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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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diese Weisheit lernen, wenn er nicht mehr da war. Niemand würde ihn besonders vermissen, vermutete er. Aber was machte das schon? Es spielt doch überhaupt keine Rolle, was Menschen von einem denken, nachdem man wieder zu Schlamm geworden ist.
    Er bog die Finger um den Griff von Kanedias’ Schwert, fühlte, wie die eingeritzten Rillen seine Handfläche kitzelten. Langsam zog er es aus der Scheide und senkte den Arm, ließ die Schultern kreisen und bewegte den Kopf von einer Seite zur anderen. Noch ein kalter Atemzug, ein und aus, dann setzte er einen Fuß vor den anderen und ging durch die Menge, die sich in einem weiten Bogen um das Tor versammelt hatte. Eine Mischung aus Hundsmanns Carls und Crummocks Bergmenschen und ein paar Unionssoldaten, die vom Dienst beurlaubt worden waren, um dabei zuzusehen, wie sich die verrückten Nordländer gegenseitig umbrachten. Manche riefen ihm etwas zu, als er an ihnen vorbeikam, und alle wussten sie, dass bei dieser Sache viele Leben mehr auf dem Spiel standen als nur Logens eigenes.
    »Es ist Neunfinger!«
    »Der Blutige Neuner.«
    »Mach der Sache ein Ende!«
    »Bring den Drecksack um!«
    Sie hatten ihre Schilde, alle Männer, die Logen ausgewählt hatte, damit sie für ihn den Schildwall bildeten, und sie standen in einem ernsten Knäuel in der Nähe der Mauer. West war darunter, und Pike, und Rotkapp, sogar Espe. Logen fragte sich, ob er mit ihm einen Fehler gemacht hatte, aber er hatte dem Mann in den Bergen das Leben gerettet, und das sollte zumindest ein wenig zählen. Ein wenig war natürlich ein dünner Faden, um das eigene Leben daran zu knüpfen, aber immerhin etwas. Sein Leben hatte an einem dünnen Faden gehangen, solange er sich erinnern konnte.
    Crummock-i-Phail fiel neben ihm in denselben Schritt. Sein großer Schild sah an dem dicken Arm klein aus; die andere Hand ruhte locker auf seinem Bauch. »Freust du dich auf den Kampf, Blutiger Neuner? Ich tue es, das kann ich dir sagen!«
    Hände klopften auf seine Schultern, Stimmen äußerten ermunternde Worte, aber Logen sagte nichts. Er sah weder nach links noch nach rechts, als er sich bis in den abgemähten Kreis vorarbeitete. Er fühlte, wie die Männer hinter ihm die Reihen schlossen, hörte, wie sie ihre Schilde in einem Halbkreis rund um die Fläche mit dem abgeschnittenen Gras aufstellten und dabei den Toren von Carleon entgegenblickten. Dahinter drängte sich die Menge der Übrigen zusammen. Die Leute flüsterten miteinander. Reckten die Hälse, um etwas zu sehen. Jetzt gab es kein Zurück mehr, das war Tatsache. Aber andererseits hatte es dieses Zurück nie gegeben. Sein ganzes Leben lang war er diesem Tag entgegengegangen. Logen blieb in der Mitte des Kreises stehen und wandte sein Gesicht zu den Zinnen der Festung empor.
    »Es ist Sonnenaufgang!«, brüllte er. »Lasst uns anfangen!«
    Schweigen folgte, als die Worte verhallten, und der Wind wirbelte einige lose Blätter über das Gras. Das Schweigen hielt so lange, dass Logen schon hoffte, niemand würde antworten. Dass sie alle im Schutze der Nacht irgendwohin abgehauen wären und es gar keinen Zweikampf geben würde.
    Dann erschienen Gesichter oben an der Mauer. Eins hier, eins dort, dann viele, die schließlich in beiden Richtungen, soweit Logen sehen konnte, die Brustwehr säumten. Hunderte von Leuten – Krieger, Frauen, sogar Kinder, die man auf die Schultern genommen hatte. Jeder in der Stadt, so wie es aussah. Metall kreischte, Holz knarrte, und die hohen Tore schwangen ganz langsam auf; der Schein der aufgehenden Sonne drang durch den Spalt und brach schließlich breit durch das offene Tor. Männer marschierten in zwei Reihen hinaus. Carls, mit harten Gesichtern und verfilztem Haar, in schweren, rasselnden Kettenpanzern, bemalte Schilde am Arm.
    Logen kannte einige von ihnen. Ein paar gehörten zu Bethods engstem Kreis und waren von Anfang an bei ihm gewesen. Harte Männer, die mehr als einmal den Schildwall für Logen gestellt hatten, damals, vor langer Zeit. Sie bildeten ihre eigene Hälfte des Rings und schlossen damit den Kreis. Eine Mauer aus Schilden – Tiergesichter, Bäume und Türme, fließendes Wasser, gekreuzte Äxte, alle vernarbt und abgestoßen von Hunderten früherer Kämpfe. Alle waren nach innen gerichtet, zu Logen. Ein Käfig aus Menschen und Holz, und hinaus kam man nur, indem man tötete. Oder selbst tot war, natürlich.
    Ein schwarzer Schatten erstand im hellen Tor. Wie ein Mensch, nur größer; er schien bis ganz an den

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