Königsklingen (First Law - Band 3)
klingen.«
Hoffs rotes Gesicht war beträchtlich blasser geworden. »Natürlich, aber ...«
»Sie sind sich der Tatsache bewusst, dass ich zwei Jahre Folter überlebt habe? Zwei Jahre in der Hölle, nur um jetzt vor Ihnen zu stehen. Oder zu lehnen, verdreht wie eine alte Baumwurzel. Ein verkrüppelter, elender, lächerlicher Schatten eines Mannes, nicht wahr, Lord Hoff? Seien wir ehrlich zueinander. Manchmal verliere ich die Kontrolle über mein eigenes Bein. Meine Augen. Mein Gesicht.« Er schnaubte. »Wenn man es denn ein Gesicht nennen kann. Auch meine Eingeweide sind recht widerspenstig. Oft wache ich in meiner eigenen Kacke auf. Ich leide ständige Schmerzen und werde endlos von den Erinnerungen an all das geplagt, was ich verloren habe.« Er fühlte sein linkes Auge zucken.
Soll es doch zucken.
»Daher verstehen Sie sicherlich, dass ich trotz meiner stetigen Bemühungen, ein Mann mit sonnigem Gemüt zu sein, immer wieder feststelle, dass ich die Welt verabscheue, samt allem, was sich auf ihr tummelt, allem voran mich selbst. Ein bedauerlicher Zustand ohne Aussicht auf Heilung.«
Der Lord Schatzmeister leckte sich unsicher die Lippen. »Sie haben mein vollstes Mitgefühl, aber ich begreife nicht, was das jetzt für eine Bedeutung hat.«
Glokta kam plötzlich sehr nahe, ignorierte den Krampf, der sein Bein hinaufschoss, und schob Hoff rückwärts gegen den Tisch. »Ihr Mitgefühl ist weniger als wertlos, und die Bedeutung ist diese: Wenn Sie wissen, wer ich bin, was ich erlitten habe und was ich immer noch erleide ... können Sie sich dann vorstellen, dass es noch irgendetwas auf dieser Welt gibt, das ich fürchte? Irgendeine Tat, vor der ich zurückschrecken würde? Der unerträglichste Schmerz anderer erweckt in mir allenfalls ... leichte Verstimmung.« Glokta ruckte noch näher an ihn heran, zog die Lippen zurück, so dass die zerstörten Zähne sichtbar wurden, ließ sein Gesicht zucken und sein Auge tränen. »Wenn Ihnen all das bewusst ist ... halten Sie es dann für weise ... für einen Mann, der dort steht, wo Sie jetzt stehen ... Drohungen auszustoßen? Drohungen gegen meine Frau? Gegen
mein
ungeborenes Kind?«
»Eine Drohung war nicht beabsichtigt, natürlich nicht, ich würde doch nie ...«
»Das wäre auch nicht ratsam, Lord Hoff! Das wäre nicht ratsam. Bei der kleinsten Spur von Gewalt gegen sie ... nun, ich möchte Ihnen nicht einmal zumuten, sich den unmenschlichen Schrecken meiner Antwort vorstellen zu müssen.« Noch näher kam er, so nahe, dass seine Spucke sich wie sanfter Nebel auf Hoffs bebende Hängebacken legte. »Ich kann es nicht zulassen, dass über dieses Thema weiterhin auch nur geredet wird. Ich kann nicht einmal zulassen, dass es gerüchteweise überhaupt ein solches Thema gibt. Es wäre ... einfach ... nicht ratsam, Lord Hoff, dass ein augenloser, zungenloser, gesichtsloser, fingerloser, schwanzloser Fleischberg Ihren Sitz im Geschlossenen Rat einnehmen würde.« Er trat zur Seite und grinste auf besonders ekelerregende Art. »Denn, mein lieber Lord Schatzkanzler ... wer würde dann den ganzen Wein trinken?«
Es war ein wundervoller Herbsttag in Adua, und die Sonne schien angenehm durch die Äste der duftenden Obstbäume und warf einen unregelmäßigen Schatten auf das Gras darunter. Eine angenehme Brise wehte durch den Obstgarten und zupfte am karmesinroten Mantel des Königs, als er majestätisch über den Rasen schritt, wie auch am weißen Mantel seines Erzlektors, der, auf seinen Stock gestützt, in respektvollem Abstand hinter seinem Herrscher herhinkte. Vögel zwitscherten in den Zweigen, und die auf Hochglanz polierten Stiefel Seiner Majestät knirschten auf dem Kies; ein Geräusch, das zart und angenehm von den weißen Palastgebäuden widerhallte.
Von der anderen Seite der hohen Mauern drang leise entfernter Arbeitslärm. Das Klopfen der Hacken und Hämmer, das Kratzen der Schaufeln und das Klappern von Steinen. Die entfernten Rufe von Zimmerleuten und Maurern. Für Jezals Ohren waren dies überaus angenehme Laute. Der Klang des Wiederaufbaus.
»Es wird natürlich eine Zeit dauern«, sagte er. »Natürlich.«
»Jahre vielleicht. Aber ein großer Teil des Schutts ist inzwischen abgetragen worden. Man hat damit begonnen, die nur leicht beschädigten Häuser wieder instand zu setzen. Bevor Sie sich versehen, wird der Agriont großartiger dastehen als zuvor. Diese Aufgabe ist mir eine Herzensangelegenheit.«
Glokta neigte den Kopf noch weiter. »Und daher auch
Weitere Kostenlose Bücher