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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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sein teures Gewand. Blut troff von Stirn, Brust und Bauch. Ächzend stürzte er auf die Straße. Knapp überm Herzen hatte sich der schwarze Adlerorden tief ins Fleisch gebohrt.
    Steffen, unfähig, die Kalesche zu stoppen – geschweige denn willens, dies zu tun – raste davon. Die Wache am Potsdamer Tor bemerkte ihn gar nicht, so schnell schoss er außen vorbei, knapp eine Kollission mit einigen Bauernkarren vermeidend, deren Besitzer abseits standen und auf die Akzisezettel warteten. Die völlig überlastete Torwache kam nicht mehr hinterher.
    Ein dichter Staubmantel verhüllte nach Steffens Passage die Sicht in alle Richtungen. Erst als sich der Grauschleier legte, sahen die vor dem Tor Wartenden auf halbem Wege zum Brandenburger Tor an der Mauer eine Gruppe von Personen – Soldaten und Bürger – die sich um eine am Boden liegende Gestalt scharten. Es war etwas geschehen, doch sie hatten keine Hoffnung herauszufinden, was. Die Zeit war knapp, brav standen sie weiter an und warteten ab, denn sie wollten ja noch vor dem Mittag auf die Märkte gelangen. Aus der Ferne hörten sie Pauken und Trompeten. Die Parade vor dem königlichen Schloss hatte begonnen. Das königsblaue Gesindel durfte sich verlustierten, während sie sich die Beine in den Bauch standen neben zwei Säcken Hafer oder Weizen.
    Als die Truppe um Jordan das Palais des Barons von Schlütern erreichte, standen alle Zeichen auf Sturm. Der Diener zitterte, als Jordan fordernd Einlass begehrte.
    Die seit Stunden in der Nähe versteckten Beobachter hatten eine Dame das Haus betreten sehen. Sie war noch nicht wieder herausgekommen, musste folglich noch beim Hausherrn sein. Die Dame fand sich, nicht aber der Baron. Die Polizeibeamten durchkämmtenHaus und Garten. Der Diener schwieg verstockt und überrumpelt.
    Langustier und Jordan näherten sich der schwarz verhüllten Gestalt, die an der Brüstung der Loggia lehnte. Jordan sprach sie an, doch sie reagierte nicht. So fasste er sie sanft an der Schulter, und sie wendete sich mit unglaublicher Grazie zu ihm hin, langsam, unendlich langsam, um dann plötzlich mitsamt der klapprigen Gestalt des Polizeichefs zu Boden zu stürzen, der sich bis zuletzt krampfhaft bemühte, sie festzuhalten und am Fallen zu hindern.
    Die Dame war tot. Um ihren Hals, der sich im Niedersinken entblößt hatte, zog sich ein breites, blaurotes Würgemal, ein schauerliches Abbild des Tod bringenden seidenen Schals, der über den Boden wehte. In ihrer linken Hand hielt sie einen filigran gearbeiteten türkischen Dolch, an dessen Klinge noch Blut klebte.
    Der Schrei blieb Jordan im Halse stecken und auch Langustier brachte keinen Laut heraus. Die schwarze Dame, die dort auf der Loggia des von Schlüternschen Palais vor ihnen lag und wohl leider keinerlei Auskünfte mehr würde geben können, über nichts und niemanden, war Emilie Auguste Stolzenhagen!
    Während aus dem Garten unüberhörbare Rufe nach Jordan laut wurden, denen dieser verwirrt und mit schlotternden Knien folgte, hob Langustier einen Umschlag auf, der beim Sturz aus dem Gewand der Toten gefallen war. Er öffnete ihn und sah, dass er sich durchaus getäuscht hatte, was die Unfähigkeit der schönen Witwe zu weiteren Enthüllungen angesichts ihres jetzigen Zustandes betraf. Der Brief war indes an seine Tochter Marie gerichtet! Kurz überlegte er und haderte mit sich, ob er weiterlesen dürfte. Doch da das Schreiben weder versiegelt noch genau adressiert war, überwand er diese Scheu. Auch ging es schließlich um Staatsaffären – es war Gefahr im Verzug! Da würde ihm die Tochter diesen kleinen Vertrauensbruch sicher nicht verübeln. Er las:
    »Liebe Marie, ich adressiere diesen letzten Brief an dich, da ich mich vor dir am meisten schämen muss und ich es über den Todhinaus, der mich vielleicht schon bald ereilen wird, nicht verwinden könnte, dass du mich für unaufrichtig dir gegenüber halten müsstest. Natürlich kann mich dieser Brief nicht von meiner Schuld dispensiren und ich darf nicht auf Vergebung hoffen, weder vor einem irdischen noch vor dem himmlischen Gericht.
    Als ich das besondere Interesse deines Vaters am Schicksal Falckenbergs bemerkte, war es bereits zu spät. Ich konnte meine Zusage nicht mehr rückgängig machen. Zum Glück, liebste Marie, denn sonst hätte ich dich, du Engelskind, nicht getroffen. Zudem hatte ich, ich muss es gestehen, für deinen Vater bereits bei unserer ersten Begegnung eine eigenartige Sympathie empfunden, deren Vorhandensein

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