Kohärenz 03 - Time*Out
diskutieren. Was hast du gehört, und was für Sorgen machst du dir?«
Serenity wiederholte, was Christopher ihr erzählt hatte, und erklärte, was sie befürchtete. Oder was Christopher befürchtete. Wobei das im Grunde dasselbe war.
Dad ging auf jeden Punkt ein, den sie nannte, geduldig und ausführlich, und er hatte für all ihre Argumente auch ziemlich gute Gegenargumente – mit einer Ausnahme: »Wenn einer von euch geschnappt wird, pflanzt ihm die Kohärenz ihren Chip ein«, sagte Serenity. »Und dann weiß sie ein paar Tage später alles, was ihr über Hide-Out wisst. Unser Versteck wäre aufgeflogen. Wir könnten euch genauso gut alle nach Cleveland begleiten.«
Dieses Argument konnte ihr Vater nicht entkräften. Und das wusste er.
»Das darf natürlich nicht passieren.« Er sah sie eindringlich an. »Und das wird auch nicht passieren. Die Voraussetzungen für dieses Unternehmen sind hervorragend. Wir haben alle nötigen Hilfsmittel. Und wir haben einen guten Plan.«
»Pläne gehen immer irgendwie schief«, erwiderte Serenity. »Das hast du uns schon beigebracht, als wir noch Kinder waren. Kein Plan übersteht die Konfrontation mit der Wirklichkeit. Deine Worte. Ich weiß nicht mehr genau, aus welchem deiner Bücher das ist, aber ich könnte es rausfinden, da bin ich mir sicher.«
»Das ist aus dem Nachwort von Die Vernichtung unserer Zukunft. Wobei du es hier aus dem Zusammenhang reißt.« Er beugte sich vor. »Serenity – wir können nichts gewinnen, wenn wir nichts riskieren. Und letztendlich müssen wir darauf vertrauen, dass das Glück mit dem Tüchtigen ist!«
»Dad«, erwiderte Serenity entschlossen, »das sind Sprüche. Keine Argumente.«
Das brachte ihn einen Moment lang aus dem Konzept. Er blickte zu Boden, überlegte eine Weile, schaute sie wieder an. »Sieh mal – die Dinge haben sich beschleunigt. Wir können entweder versuchen mitzuhalten oder wir geben den Kampf auf. Ich will nicht aufgeben. Und was immer Christopher da entdeckt hat...« Er zögerte. »Das sind bis jetzt nur Vermutungen. Und ich wüsste nicht, wie sie uns weiterhelfen. Nimm allein die Tatsache, dass dieser PentaByte-Man in Genf gelebt hat – in der Schweiz also. In Europa. Wie sollten wir dahin kommen, ohne dass wir geschnappt werden? Was könnten wir denn wirklich tun?«
»Keine Ahnung«, gestand Serenity.
»Eben. Es mag ja sein, dass Christopher im Laufe der Zeit noch mehr herausfindet, vielleicht sogar einen Ansatzpunkt, wie wir eingreifen können. Aber das ändert nichts daran, dass die Kohärenz hier und jetzt – in ungefähr hundertvierzig Stunden, um genau zu sein – versuchen wird, den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika unter ihre Kontrolle zu bekommen. Wenn wir das verhindern wollen, dann müssen wir handeln. Und zwar jetzt.«
Serenity fühlte ihren Widerstand zerbröckeln. Vielleicht hatte ihr Vater ja doch recht. Immerhin war er ein erfahrener Mann, jemand, der viel unternommen und viel erreicht hatte in seinem Leben ...
»Weißt du«, fuhr Dad fort, »ich glaube einfach, dass das Schicksal mit uns sein wird. Dass es nicht sein soll, dass die Kohärenz am Ende gewinnt.« Er lächelte schmerzlich. »Auch wenn das jetzt noch so ein Spruch ist.«
Serenity biss sich auf die Lippen. Auf einmal verstand sie, warum so viele Menschen auf ihren Vater hörten, ihn verehrten, ihm folgten.
Aber dann fiel ihr ein Argument ein, an das nicht einmal Christopher gedacht hatte.
»Dad«, sagte sie und hatte dabei das Gefühl, dass ihre Stimme immer leiser wurde, »es ist trotzdem so, dass du das nicht zu entscheiden hast. Du bist nicht der gewählte Präsident von Hide-Out.«
Dad stutzte. Sie konnte förmlich zusehen, wie er darüber nachdachte und nach Gegenargumenten suchte. Doch er fand keine.
»Du hast recht«, gab er schließlich zu. Er holte tief Luft. »Du hast völlig recht. Ich habe das nicht zu entscheiden und ich werde das auch nicht entscheiden. Wir werden das alle gemeinsam entscheiden.« Er räusperte sich. »Wir werden morgen Abend eine Vollversammlung einberufen, den Plan vorstellen und diskutieren. Und anschließend werden wir abstimmen.«
Später, als Serenity in ihr eigenes Zimmer zurückkehrte, war ihr Inneres ein Chaos von Gefühlen. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Nur in einer Sache war sie sich hundertprozentig sicher: Ihr Vater hatte vor ihrem Gespräch keine solche Abstimmung geplant gehabt.
Ablenkungsmanöver
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Dann war Tiffany ein paar Tage nicht da,
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