Königsklingen (First Law - Band 3)
Nichts, und er hat Ihnen weniger als nichts erzählt! Nur noch mehr Mythen und Legenden!«
»Natürlich, Euer Eminenz«, murmelte Glokta.
Manchen Leuten kann man es einfach nicht recht machen.
Sult warf einen schlecht gelaunten Blick auf das VierseitsBrett, das vor dem Fenster stand, und seine weiß behandschuhte Hand schwebte über den Steinen, als wolle er einen Zug machen. »Ich kann schon nicht mehr zählen, wie oft Sie mich enttäuscht haben, aber ich werde Ihnen eine letzte Gelegenheit geben, sich zu beweisen. Nehmen Sie diesen Ersten der Magi noch einmal unter die Lupe. Finden Sie irgendeine Schwäche, eine Waffe, die wir gegen ihn verwenden können. Er ist der Krankheitsherd, ihn müssen wir ausbrennen.« Er stupste zornig gegen einen der weißen Steine. »Ich will ihn zerstört sehen! Ich will ihn erledigt sehen! Ich will ihn im Haus der Befragungen, in Ketten!«
Glokta schluckte. »Euer Eminenz, Bayaz hat sich im Palast eingerichtet, außerhalb meiner Reichweite. Sein Schützling ist unser neuer König ...«
Was wir uns zumindest teilweise selbst zuzuschreiben haben.
Er kniff die Lippen zusammen, aber es gelang ihm nicht, die Frage zu unterdrücken: »Wie soll ich das anstellen?«
»Wie?«, schrie Sult. »Wie, Sie verkrüppelter Wurm?« Er wischte wütend über das Spielbrett und schleuderte die Steine auf den Boden.
Nun frage ich mich, wer wird sich wohl wieder bücken müssen, um die aufzuheben?
Als würden sie vom Ton der Stimme des Erzlektors gesteuert, lösten sich die sechs Praktikalen von der Wand und machten einen bedrohlichen Schritt in die Raumesmitte. »Wenn ich mich um jede Kleinigkeit selbst kümmern wollte, dann würde ich Ihrer wertlosen Dienste überhaupt nicht bedürfen! Ziehen Sie los und sehen Sie zu, dass das erledigt wird, Sie schleimiger Krüppel!«
»Euer Eminenz ist zu freundlich«, murmelte Glokta und neigte erneut den Kopf.
Aber selbst der niederste Hund braucht es gelegentlich einmal, dass man ihn hinter den Ohren krault, sonst geht er seinem Herrn irgendwann vielleicht einmal an die Kehle ...
»Und überprüfen Sie seine Geschichte, wo Sie schon mal dabei sind.«
»Welche Geschichte, Herr Erzlektor?«
»Dieses Märchen von Carmee dan Roth!« Sults Augen verengten sich noch weiter, und tiefe Falten gruben sich in seine Nasenwurzel. »Wenn wir die Leine schon nicht selbst in die Hand bekommen können, müssen wir eben den Hund einschläfern lassen, verstehen Sie?«
Glokta fühlte, wie sein Auge zuckte, obwohl er sich mühte, es ruhig zu halten.
Wir finden einen Weg, um König Jezals Regierungszeit abrupt zu beenden. Gefährlich. Wäre die Union ein Schiff, dann hätte sie kürzlich einen schweren Sturm erlebt und würde noch immer sehr krängen. Einen Kapitän haben wir schon verloren. Wenn wir jetzt den nächsten ersetzen, bricht uns vielleicht das ganze Schiff auseinander. Dann
werden wir alle in tiefem, kaltem, unbekanntem Wasser schwimmen. Wie wär’s mit einem schönen kleinen Bürgerkrieg?
Er warf einen düsteren Blick auf die Vierseits-Steine, die auf dem Boden lagen.
Aber Seine Eminenz hat gesprochen. Wie hat Schickel noch gesagt? Wenn dein Meister dir eine Aufgabe anvertraut, dann tust du dein Bestes, um sie zu erfüllen. Selbst wenn es eine dunkle Aufgabe ist. Und einige von uns sind nur für dunkle Aufgaben geeignet.
»Carmee dan Roth und ihr Bastard. Ich werde die Wahrheit darüber herausfinden, Euer Eminenz, darauf können Sie sich verlassen.«
Sults abfälliger Gesichtsausdruck wurde noch verächtlicher. »Wenn ich das nur glauben könnte!«
Im Haus der Befragungen herrschte für diese späte Stunde reges Treiben. Glokta sah dennoch niemanden, als er den Korridor entlanghumpelte. Seine armseligen verbliebenen Zähne hatte er in die Unterlippe gebohrt, und seine Hand umkrallte den Griff seines Stocks, ganz rutschig vor Schweiß. Er sah niemanden, aber er hörte sie.
Stimmen drangen hinter den eisenbeschlagenen Türen hervor. Leise und beharrlich.
Sie stellen Fragen.
Hoch und verzweifelt.
Sie sprudeln Antworten heraus.
Gelegentlich unterbrach ein Aufschrei, ein Aufbrüllen oder Schmerzgeheul das lastende Schweigen.
Das muss man nicht erklären.
Severard lehnte an der dreckigen Wand, als Glokta auf ihn zuhumpelte. Er hatte einen Fuß gegen den Putz gestützt und pfiff tonlos hinter seiner Maske.
»Was ist denn passiert?«, fragte Glokta.
»Ein paar von Lord Brocks Leuten haben sich betrunken und sind dann ausfällig geworden. Ungefähr fünfzig Mann
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