Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
Vom Netzwerk:
mich schwerlich dazu hätte bewegen können, seine Bewerbung um das Falckenbergsche Logis abschlägig zu bescheiden, obgleich mir die Vernunft riet, davon abzustehen.«
    Langustier schnaufte entzückt, als hätte er vergessen, dass die schwarze Witwe tot vor ihm lag und ihr Kompliment somit einen reichlich makaberen Beigeschmack aufwies. Konnte man sich so in einem Menschen täuschen? War es möglich, dass eine Seele zwei so unterschiedliche Seiten besaß und man nur eine davon zu Gesicht bekam? Dem Zweiten Hofküchenmeister seiner Majestät des Königs in Preußen, einem grundaufrechten Mann ohne Falsch und Fehl, war das schwer begreiflich. Doch er bezwang sich und las weiter.
    »Zu der Zeit, als von Schlütern mich gebeten, seine Frau zu werden, war mein früherer Gatte – ein Sinnbild der Treue und der Aufrichtigkeit – noch nicht lange tot und ich lebte in der Furcht, mein Leben als trauernde Witwe beschließen zu müssen. Schlütern war nun nicht nur ein stattlicher Mann, sondern auch als Protégé des Königs mehr als interessant.«
    Vom Garten drang Lärm herauf, Polizisten liefen durch das Haus. Bei diesem Aufruhr war an ein aufmerksames Lesen nicht zu denken. Langustier schnaubte und überflog nur rasch die folgenden Zeilen. Von Schlütern sollte Generalgouverneur in Hohenfließwerden; Falckenberg aber begann, Nachforschungen anzustellen.
    »Falckenbergs Unterhändler Marquard war – munkelte man – einem Komplott auf der Spur, das der Vater des jetzigen Königs geschmiedet habe, um die Schätze jenes splendiden Ländchens schneller zwischen seinen dicken Fingern drehen und neue, königsblau uniformierte lange Kerls davon kaufen zu können. Von Kindsraub, Vertauschung und Verschleppung erzählte man sich, doch kein Außenstehender konnte derartigem Gerede ernsthaft Glauben schenken. Der alte und kranke Landgraf von Hohenfließ schickte sich an, kinderlos zu sterben, und alle Untertanen durften einer sicheren Zukunft unter dem schwarzen Adler entgegensehen – war es da ungewöhnlich, dass man sich zu allerhand wirren Theorien verstieg?
    An Schlüterns Reaktion auf jene Gerüchte spürte ich, daß sie keineswegs auf Ausgeburten der Phantasie beruhten, sondern auf der lautersten, wenngleich düstersten Wahrheit. In der Unachtsamkeit einer Liebesnacht gestand mir Schlütern zudem den unglaublichen Umstand, daß sein Vater nach einer ungestümen Zeit als herumziehender Goldmacher und Wunderdoktor seinen Namen geändert hatte. Zu Zeiten des Soldatenkönigs hatte er als Baron von Syburg am damaligen Kronprinzen und jetzigen König eine fatale Kur vorgenommen, von der die Majestät ein dauerhaftes Gebrechen zurückbehielt, das sie seither außer Stande setzt, leibliche Nachkommenschaft zu bekommen.
    Die Jugenderinnerungen des kranken Andersohn ließen Falckenberg stutzig werden, da dieser recht kindlich derb vom Soldatenkönig berichtete, der einst auf dem Schlüternschen Hofgut zu Gast war. In den Reise-Memoires des verblichenen Königs war hingegen dieser Besuch als Visitation des Syburgschen Guts bei Neuruppin vermerkt!
    Falckenberg hatte somit bereits mehr als nur einen vagen Verdacht, Schlüterns Vater betreffend und es hätte wohl nicht mehrlange gedauert, bis er über dessen üble Vergangenheit rückhaltlos im Bilde gewesen wäre. Würde der König Schlütern junior unter diesen Auspizien auch nur eine Sekunde weiter protegiert haben?
    Schlüterns abschließende Rechnung – und zu einem guten Rechner hatte ihn sein skrupelloser Vater immerhin geprügelt – war so unbarmherzig wie einfach: Falckenberg, Marquard und Andersohn hatten zu verschwinden, wenn nicht alle seine Pläne zunichte werden sollten. Dass er mich zum willenlosen Werkzeug degradierte, bemerkte ich viel zu spät …«
    Die Stimme Jordans riss Langustier aus der Lektüre. Was in der Stolzenhagenschen Epistel noch folgen mochte, konnte er sich zusammenreimen, wenn er es nicht bereits aus dem Munde des Botschafters von Waldegg wußte.
    Über den Rasen kam Jordan aufgelöst herangelaufen.
    »Haben Sie noch eine Frage an den Baron? Seine Erlaucht steht im Begriff, uns zu verlassen.«
    »Für immer?«
    Jordan nickte, gänzlich überflüssigen Tränen nahe. Schon eilten die beiden zu dem kleinen Tempel, unterschritten mittels des Fluchttunnels die Begrenzungsmauer der Stadt zum Tiergarten und nahmen das Opfer des Kutschunfalles in Augenschein. Schlütern, oder besser: Syburg junior lag blutend im Staub der Straße! Der Baron kämpfte bereits

Weitere Kostenlose Bücher