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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sie, dass sie mit dem Bürstenauto fahren würden; der Aufsatz am Heck des Fahrzeugs, der die Drahtbürsten trug, war hochgeklappt und sah aus wie die Borte eines seltsamen Kleides.
    Sie ließ es sich nicht nehmen, ihre Tasche selber im Kofferraum zu verstauen. Der lederne Umhängesack, mit dem Christopher reiste, stand schon darin und auch ein Stoffbeutel mit Reiseproviant: An so etwas hatte sie überhaupt nicht gedacht!
    Sie setzte sich auf die Rückbank, während Christopher den Beifahrersitz nahm. Er wirkte jetzt doch ein wenig angespannt.
    »Ist alles okay?«, wollte er wissen.
    Serenity stieß die Luft aus, die sie, wie ihr jetzt erst bewusst wurde, angehalten hatte. »Ich find's völlig verrückt, aber... Ja. Alles okay.«
    Clive knipste die Lampe aus, setzte sich hinters Steuer, drapierte seine Bartzöpfe ordentlich über die Schultern und ließ dann den Motor an. Serenity zuckte zusammen. So laut! Aber niemand schlug Alarm, alles blieb friedlich. Sie rollten bedächtig durch den Spalt im Tor ins Freie und waren einen Moment später unterwegs.
    Serenity sank gegen die Rückenlehne. Jetzt war es passiert, die Reise hatte begonnen. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Wobei es das vorher im Grunde auch nicht gegeben hatte. Sie hatte es nur gedacht.
    Und von allem anderen abgesehen tat es so gut, endlich einmal wieder draußen zu sein!
    Sie fuhren schweigend durch eine magische Nacht. Die Sterne glühten am Himmel, ein noch nicht ganz voller Mond ließ die Wüste grau schimmern und die trockenen Büsche am Wegesrand wie Silber leuchten. Serenity beschloss, in der Schönheit dieses Augenblicks ein gutes Omen für ihre Reise zu sehen.
    Die Fahrt dauerte nicht lange. Nach etwas mehr als einer halben Stunde bog Clive auf einen Parkplatz ein, auf dem ein einzelner Lastwagen wartete. Die Autoscheinwerfer ließen ein Logo auf der Seite des Trucks aufleuchten: Upex, der große internationale Paketdienst Der Firmenslogan darunter, vertraut aus zahllosen Fernsehspots – »Don't worry« –, erschien Serenity in diesem Moment geradezu tröstlich.
    Als sie neben dem Lastwagen hielten, stieg ein Mann aus. Clive und er begrüßten sich mit einer kurzen Umarmung, sie kannten sich offenbar schon lange.
    »Kinder, das ist Frank«, stellte Clive den Fahrer anschließend vor. »Frank Ray. Er bringt euch weiter.«
    Frank war ein breitschultriger, gemütlich wirkender Mann mit einem beträchtlichen Bierbauch und wild wuchernden Haarbüscheln in der Nase. Sie schüttelten die Hände, wobei Serenity das Gefühl hatte, in seiner Pranke zu verschwinden.
    »Hi«, sagte Frank. »Steigt ein.«
    Sie verabschiedeten sich von Clive. »Ich hoffe, du findest, was du suchst«, sagte er zu Christopher zum Abschied. »Du hast schon mal ein Wunder vollbracht, denk dran!«
    Christopher sagte nichts, lächelte nur flüchtig.
    Sie sahen ihm nach, wie er in die Richtung davonfuhr, aus der sie gekommen waren.
    »Was hat er damit gemeint?«, fragte Serenity. »Was für ein Wunder?«
    »Ach was«, sagte Christopher knapp. »Der Einzige, der in letzter Zeit Wunder vollbracht hat, ist Clive selber.«
    Sie erklommen die Fahrerkabine. Drinnen roch es intensiv nach einem billigen Rasierwasser und so, als würde irgendwo ein vergessener Hamburger vor sich hin gammeln. Auf dem Armaturenbrett stand ein Wackel-Darth-Vader, der mit einem Saugnapf an der Scheibe befestigt war. Die Sitze waren mit imitiertem Tigerfell aus Acryl belegt, den Abnutzungsspuren nach zu urteilen mindestens zehn Jahre alt.
    »Gemütlich«, sagte Serenity.
    Frank, der gerade auf der anderen Seite einstieg, bekam ihren Spott nicht mit. Er strahlte voller Besitzerstolz. »Mein Zuhause«, erklärte er und ließ den Motor an.
    Die Fahrt verlief schweigsam. Serenity hätte zu gerne gewusst, wohin sie fuhren oder was genau Franks Rolle in dem Ganzen war, aber er stellte ihnen keine Fragen, deswegen vermutete sie, dass Clive ihn genau instruiert hatte. Einmal telefonierte er mit irgendjemandem und sagte: »Heute geht's nicht. Ich hab 'ne andere Route.«
    Die er aber trotzdem wie seine Westentasche zu kennen schien. Das Navigationsgerät blieb ausgeschaltet; immer wieder bog er von der Interstate ab, hielt auf irgendwelchen dunklen Höfen oder vor einsamen Hallen, um weitere Rollcontainer voller Pakete aufzuladen. Er machte alles selber. Bis auf einmal, als er an einer Tankstelle gleichzeitig tankte und einen Rollcontainer auflud, der in einem Verschlag aus Wellblech bereitgestanden hatte, war niemand

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