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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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zusammensperrte.
    Magdalena war das, wogegen sie bisher nur auf trockenem Papier, in Flugblättern und Aufrufen protestiert hatte, plötzlich ganz nah gekommen, und es zeigte offen seine hässliche Fratze. Aber sie war hilflos und musste nur zusehen. Außer dem Wissen um die Alkoholsucht ihrer Mutter trug sie nun auch die Verantwortung für Hanna und ihren Bruder, deren Versteck man jederzeitdurch einen dummen Zufall entdecken konnte. Sie durfte gar nicht daran denken, dass der kleine Jakob vielleicht ernsthaft krank war! Gespannt erwartete sie Doktor Grabert, der heute nach ihrer Mutter sehen wollte. Sie würde ihn einfach bitten, ihr ein fiebersenkendes Medikament zu geben – ihn fragen, welche Dosierung ein Kind brauchte.
    Aber was, wenn Jakob Masern, Scharlach oder irgendeine andere, vielleicht gefährliche Kinderkrankheit hatte? Was tun, wenn sein Zustand sich verschlimmerte? Den Arzt ins Vertrauen ziehen? Das war nicht ohne Risiko: Dr. Gabert bewunderte den Führer grenzenlos und hatte nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegen die Juden gemacht. Wenn sie nur irgendjemanden um Rat fragen könnte! Endlich läutete es, und der Doktor trat ein. Er trug seine schwarze Tasche bei sich, unter deren Gewicht seine rechte Schulter in Schieflage geriet.
    »Ihre Frau Mutter leidet unter Kopfschmerzen? Kein Wunder, bei dem wechselhaften Wetter!«, begann er leutselig. »Wollen wir uns die Patientin doch gleich einmal ansehen.«
    Magdalena versuchte, in seinen Augen irgendein Zeichen, etwas wie Besorgnis zu lesen, mit der er den Zustand ihrer Mutter bereits bemerkt hatte und sich Gedanken machte, was man dagegen tun konnte. Doch dem gleichgültigen und etwas müden Ausdruck, mit dem er vor ihrem Bett stand, in dem sie tief und fest schlief, war nichts dergleichen zu entnehmen.
    »Mama?« Magdalena fasste sie bei der Schulter, um sie zu wecken, doch es gelang nicht ganz. Die Angesprochene öffnete nur halb die Augen und lallte etwas Unverständliches.
    »Sie schläft – das beschleunigt die Heilung«, sagte der Arzt, fühlte ihren Puls und setzte das Stethoskop flüchtig auf ihre Bluse. »Ein Migräneanfall ist wie ein Gewitter im Kopf!« Geschäftig zog er eine Spritze auf und verabreichte ihr eine Injektion. Dann erhob er sich, nahm ein Medikament aus seiner Tasche. »Ihr übliches Beruhigungsmittel ! «
    Er reichte der erstaunten Magdalena die Tablettenschachtel. Hatte Doktor Grabert denn nicht den starken Alkoholdunst bemerkt, der im Zimmer stand und den die Mutter bei jedem Atemzug ausströmte?
    »Geben Sie ihr davon dreimal täglich zwei Tabletten – wenn sie sehr unruhig ist, drei!«, ordnete er an.
    »Aber Herr Doktor«, begann Magdalena verständnislos, »sehen Sie denn nicht, dass …«
    »Was?«, der Arzt wandte ihr sein glatt rasiertes Gesicht zu. »Was soll ich denn sehen?«
    »Aber sie ist, sie hat …«, Magdalena kam ins Stottern, sie musste sich überwinden, die Worte auszusprechen, »sie ist doch völlig betrunken!«
    »Mein liebes Kind!«, seine Stimme klang satt und wohlwollend. »Ein paar Gläser hin und wieder werden Ihrer Mutter gewiss nicht schaden. Davon kann sie wohl in dem Alter kein Mensch mehr abbringen. Ich kenne sie sehr lange – sie hat schon immer, sagen wir mal, gerne ein wenig tief ins Glas gesehen.« Er zwinkerte ihr zu. »Damals waren Sie natürlich noch ein Kind und haben nichts bemerkt. Meine Bedenken hat sie von jeher in den Wind geschlagen. Der Tod Ihres Bruders hat die Sache natürlich verschlimmert. Aber sie wird sich schon wieder fangen. Glauben Sie mir, gegen den Alkohol gibt es kein Heilmittel. Ich habe da noch ganz andere Fälle …«Er klappte entschlossen seine Tasche zu, bereit, sich zum Gehen zu wenden.
    »Aber … aber man muss doch etwas tun!« Magdalena trat ihm in den Weg. »Sie hat heute eine ganze Karaffe Likör fallen lassen – sie saß am Boden vor den Scherben, hilflos …«
    »Ich rate Ihnen, das lieber für sich zu behalten, liebe Magdalena. Sie schaden Ihrer Mutter nur, wenn Sie die Sache unnötig aufbauschen!« Der Arzt sah sie streng hinter seinen Brillengläsern an. »Und jetzt muss ich leider gehen. Meine anderen Patienten warten auf mich! Sie brauchen mich nicht zur Tür zu begleiten.
    Ich kenne ja den Weg. Ach – halt!«, er wandte sich noch einmal um und kramte in seiner Tasche. Mit einem aufgesetzten Lächeln drückte er Magdalena eine Schachtel in die Hand. »Das hätte ich ja fast vergessen. Hier ist noch etwas zum Schlafen. Sie ist

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