Königsjagd
spät.«
»Ich habe eine Idee. Sind wir nicht eben an der Bar von diesem Amerikaner vorbeigekommen?«
»Ja, Sturmbannführer.«
»Dann wollen wir mal sehen, ob er zu Hause ist. Er könnte alle unsere Probleme lösen.«
Joe Jackson und Hanna Winter standen auf dem hölzernen Balkon der Wohnung über dem Club und blickten den Tejo hoch zu den Alcantara-Docks und der Excalibur, deren Schornsteine ein Gewirr von Lagerhäusern überragten.
»Wir werden sie besser sehen können, wenn die Schlepper sie mitten auf den Fluß gezogen haben«, bemerkte Jackson.
Die Tür zum Vorzimmer wurde aufgestoßen, und als sie sich umdrehten, kamen Kleiber und Sindermann, jeder mit einer schußbereiten automatischen Walther in der Hand, hereingestürzt.
Kleiber sagte: »Was ich sage, sage ich nur einmal, verstanden, Jackson?« Jackson hatte den Arm um Hannas Schultern gelegt. »Okay. Also?«
»Ich muß zu den Alcantara-Docks, aber die Einfahrt wird leider von der Sicherheitspolizei bewacht.«
»Ach!«
»Oberst da Cunha ist persönlich anwesend. Mir ist eingefallen, daß er Sie bestimmt durchlassen wird, wenn Sie behaupten, Sie wollten die Excalibur ablegen sehen. Die natürlichste Sache von der Welt, nach Ihrer Rolle bei der Angelegenheit. Ich werde hinter Ihnen unter der Plane des Notsitzes liegen, und Sie fahren. Ich könnte Ihnen jetzt sagen, daß ich Ihnen das Rückgrat entzweischieße, wenn Sie versuchen sollten, mich an der Einfahrt zu verraten, aber das ist gar nicht nötig. Sindermann bleibt nämlich hier und kümmert sich um Fräulein Winter. Können Sie mir folgen?« Sindermann packte Hanna an den Haaren und stieß ihr die Mündung der Walther unter das Kinn.
»Fünf Sekunden«, sagte Kleiber. »Mehr haben Sie nicht, um es sich zu überlegen.«
»Okay.« Jackson hob resigniert beide Hände. »Wie Sie wollen.«
Als der Buick sich dem Hafen näherte und sie neben Joe Jacksons Bar waren, bremste Zeidler so unvermittelt, daß Schellenberg nach vorn geschleudert wurde.
»Da, Brigadeführer!« Er zeigte auf den schwarzen Mercedes, der am Ende des Piers stand. »Das sind sie. Ich kenne den Wagen.«
»Halten Sie dahinter!« befahl Schellenberg.
Im Auto war niemand, aber als er den Griff der Tür vom Personaleingang probierte, gab sie sofort nach. Er blieb einen Moment stehen und ging dann leise, die Hände in den Taschen, nach oben.
Sindermann saß an der einen Seite des Tisches, Hanna an der anderen. Sie griff nach der Kaffeekanne. »Vorsicht!« warnte er sie.
»Ich möchte nur eine Tasse Kaffee«, sagte sie, holte kurz aus, goß ihm den brühheißen Inhalt der Kanne ins Gesicht und stürzte zur Tür. Als er vor Schmerz aufschrie, stolperte sie über einen Perserteppich und fiel hin. Eine Sekunde später hatte er sie an den Haaren gepackt und riß sie hoch. »Dafür wirst du mir zahlen, du Miststück!«
»Ich denke nicht«, sagte Schellenberg leise.
Er stand in der Türöffnung, in der rechten Hand die Mauser mit dem knollenförmigen Schalldämpfer. Sindermann schlüpfte blitzschnell hinter Hanna und drückte ihr die Walther in die Seite. »Fallenlassen!« befahl er. »Sofort- oder sie stirbt.« Schellenbergs Arm sauste hoch, und er schoß ihn fast im selben Moment in den Kopf. Sindermanns Schädeldecke zersplitterte, er taumelte unter der Wucht des Aufpralls zurück auf den Balkon und stürzte über das Geländer hinunter in den Fluß.
Hanna war auf ein Knie gefallen. Ihre Haare und ihr Gesicht waren blutbespritzt. Schellenberg half ihr auf die Füße und sagte drängend: »Kleiber, wo ist er?«
»Am Anleger«, antwortete sie gepreßt. »Er hat Joe gezwungen, ihn hinzufahren. Er wollte sich hinten in seinem Sportwagen verstecken.« Er nahm ihre Hand, drehte sich um und teilte die Treppe hinunter.
Als der Buick in die Einfahrt bog, kamen mehrere Soldaten gelaufen, um ihn am Weiterfahren zu hindern. Oberst da Cunha stand in der Tür des Pförtnerhauses und sprach mit Walter Monckton. Er eilte sofort zu ihnen und zog die Augenbrauen hoch, als er Hanna Winter mit blutbeflecktem Gesicht neben Schellenberg sitzen sah. »Was ist passiert, Brigadeführer?«
»Ist Joe eben in einem silberfarbenen Mercedes-Sportwagen durchgekommen?« fragte Hanna.
»Wieso... ja, vor ein paar Minuten. Er sagte mir, er wolle den Herzog gern abfahren sehen.«
»Kleiber war bei ihm«, sagte Schellenberg. »Hinten im Wagen, und er hat ein Gewehr bei
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