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Königskinder (German Edition)

Königskinder (German Edition)

Titel: Königskinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Fischer
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Weitsicht, ihrem geliebten Träumer. Wie wird er ohne sie zurechtkommen? Wie lange dauert die Überfahrt nach Australien – wenn es denn Australien ist? Auf jeden Fall sind sie auf unabsehbare Zeit voneinander abgeschnitten. Auch ihren letzten Brief hat sie erst nach seiner Abreise geschrieben. Wer weiß, wann er ihn erreichen wird.
Primrose Mansions, 12. Juli 1940
Erich, mein Liebster, seit Montag wohne ich in Battersea, wo ich etwas im Haushalt zu tun habe und froh bin, unter Leuten zu sein. Das Leben ist recht ruhig hier, und gegenüber haben wir diesen wunderschönen Park. Ich mache mir nur Sorgen um Dich und um unsere Zukunft. Wenn Du England verlassen musst, lass es mich wissen, ich möchte auf jeden Fall mit Dir kommen. Es ist mir ein schrecklicher Gedanke, allein in diesem Land zurückzubleiben. Warum müssen wir in einem fort getrennt werden, ich kann es nicht begreifen. Was für eine Verschwendung meiner jungen Jahre! Ich weiß, ich sollte nicht klagen, schließlich ist es ein kollektives Schicksal, aber nach so vielen Jahren der Verfolgung in unserem Land sehnen wir uns doch nach ein wenig Frieden und Geborgenheit.
Deine Irka
    Dass sie «in unserem Land» geschrieben hat, überrascht sie selbst. Zwölf Jahre ist es her, seit sie nach dem Abitur zum Studium nach Wien kam. Unabhängig wollte sie sein, frei, ohne die Kontrolle von Eltern, Onkeln und Tanten. Eigentlich war Paris ihr Traumziel gewesen, Paris, wo die Künstler leben. Doch die Hauptstadt Frankreichs war in den Augen ihrer Eltern ein Sündenpfuhl, in den ihre ohnehin schon ungezügelte Tochter mit Kopfsprung eintauchen würde, das wussten sie genau und wollten es verhindern. In Wien wohnte immerhin eine jüdische Tante, die beauftragt wurde, ein Auge auf ihre Nichte zu werfen. Doch Irka hielt die Beaufsichtigung keine Woche aus und ergriff die Flucht. Frei war sie also auch bald in Wien, doch heimisch wurde sie dort nicht, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus waren allgegenwärtig. Sie fühlte sich einsam. Nie wurde sie von einem Kommilitonen nach Hause eingeladen. Es war, als ginge von ihrem Akzent, von ihrem unösterreichischen Temperament eine Bedrohung aus.
    Doch dann kam Erich, und alles war gut. Durch die Heirat mit ihm wurde sie auch noch österreichische Staatsangehörige, aber «ihr Land» wollte seine neue Bürgerin nicht behalten. Jetzt gibt es Österreich nicht mehr. England ist nun ihr Land, es hat sie immerhin aufgenommen. Und ihr nun den Mann weggenommen. Ob es zwischen Australien und England einen Luftpostverkehr gibt? Ein gewöhnlicher Brief ist bestimmt eine Ewigkeit unterwegs.
    Zwei Tage nach dem Telegramm kommt Bewegung in Irkas Leben. Ein Brief vom Germany Emergency Committee der Quäker, bei dem sie als Flüchtling registriert ist, trifft ein. Man habe die offizielle Mitteilung erhalten, ihr Mann befinde sich auf dem Weg nach Australien, und sie würde ihm innerhalb weniger Tage folgen. Es geht also tatsächlich nach Australien, Irka ist zufrieden. Umgehend solle sie ihr Gepäck – bis zu vierzig Kilo – ins Flüchtlingsbüro des Innenministeriums bringen, so der Brief weiter. Die beigelegten Anhänger für ihre Koffer seien ausgefüllt an den Gepäckstücken zu befestigen. An Bargeld dürfe sie fünf Pfund mitnehmen, an Schmuck ihren Ehering, eine Brosche und ein weiteres Stück im Wert von ebenfalls fünf Pfund. Am einunddreißigsten Juli solle sie sich in London einfinden, wo für sie im Newlands Hotel ein Zimmer gebucht sei. Unterwegs würde sie auch warme Kleidung benötigen, sie solle also sowohl Sommersachen für Australien als auch Winterkleidung einpacken. Sollte sie in England über finanzielle Mittel verfügen, würde man dafür Sorge tragen, dass ihr das Geld nach Australien überwiesen werde. Auch Gepäck, das die zugestandenen vierzig Kilo übersteigt, würde man ihr – «unter Umständen» – nachsenden, sie müsse nur eine Adresse angeben, an der es in England abzuholen sei.
    «Am einunddreißigsten! So bald schon! Du Glückliche!»
    Augenblicklich sind alle Ressentiments verflogen. Dora, Lizzi, Gusti, Käthe, ja sogar Dr. Pollak umarmen Irka und reden durcheinander.
    «Australien! Dort scheint immer die Sonne.»
    «Du musst uns ein Foto von einem Känguru schicken! Wie heißen die auf Polnisch?»
    «Ganz ähnlich: kangur .»
    «Und von einem Koala!»
    «Wisst ihr, dass die Koalas immerfort schlafen? Und wisst ihr, warum? Weil sie ausschließlich Eukalyptusblätter fressen und deshalb äußerst

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