Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
bist und folgt Dir, wohin Du auch gehst. Denkst Du auch an mich, mein geliebtes Herz? Die Trennung macht mir Angst und oft erwache ich aus einem Alptraum, in dem ich Dich überall suche, aber nicht finden kann! Wirst Du mir immer treu sein – werde ich gesund zurückkehren? Das sind Fragen, die mich bei der erzwungenen Ruhe immer wieder quälen. Kein Wunder: Ich sehe hier im Lazarett so viele Kameraden, die ein Bein oder gar einen Arm verloren haben … Sag, würdest Du mich auch dann noch lieben, wenn ich so verstümmelt zurückkehrte? Ich glaube, ich wagte es nicht, Dir so unter die Augen zu treten! Du, das schönste Geschöpf unter der Sonne, solltest keinem Krüppel angehören …
Aber wenn Gott will, dass ich eines Tages heil aus diesem Krieg heimkomme, dann, wenn endlich Frieden ist, möchte ich mit Dir, meine Liebste, einmal hierher zurückkehren! Dieses wunderbare Stückchen Erde mit seinen orientalisch anmutenden Überbleibseln, kleinen Schlösschen, verspielten Bauten und lieblichen Dörfern, das wir jetzt mit unseren Kanonen, Werfern und dem Blut beider Nationen beschmutzen, das unser russischer Gegner betoniert, sprengt, unterhöhlt und zu Bunkern missbraucht, das ist in Wahrheit das verlorene Paradies! Wenn du die Früchte in den Tartarendörfern sehen würdest, die Pracht der seltenen Blumen und Gewächse, den Reichtum der Kolchosen! Doch alles hat der Russe hier zerstört, den armen Leuten die Lebensader abgeschnitten, nur, damit der Feind nicht von ihren Vorräten profitiert! Dabei geben die Tartaren uns noch freiwillig von dem wenigen ab, was ihnen geblieben ist! Auf eine rührend anhängliche Art stellen sich diese einfachen Menschen nun auf unsere Seite und möchten am liebsten mit uns kämpfen …‹
Hier hielt er inne, weil mit einer Art schlechten Gewissens der Gedanke an Anouschka in ihm aufstieg, an ihre leidenschaftlichen Umarmungen und den milden, warmen Abend, an dem er mit ihr an der gastfreundlichen Tafel der Bauernfamilie gesessen hatte. Wo mochte sie jetzt sein? Mit ihrem wilden Temperament musste sie ihn doch hassen, bei allem, was er ihr vorgetäuscht hatte! Magdalenas liebliches Bild schob sich vor das der schönen Russin, ihr sanfter Blick, ihre feinen Züge verdrängten das gröbere Gesicht mit den leidenschaftlich lodernden Augen, den breiten Wangenknochen und wilden schwarzen Haaren. Wie anders sie doch war, wie zart und perlmuttern ihre Haut schimmerte, wie anmutig sie sich zu bewegen verstand! Niemals würde sie sich wie Anouschka in einen Mann verwandeln können!
Hans, der sich mit leisem Stöhnen auf der Pritsche höher zog, war erwacht und beobachtete ihn mit unverhohlener Neugier. »Du schreibst ja so fleißig – sicher an deine Frau?«
»Das wird sie hoffentlich bald sein!«, antwortete Paul mit verträumter Miene. »Ich lade dich schon jetzt zur Hochzeit ein!«
»Wenn wir das alles überleben«, seufzte Hans mit pessimistischem Unterton, »komme ich natürlich gerne!« Leiser fügte er hinzu: »Aber ich fürchte, Hitler wird sich mit diesem Sieg nicht begnügen – manchmal denke ich, er ist größenwahnsinnig geworden, will sich mit der ganzen Welt anlegen! Am liebsten würde ich abhauen! Mein Bein ist eigentlich schon ganz gesund.«
»Psst, nicht so laut!« Paul sah sich nach allen Seiten um. »Du willst wohl an die Wand gestellt werden?«
»Na dann gute Nacht!« Hans grinste, rückte das harte Rosshaarkissen zurecht und war im nächsten Moment wieder eingeschlafen.
Es war mitten in der Nacht, als Paul auf einmal einen leichten Druck auf seiner Wange spürte, einen leisen Hauch nach Jasminblüten, der ihn umwehte und sanft kitzelte. »Magdalena«, flüsterte er schlaftrunken, halb im Traum und streckte sich denweichen vollen Armen entgegen, die ihn umfingen. Er glaubte immer noch zu träumen, als er samtige, wollüstige Lippen auf den seinen fühlte und gab sich unbewusst dem leidenschaftlichen Kuss hin, der seine Sinne erregte. Der scharfe Schmerz spitzer Zähne ließ ihn jedoch im nächsten Moment zusammenzucken und hellwach werden. Nein, es war kein Traum, und es war auch nicht Magdalena, die über ihn gebeugt ihn mit funkelnden Augen betrachtete. Er schmeckte das warme Blut, das ihm übers Kinn rann und starrte der Krankenschwester ins Gesicht, die ihn mit einem seltsamen, fast wehmütigen Lächeln betrachtete.
»Du?«, fuhr er auf. »Was machst du hier?«
Anouschka legte den Finger auf die Lippen. »Du hast mich gerufen, weil du Schmerzen hast«,
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