Können diese Augen lügen?
Agnes in den Raum. Sie trug einen großen roten Hut und einen lilafarbenen Mantel, in dem sie genauso breit wie hoch wirkte.
» Hi, Vannie. Erinnerst du dich noch an mich?«, fragte sie mit ihrer Singsangstimme. » Peters Lieblingstante.« Ich hatte Angst, sie könnte versuchen, mich in die Wange zu kneifen.
Joe rannte sofort zu ihr und setzte sich vor ihre Füße.
» Du bist ja ein Süßer!«, quiekte sie entzückt und beugte sich zu ihm, woraufhin er ihr über das Gesicht leckte. Sie legte die Hände unter seine Schnauze. » Ein ganz lieber Hund bist du, nicht wahr? O ja, das bist du.«
» Joe scheint dich zu lieben, Tante Agnes.« Ich lächelte breit. Dieses eine Mal freute ich mich, sie zu sehen.
Charles verzog das Gesicht und drückte seine Zigarette in dem Kaffeebecher aus.
» Das hier ist für dich, Van.« Agnes drückte mir eine rote Geschenktüte in die Hand. Sie war ziemlich schwer. » Eine kleine Aufmerksamkeit für unsere Gastgeberin.« Sie wandte sich an Charles. » Wie geht es dir, Charlie? Ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnerst. Wir haben uns letztes Jahr auf der Verlobungsparty kennengelernt. Auf der Hochzeit habe ich dich aber kaum gesehen.«
Charles grunzte ein Hallo und setzte sich auf die Couch. Er sank so tief ein, dass seine Knie fast seine Brust berührten.
» Komm, wir bringen das hier in die Küche.« Agnes tippte gegen die Tüte, legte einen Arm um meine Taille und zog mich mit sich. » Es hat mir so leidgetan, dass wir auf der Hochzeit keine Gelegenheit hatten, miteinander zu reden.«
» Mir auch.« Ich schämte mich, weil ich ihr damals bewusst aus dem Weg gegangen war. Im Moment empfand ich es als ausgesprochen tröstlich, mit Agnes zu plaudern.
Sie öffnete die Schränke, bis sie den richtigen fand, und nahm zwei Gläser heraus. » Ich habe dich immer gemocht, Van. Du bist gut für meinen Peter.«
Ich hielt noch immer die rote Tüte in der Hand. Agnes griff hinein und förderte eine Flasche Maker’s Mark zutage. Dann holte sie Eiswürfel aus dem Kühlfach und ließ sie in die Gläser fallen, bevor sie einen Milchkarton aus dem Kühlschrank nahm, daran schnupperte, beide Gläser bis zur Hälfte voll schenkte und mir dann bedeutete, sie mit Bourbon aufzufüllen.
Ich goss ein paar Fingerbreit in die Gläser und sah sie fragend an. Als sie lächelnd die Brauen hob, schenkte ich ihr noch etwas nach.
» Perfekt.«
Sie hob ihr Glas. Ich tat es ihr nach.
» Auf Pete«, sagte sie.
» Yeah.« Ich stieß mit ihr an.
» Weiß Pete schon, dass Joe ein Hund ist?« Agnes nippte an ihrem Drink und sah mich an. Das Funkeln in ihren Augen schien durch die Krähenfüße, die sie umgaben, noch verstärkt zu werden. Ich wusste, dass Peter sie ständig anrief, aber ich konnte nicht glauben, dass er ihr von Joe erzählt hatte. Das war sogar für Peter und Agnes starker Tobak.
» Hast du das absichtlich getan?«
» Er hat dir tatsächlich von Joe erzählt?« Ich trank einen großen Schluck von meiner Milch. Vermutlich würde ich nicht damit durchkommen, wenn ich so tat, als wüsste ich nicht, wovon sie sprach. Die Milch milderte das Brennen des Bourbons, aber ich spürte ihn trotzdem.
» Süße, dieser Junge redet von nichts anderem. Ich weiß bald nicht mehr, was ich mit ihm anfangen soll.« Sie trank gleichfalls einen großen Schluck. » Er hält es für einen geschickten Schachzug, mir zu erzählen, du hättest einen Freund, und vorzugeben, das interessiere ihn überhaupt nicht. Aber du weißt ja, wie er ist.« Sie sah mir direkt in die Augen, um mir zu verstehen zu geben, dass hinter ihren Worten noch mehr steckte. Ihre Augen waren genauso graublau wie Peters. » Ihm liegt sehr viel an dir.«
» Ich… es ist einfach so passiert«, stammelte ich, von ihrer Offenheit und dem Marker’s Mark überwältigt. Es war das erste Mal, dass ich etwas zugab, das mit Peter zusammenhing. Ich hatte die einzelnen Puzzleteile bislang sorgsam gehütet, aber Agnes jetzt gerade eines gezeigt. Eines würde zum anderen kommen, bis das Gesamtbild für alle sichtbar war.
» Ach, Süße, nach dieser ganzen Zeit musste das ja so kommen.« Agnes tätschelte meinen Arm.
Ich wusste nicht genau, was sie meinte oder ob wir aneinander vorbeiredeten. Rasch trank ich einen weiteren Schluck von meinem Drink. Mein Magen war warm und wurde immer wärmer.
» So, Van, wobei kann ich dir jetzt helfen?«, fragte Agnes.
» Äh… bei gar nichts. Das ist ja das Problem.«
» Irgendetwas muss es doch geben.«
Ich
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