Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)
mit den Elementen. Alles, was er noch herausbrachte – mochte man nun eine reichlich halbherzige Liebeserklärung darin erblicken, oder nur das Eingeständnis, zu weit gegangen zu sein, war:
»Emilie!«
Eller, nach dem man gerufen hatte, war rasch mit seiner Dienstkutsche zur Stelle. Vier Fahrgäste, zwei lebende und zwei tote, kutschierte der Chirurg auf seinem Rückweg in die Charité. Über den Ertrag dieser Mordgeschichten konnte er sich somit am allerwenigsten beklagen, höchstens darüber, dass es noch nicht Novemberwar! So war dieses schöne Studienmaterial für das Theatrum Anatomicum komplett verloren – nicht hingegen für das Collegium Medico-chirurgicum, denn er würde noch viele schöne Präparate anfertigen können! Seine Frage durfte dementsprechend nur als Versuch verstanden werden, Konversation zu machen:
»Möchte es denn damit nun sein Bewenden haben?«
Langustier konnte ihn über diesen Punkt beruhigen.
»Es sieht zum Glück alles danach aus. Diesmal haben sie zwei Mörder in ihrem Netz.«
Eller stutzte.
»Ganz recht – Falckenbergs ehemalige Zimmerwirtin wurde, was ich nie zu glauben vermöchte, wenn sie es nicht hierin eigens bekannt, …«
er schwenkte das Kuvert
»zu seinem Vollstrecker, der des Barons goldene Zukunft gefährdete. Ihr feiner Liebhaber – niemand anderer als Baron von Schlütern – hatte sie förmlich zu diesem Liebesbeweis gezwungen. Er setzte ihr den Floh ins Ohr, Falckenberg sänne auf Mittel und Wege, ihre Verehelichung durch den König verbieten zu lassen. Man stelle sich vor! Wie eine Feuerwerksrakete muss diese Lüge in ihrem liebeskranken Hirn gezündet haben. Tout ou rien. Eine Duellpistole aus Schlüterns Besitz hat sie eigenhändig entwendet und mit jenem »M« verziert, das uns soviel Kopfzerbrechen bereitete. Sie wusste um Falckenbergs Beziehung zu Marquards Gattin, und wollte uns auf diesen Holzweg bringen. Und in der Tat: Wir wären ja beinahe auch auf diesem Leim festgesessen …
Um ihr Unglück noch mit etwas Rache zu versüßen, suchte sie sterbend einen Dolch in Schlüterns Rücken zu treiben. Den schlagendsten Beweis für die Aufrichtigkeit ihres Bekenntnisses liefert nun eben dieser Dolch, denn der König hat ihn Falckenberg geschenkt, wie aus der Gravur zu ersehen: ›Frédéric à Albert, July 1740‹. Die Dame hatte ihn bei ihrem Opfer gefunden und an sich genommen.«
Jordan wurde kalkweiß. Der Schreckensmoment, da die schwarze Dame wie der Tod selbst in seinen Armen lag, konnte erst jetzt, nachdem die Anspannung der letzten Stunden langsam von ihm wich, seine volle, verheerende Wirkung entfalten.
»Ich glaube, wir haben noch eine letzte Leiche!«
Langustier fächelte dem Polizeichef mit dem Briefe der Mörderin Luft zu. Eller trieb seine Pferde an, denn sie fuhren bereits über die erste der beiden Holzbrücken, die sie noch von dem geschwungenen Weg zum Spital trennten.
Langustier fragte Eller bei dieser Gelegenheit nach den genauen Machenschaften des vorgeblichen Barons von Syburg, denn er mutmaßte, frühere Unterredungen mit dem Arzt noch in lebhafter Erinnerung, dass dieser mehr über des Königs Quecksilbertherapie wissen musste, als er angedeutet hatte. Eller gestand denn auch, bei der Behandlung des Kronprinzen zugegen gewesen zu sein und bedauerte lebhaft, seine Stimme nicht deutlicher gegen den symbolischen Zauber und das Merkur- und Venus-Brimborium erhoben zu haben, das damals veranstaltet worden sei. Aber die allverdunkelnde Gestalt des Soldatenkönigs sei zu furchteinflößend gewesen – schärfere Widerrede hätte leicht tödlich enden können. Die Zeiten seien eben noch nicht so aufgeklärt gewesen wie jetzt. Syburg habe das Aqua Permanens ungehindert als das ausschwemmende, feuchte, blaue, männliche Element anpreisen können, das die Leiden des verbrennenden, trockenen, roten, weiblichen Elements, der Venus, allein zu lindern und dauerhaft auszutilgen imstande sei.
»Da er gerade mit einem Trick, den wir alle nicht durchschauten, zwei Lot dieses schwappenden ewigen Wassers, des Quecksilbers, in festes, lauteres Gold verwandelt hatte, waren unsere Argumente gegen die Heilkraft dieses Giftes in den Augen des Königs plötzlich rein gar nichts mehr wert. Er gab sich überzeugt, dass dieser Stoff die Lösung aller Probleme war.
Im Nachhinein stimmte das ja, wie wir am Kronprinzen bald feststellenkonnten. Durch die Merkurinjektionen wurde er so unfruchtbar wie ein abgehangenes Stück Holz. Er hat sein damaliges
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