrasse, wo sich ihr Zimmer befunden hatte, nur noch ein Trümmerhaufen. Magdalena stand davor und merkte gar nicht, dass ihr Tränen über die Wangen liefen.
    Automatisch, wie unter einem Schock stehend, irrte sie eine Weile umher und setzte sich schließlich in Richtung Bahnhof in Bewegung. Dort war der Zugverkehr vorläufig völlig zusammengebrochen. Sie brauchte dringend ein Dach über dem Kopf, zumindest, bis die Züge wieder fuhren und sie nach Berlin zurückkonnte. Die Einzige, die ihr in diesem Moment einfiel, war Gertraud auf ihrem Rittergut. Sie musste sie bis dahin beherbergen – irgendwie würde es dann schon weitergehen. Wenn der Krieg zu Ende war … sie konnte den Gedanken nicht fortsetzen, es war wie eine Mauer in ihrem Kopf, an der jede Planung aufhörte. Ein Bauer nahm sie mit seinem Traktor bis Ellerkrug mit, und wie in Trance stand sie schließlich wieder vor der Tür des Rittergutes der von Treskows. Kaum ein Stück von dem zerstörten Königsberg entfernt, sah alles schon wieder anders aus, die Wiesen, die Bäume, wie gewohnt und in trügerischem Frieden. Die Allee, gesäumt von alten Eichen, zog sich wie ein Band bis zum Gut, das auf den ersten Blick unversehrt schien. Aber als sie näher kam, hörte sie schon das Blöken der Schafe und unruhige Trampeln der Pferde im Stall. Sie klingelte am Hauptportal, und erst nach einer langen Weile öffnete ihr Gertraud selbst.
    »Oh Magdalena!« Sie war nicht wiederzuerkennen. Die Haare zerzaust, mit vernachlässigter Kleidung und tiefen Schatten unter den Augen blickte sie ihr entgegen. Mit verzweifelter Heftigkeit fiel sie ihr um den Hals. Nichts war mehr zu spüren von der distanzierten Arroganz ein paar Tage zuvor. »Gottfried …«, sie konnte vor Schluchzen kaum ein Wort herausbringen. »Er ist, er ist … er lebt nicht mehr! Gestern hat mir ein Kamerad die Nachricht überbracht … dass er für das Vaterland gefallen ist. Er flog mit einer Transportmaschine an die Front und wurde abgeschossen – einfach so!«
    »Wie schrecklich«, murmelte Magdalena und befreite sich vorsichtig, »mein aufrichtiges Beileid, liebe Schwester. Gottfried war so überzeugt...«, sie vollendete den Satz nicht.
    »Ich kann es gar nicht fassen«, Gertraud begann immer heftiger zu weinen und sich in eine Nervenkrise hineinzusteigern. »Wie soll alles nun weitergehen?«
    Magdalena legte behutsam den Arm um ihre Schultern. »Beruhige dich!«
    Gertraud sah sie mit verweinten Augen an. »Komm herein – ich bitte dich. Ich bin ja so froh, dass du da bist. Es tut mir so leid, wie … wie ich dich behandelt habe. Alles tut mir so leid, alles!« Sie zog ihr Taschentuch und schnupfte heftig hinein, während sie durch die Halle gingen. »Ich weiß gar nicht, was ich als Erstes tun soll. Alles Schlimme bricht auf einmal über mich herein. Das ganze Personal hat aus Angst vor den Russen das Gut verlassen. Bis auf eine halbblöde Stallmagd und unsere betagte Hausdienerin bin ich ganz allein«, neues Schluchzen, »in diesem großen Haus, mit dem ganzen Vieh … du weißt doch, dass ich noch nie mit Tieren

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