Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
es nicht, Guy zuzusehen. Erst tippte er fünf Minuten wie wild auf der Tastatur herum, dann kamen die Getränke. Während Serenity ihre Schokolade in sparsamen Schlucken trank, saß Guy da, starrte eine Reihe von Zahlen und Buchstaben in einem Bildschirmfenster, massierte sich die Schläfen und sagte kein Wort.
    »Und?«, fragte sie schließlich. Das Schiff schaukelte jetzt doch spürbar. Sie merkte, dass sie allmählich müde wurde.
    »Knifflig«, erwiderte Guy, ohne den Blick vom Schirm zu wenden.
    »Was meinst du, wie lange du noch brauchst?«
    »Kann man nie wissen. Das macht dieses Spiel ja so spannend.«
    »Ist es okay, wenn ich schon mal schlafen gehe?«
    »Klar.« Er schob ihr den Wagenschlüssel hin. »Kannst abschließen, ich hab noch ein zweites Paar Schlüssel.«
    Also trank Serenity vollends aus, überließ Guy das mit dem Bezahlen und suchte den Weg zurück zum Auto. Zähneputzen und Katzenwäsche brauchten keine drei Minuten, dann schlüpfte sie schon in den Schlafanzug und ins Bett.
    Doch als sie dalag und auf den Schlaf wartete, kamen stattdessen Erinnerungen – mit einer Wucht, die sie nicht erwartet hatte. Christopher in Handschellen, bewacht von bulligen Männern, allein auf dem menschenleeren Platz: Dieses kleine, grün-weiße Bild auf dem Monitor verfolgte sie, brannte regelrecht in ihr.
    Sie hatte ihn verloren. War nicht alles, was sie jetzt noch unternahm, letztlich nur der Versuch, das nicht wahrhaben zu müssen? Sie wünschte sich, weinen zu können, doch während sie auf die Tränen wartete, wiegte sie das sanfte Schaukeln und Rollen des Schiffes in den Schlaf.
    Mitten in der Nacht rüttelte sie jemand an der Schulter. »Was denn?«, murmelte Serenity schlaftrunken.
    »Ich hab's geschafft«, flüsterte Guy aufgeregt. Seine Augen waren rot gerändert. »Ich hab mich ins Sicherheitssystem des Emergent Building gehackt. Ich weiß, wo sie Christopher festhalten. Und ich weiß, wie wir reinkommen!«

85

    Christopher schlug die Augen auf. Irgendwas war mit seinem Kopf, irgendwas war anders als sonst. Und er fühlte sich so schwer, so unglaublich schwer ...
    Er wäre beinahe wieder weggedämmert, als ihm plötzlich klar wurde, was anders geworden war: Er spürte das Feld nicht mehr!
    Ruckartig fuhr er hoch. Wo war er? Was war passiert? Er betastete sein Gesicht. In einem Nasenloch steckte ein dicker Wattepfropfen. Er zog ihn heraus, sah, dass er vollgesogen war mit Blut. Er berührte die Nase. Sie fühlte sich wund an, aber Blut kam keins mehr.
    Richtig. Die Operation. Was hatten sie mit ihm gemacht? Sie hatten ihm doch einen neuen Chip einpflanzen wollen, wieso spürte er den nicht?
    Er sah sich um. Er befand sich nicht mehr in dem gläsernen Kubus, sondern in einem großen, kahlen, fensterlosen Raum mit dunkelgrauen Wänden. Das Bett, in dem er lag, und ein Nachttisch waren die einzigen Möbelstücke darin. Auf dem Nachttisch stand ein Tablett mit Frühstück, alles abgedeckt und geruchlos. Durch eine Schiebetür aus Mattglas erahnte er eine Nasszelle. Die Stahltür an der gegenüberliegenden Wand war vermutlich so verschlossen, wie sie aussah.
    Ach ja: Und unter der Decke hing eine Kamera, die ihn beobachtete.
    Er blickte an sich herab. Er trug immer noch seine ollen Klamotten. Nicht sehr hygienisch, oder? Wenigstens seine Schuhe hatten sie ihm ausgezogen. Und das Bett war mit einem störrischen weißen Zeug bezogen, das sich anfühlte wie Verpackungsmaterial.
    Christopher setzte sich vollends auf. Er wartete, bis das Schwindelgefühl nachließ, und ging dann ins Bad, um zu pinkeln, sich das Gesicht zu waschen und ein paar Handvoll Wasser zu trinken.
    Als er zurückkam, stand seine Mutter mitten im Raum. Er hatte nicht mitbekommen, wie sie hereingekommen war.
    »Hallo, Christopher«, sagte sie. »Wie geht es dir?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ein bisschen seltsam. Nicht so, wie ich es erwartet hatte.«
    Sie nickte ernst. Es sah so ... nach ihr aus, dass Christopher sich einen Moment lang fragte, ob das mit der Kohärenz vielleicht nur ein schrecklicher Traum gewesen war. »Ich musste erst die beiden Chips entfernen, die du getragen hast«, sagte seine Mutter dann und schüttelte dabei tadelnd den Kopf. »Zwei Chips! Das hätte unangenehme Folgen für dich haben können.«
    »Hatte es«, erwiderte Christopher knapp. Er hatte keine andere Wahl gehabt, aber er hatte keine Lust, das jetzt zu diskutieren. Er war die Dinger endlich los! Das wollte er auskosten. Lange würde der Zustand nicht

Weitere Kostenlose Bücher