Kohl des Zorns
Bier ein.«
»Das ist eine wirklich ganz ausgezeichnete Idee, John.«
Kapitel 14
Der Fliegende Schwan war für die Tageszeit ungewöhnlich gut besucht. John und Jim schoben sich durch das Gedränge zur Theke und brüllten nach dem Barmann. Neville löste sich aus einer lärmenden Gruppe am anderen Ende des Tresens und erkundigte sich nach ihren Wünschen.
»Ziemlich voll«, beobachtete John.
Neville tippte sich an die lange Nase. »Whitehall!« flüsterte er heiser. »Jede Menge Leute von Westminster und Ausflügler. Scheint, als könne man die Olympischen Spiele nicht durchführen, ohne die Neugier einer ganzen Menge Offizieller zu erregen. Kommt mir alles ziemlich überkandidelt vor, wenn ihr mich fragt. Bürokratie und so.«
»Du meinst also, es könnte Schwierigkeiten geben.« Pooley umklammerte seine Innentasche, wo der Schlüssel zu den potentiellen Millionen ruhte.
»Ich weiß nicht mehr als ihr«, entgegnete Neville und schob die Pints über die Theke. »Aber es ist gut fürs Geschäft.«
»O ja«, sagte Jim Pooley. »Ja, das ist es, in der Tat.« Er hatte längst für die Runde bezahlt, als ihm wieder einfiel, daß Omally ihn eigentlich eingeladen hatte.
»Prosit!« sagte John.
»Mir gefällt das mit dieser Bürokratie nicht«, begann Jim. »Das könnte uns teuer zu stehen kommen.«
»Ich schlage vor, wir hören uns an, was sie zu sagen haben.« Omally nickte in Richtung einer in der Nähe stehenden Konklave, und Pooley folgte ihm dort hin.
Die Typen von Whitehall drängten sich um einen ›Badger‹ Beaumont, den alkoholsüchtigen Theaterkritiker des Brentforder Merkur.
Während der Abwesenheit von Knüller Molloy, der sich von einer Nacht ohne jede Scham erholen mußte, agierte Badger als offizieller Olympiakorrespondent des Merkur.
John und Jim beobachteten die Whitehall-Typen lange und mißtrauisch. Sie waren eine völlig neue Spezies in dieser Gegend. Omallys Auge für maßgeschneiderte Anzüge erkannte die rare Sorte, die ohne Gelächter wie auf die Haut geschneidert und ohne Beschwerden in Golddublonen bezahlt wurde. Die Gesichter hatten jenen glatten und nichtssagenden Ausdruck, den man sonst nur noch bei Madame Tussauds Wachsfiguren oder bei ofenfertigen Brathähnchen finden konnte. Nasen, die von blauen Adern durchsetzt waren, und schwach ausgeprägte Kinne. Ein gutes halbes Dutzend dieser Burschen hatte sich im Fliegenden Schwan eingefunden, und von links nach rechts waren das (mehr örtlich als nach politischer Einstellung gedacht) die Minister für Sport und Erholung, Entwicklung, Bauwesen, Handel und Industrie, Auswärtiges und Finanzen. Außerdem hatten sich Staatssekretäre eingefunden, Untersekretäre, Pressereferenten, Ratgeber, Chauffeure, Masseure, Tagesmütter und Lakaien. Omally erspähte darüber hinaus verschiedene junge Damen von der Sorte, die in Fertigkeiten ausgebildet und geübt waren, welche Männern Freude bereiten.
Alle hatten sich im Fliegenden Schwan eingefunden, in Gruppen entsprechend ihrer sozialen Stellung arrangiert, wo sie untereinander schnatterten, kicherten, flüsterten und lachten. Und das alles sehr, sehr laut.
Pooley und Omally lauschten aufmerksam den Unterhaltungen der Minister.
»Ich bin perplex«, gestand Jim.
»Geht mir genauso«, gestand John.
Neville schob sich mit einem Tablett Lachssandwiches vorbei.
»Alles zu Ihrer Zufriedenheit, Gentlemen?« fragte er und zwinkerte ununterbrochen mit dem Auge. Er schien seinen besten Anzug zu tragen, das Modell für Hochzeiten, Beerdigungen und besondere Treffen seiner Loge. »Das nenne ich mal gute Gäste.«
Omally beobachtete in dumpfem Unglauben, wie Neville um eine Gruppe nadelstreifiger Schickimickis mitsamt ihren Frauen schlich, die lässig ihr Bitter nippten und Zigarettenasche in Blumenkübel schnippten.
»Wer hätte das gedacht«, sagte John. »Neville kriecht diesen Kretins in den Hintern.«
»Das nimmt ein böses Ende«, erwiderte Jim philosophisch. »Sieh mal, da kommt tatsächlich Bob der Buchmacher. Würdest du ihn für mich festhalten, während ich ihn schlage, oder machen wir es umgekehrt?«
»Laß uns erst einmal hören, was er zu sagen hat. Vielleicht springt ja die ein oder andere freie Runde heraus.«
Bob schob sich tapfer durch die Menge, und die fünfzehnhundert Pfund teuren Dentalarbeiten blitzten in seinem Gesicht.
»Hallo Freunde«, sagte er unsicher. »Ich hatte gehofft, euch hier zu finden. Wie geht’s, wie steht’s?«
»Ging nie besser«, erwiderte Jim.
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