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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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Marie war aufs Neue irritiert. War es nicht ein Verwandter von Falckenberg, mit dem sie sich so nett unterhalten hatte, als der Übeltäter in die Wohnung drang?
    Einen guten Reiter erkennt man auf der schlechtesten Mähre, einen miserablen dagegen kann das edelste Pferd nicht retten. Die Jordansche Kamelakrobatik und die verzweifelten Bemühungen des Barons, von seinem Gaul nicht en passant abgeschüttelt zu werden, lieferten den schönsten Kontrast für die Equilibristik ihrer beiden Gefährten. Honoré Langustier, bei dem man es kaum vermutet hätte, machte hoch zu Ross eine überaus passable Figur. Maupertuis, der frühere Militär, hatte ohnehin keinerlei Probleme bei diesem reiterischen Finale ihrer Expedition. Der Weg zog sich endlos. Es dunkelte bereits, als sie das Frankfurter Tor passierten.
    Kurzerhand lud der Zweite Hofküchenmeister seine Equipe zu einer Erfrischung in die Roßstraße – ein Name, der an diesemAbend sprechend genannt werden konnte. Dem Wache stehenden Gehilfen aus dem Stolzenhagenschen Laden, der innerlich diesen Sonntag bereits verfluchte, traten schier die Augen aus dem Kopf, als die vier Mann hohe Reiterei erschien.
    Da er Langustier unter den Eintreffenden bemerkte, durfte er getrost von den Fragen nach Namen und Begehr seiner Begleiter Abstand nehmen. Langustier und Jordan dagegen witterten ein Unglück, weil die Ellersche Kalesche, die sie bereits mehrfach im Hof der Charité zu Gesicht bekommen hatten, vor dem Haus parkte.
    Die äußerst unzusammenhängende und verworrene Schilderung, die der Junge zu geben vermochte, war nicht dazu angetan, ihre Besorgnis zu mindern, denn es kamen die Worte
Pistol, Überfall, ins Bein geschossen
und
das Fräulein Tochter
darin vor.
    »Der verrückte Diener ist auch da und er ist ganz unbeschädigt!« Langustier war außer sich vor Angst um seine Tochter. Er wäre am liebsten in seine Wohnung hinaufgeflogen. Doch nach dreistündigem, ungesatteltem Ritt ein Treppenhaus zu erklimmen, ist keine leichte Sache, zumal wenn man zuvor über Jahre des Reitens entwöhnt war oder es nur selten einmal gepflegt hatte. Daher verwandten die vier Herren geraume Zeit auf diese abschließende Prüfung, und zumindest drei von ihnen überlegten bei sich, ob und wie es ihnen denn möglich sein sollte, diese Probe noch einmal, und zwar talwärts gewendet, mannhaft zu bestehen.
    In den Räumen seiner Wohnung fand Langustier ein gutes Dutzend Personen vor: Neben seiner Marie, die er umgehend ans Herz drückte, bass erleichtert über ihr Wohlergehen, sah er die Witwe Stolzenhagen, den Professor Eller, der ihn nun lebhaft begrüßte und ihm seinen Assistenten Spieß vorstellte, einen Menschen, der seinem Namen leibhaft entsprach.
    Eller war mit der Behandlung des schändlichen Verbrechers beschäftigt, der an der Tür zur Bedientenkammer am Boden saß und offensichtlich arge Schmerzen litt. Jordan verständigte sich mit seinen Beamten, die ihm mitteilten, dass der verhinderte SchützeKallmorgen heiße und bei harter Befragung den Baron von Schlütern als seinen unmittelbaren Dienstherrn angegeben habe. Eine unauffällige Überwachung und – im Fluchtfalle – Ergreifung des Barons sei in die Wege geleitet. Der Polizeichef konnte es zufrieden sein.
    Als Langustier des Hohenfließischen Botschafters ansichtig wurde, stand ihm beschämend die Farce mit den Tulpenzwiebeln vor Augen, und er hoffte inständig, diese Angelegenheit nunmehr klarstellen zu können. Von Waldegg hingegen, das Gesicht lebhaft gerötet, kam ihm hilfreich zuvor:
    »Eure Verstellungskunst bewundere ich von Minute zu Minute mehr. Ich nahm Euch neulich die Tulpomania glattweg für Wahrheit ab. Allerdings war der besagte Tag nicht gerade ein Freudentag und ich somit nicht in der besten Verfassung, um Finten zu erkennen. Hättet Ihr nicht schon eine lukrative Stelle, so könnte ich Euch als Geheimagent gebrauchen.«
    Langustier lachte. Sein Blick fiel auf den in einer Ecke des Saales sitzenden Mann, der von Eller und Spieß behutsam untersucht wurde. Instinktiv spürte er, wer dies war. Seine nichtsdestotrotz erfolgende, halb fragende, halb um Bestätigung nachsuchende Geste mit Kopf und Augen, beantwortete der Botschafter mit einem diskreten Nicken. Waldegg nahm Langustier am Arm und sagte: »Was ich Euch nun anvertraue, ist für kein drittes Paar Ohren bestimmt. Die Gefahr soll nicht noch einmal heraufbeschworen werden. Wo lässt sich unbelauscht reden?«
    Der Balkon war hierfür wie geschaffen. Adler und

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