Kohärenz 01 - Black*Out
Jones nach, »wäre dann eine Art künstlicher Balken in ein anderes Gehirn hinein?«
»So verstehe ich das auch, ja. Doch wenn ich mir versuche vorzustellen, was das für Folgen haben muss …« Dr. Connery schüttelte den Kopf. »Trotzdem. Was für eine Idee!«
»Eine naheliegende Idee, wenn man erst einmal angefangen hat, mit Brain-Computer-Interfaces zu experimentieren«, sagte Jeremiah Jones. »Geradezu zwangsläufig. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es jemand versucht.«
»Und dass Linus vor so einem Versuch nicht zurückschrecken würde, hätte ich mir eigentlich denken können.« Dr. Connery faltete die Hände, stützte sein Kinn darauf und wandte sich wieder Christopher zu. »Ihr seid also nach Großbritannien zurückgekehrt mit nichts als dem, was ihr am Leib getragen habt?«
»Sozusagen. Natürlich haben wir unterwegs ein paar Sachen gekauft.«
»Und weiter? Was ist dann passiert? Ich nehme an, Linus hat sich wieder gemeldet.«
»Nein.«
»Sondern?« Der Neurologe kniff die Augen zusammen. »Irgendetwas muss ja wohl passiert sein. Sonst wärst du jetzt nicht hier, oder?«
Christopher sah in die Runde, sah Serenity an, Kyle, all die Leute, die um das Feuer saßen und ihm zuhörten. Erst jetzt fiel ihm auf, wie viele es waren.
»Ja.« Christopher nickte. »Es ist etwas passiert.«
Ihm graute vor dem, was noch zu erzählen blieb.
43 | Es gelang ihnen nie mehr so richtig, in ihr altes Leben zurückzukehren. Immer wenn es gerade anfing, sich wieder so anzufühlen wie vor ihrer Reise nach Singapur, passierte irgendetwas, das für Aufregung sorgte.
Zuerst war es Christophers Großvater. Er erlitt einen Schlaganfall, zum Glück keinen schweren, aber er würde zumindest für einige Zeit auf Hilfe angewiesen sein.
Das hatte zur Folge, dass Mutter regelmäßig nach Deutschland flog, um sich um ihren Vater zu kümmern. Eine Pflegekraft wurde engagiert, die täglich nach Großvater sah. In dem alten Haus mussten einige Dinge umgebaut werden, damit er weiterhin darin wohnen konnte.
All das kostete Geld und nicht wenig. Dad hatte sich wieder selbstständig machen wollen, doch dieses Vorhaben musste erst einmal auf Eis gelegt werden. Die Ersparnisse der Familie schmolzen zu schnell dahin, als dass man jetzt hätte Risiken eingehen können.
»Und wenn wir deinen Vater doch zu uns holen?«, schlug Dad vor. »Klar, unser Haus ist nicht gerade riesig, aber eine Person mehr, das müsste gehen.«
»Vergiss es«, meinte Mutter. »Darüber habe ich schon mit ihm geredet. Das will er auf keinen Fall. Er hat sein ganzes Leben lang in diesem alten Kasten gelebt; er ist fest entschlossen, dort auch zu sterben.«
Dad nickte; er kannte seinen Schwiegervater nun schon zu lange, um überrascht zu sein. »Das Problem ist, dass wir nicht ohne Weiteres zu ihm ziehen können. Nicht, solange ich meinen Job hier habe und wir auf das Geld angewiesen sind.«
Daraufhin kehrte Schweigen ein. Allen war klar, dass es eine dritte Alternative gab: dass nämlich Mutter allein nach Frankfurt ging, während Dad und Christopher in England blieben. Doch das hätte eine Trennung der Familie auf unabsehbare Zeit bedeutet.
Also machten sie erst einmal einfach weiter: Mutter flog jede Woche nach Frankfurt, Dad arbeitete wie gehabt an dem Projekt in dem Londoner Krankenhaus, und alle hofften sie, dass es Christophers Großvater bald besser gehen würde.
Kurz darauf eine angenehme Überraschung: Dad erhielt eine Einladung zu einem wissenschaftlichen Kongress. Thema war der Einsatz von Computern im klinischen Bereich, und Dad sollte ein Referat darüber halten, wie man den Schutz von Patientendaten in der Praxis sicherstellte – sein momentanes Spezialthema.
Der Hammer dabei war: Stattfinden sollte die Tagung – in Acapulco! Dem Schreiben lagen Prospekte bei, die Palmen und lange Strände zeigten und Menschen, die sich in der Sonne aalten.
»Toll!« Christophers Mutter freute sich sichtlich für seinen Dad. »Mexiko! Das ist ja fast wie ein Lotteriegewinn!«
»Ich weiß nicht«, brummte Dad. »Einen Vortrag halten? Kann ich das überhaupt?«
»Klar kannst du das!«, erklärte Christophers Mutter entschieden. »Mach das. Deiner Karriere wird es nicht schaden, und zumindest bist du dann wenigstens einmal im Leben in Acapulco gewesen.«
Also sagte Dad zu und verbrachte anschließend viele Abende damit, Folien vorzubereiten und einen Vortragstext auszuarbeiten, den er ihnen immer wieder vorlas, wenn er meinte, bessere Formulierungen
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