Kohl des Zorns
anzubieten, wäre geschmacklos und ungehörig. Statt dessen versichere ich dich meines nicht enden wollenden Danks, meines tiefsten Respekts und verspreche dir meine ewige gute Freundschaft. Du bist sicher der gleichen Meinung wie ich, daß Dinge wie diese unschätzbar sind.«
John hatte nicht geantwortet, obwohl ihm mehrere Gegenargumente auf der Zunge lagen, doch er war über alle Maßen erfreut, daß Neville wieder ganz der Alte war. Er hatte dankend eine angebotene Flasche Scotch aus dem privaten Lager des Teilzeitbarmanns angenommen und als — wenn auch kleine — Anerkennung für seine noble Tat den Abend frei bekommen.
Omally bog nach rechts in die Moby Dick Terrace ab und brachte Marchant zu einem unvermittelten, seitens des treuen Rades unerwarteten und reifenerschütternden Halt. Vor Omallys Haus stand eine lange, schwarze Limousine fortschrittlichsten Designs und unbekannter Herkunft. »Die Garde!« sagte John und steuerte Marchant hastig den Bordstein hinauf und in eine Seitengasse. Einige Meter weiter stieg er ab, lehnte seinen Gefährten gegen eine Mauer und schielte um die Ecke, um zu sehen, was dort vor sich ging.
Eine Gestalt trat aus seiner Tür. Es war kein Konstabler, wie John gefürchtet hatte, sondern ein Zwerg in Chauffeurslivree. Die Kreatur hoppelte um den Wagen herum zur Fahrertür und stieg in das Fahrzeug ein, das sich unverzüglich und lautlos in Bewegung setzte.
John wich in die Gasse zurück, als es vorbeifuhr. Er strengte sich an, um einen genaueren Blick auf die Insassen zu erhaschen, doch die Fenster waren dunkel, und er sah nichts außer seinem Spiegelbild.
»Eigenartig«, sagte er, während er aus seinem Versteck schlich und Marchant am Lenker nach Hause führte. »Mrs. King pflegt in letzter Zeit wirklich einen sehr merkwürdigen Umgang.«
Er wollte gerade den Schlüssel ins Schloß seiner Haustür stecken, als sie sich wie von Geisterhand öffnete und seine Vermieterin dahinter sichtbar wurde. Sie war zum Ausgehen angezogen: ein Kaschmirmantel, Damenhut und Einkaufsnetz.
»Oh, Sie sind’s«, sagte sie, was die meisten Menschen vergeblich nach einer Antwort hätte suchen lassen.
»Ihr Diener, Madam«, antwortete der geistesgegenwärtige Omally.
»Da war Besuch für Sie.«
»Hat er Bargeld oder einen Scheck dagelassen?« erkundigte sich Omally. »Ich erwarte im Verlauf der Woche noch mehrere Besucher dieser Art.«
»Und daran tun Sie auch gut, Mister Omally. Schließlich schulden Sie mir für einen ganzen Monat Miete.«
»Wo hat er das Geld hingelegt? Ich werde Sie sofort bezahlen.«
»Soweit ich weiß, hat er gar kein Geld dagelassen. Nur ein Paket, weiter nichts.«
»Ah, ein Paket also?« Omally konnte sich nicht erinnern, irgend etwas bestellt zu haben.
»Er meinte, Sie und Jim Pooley hätten einen Preis gewonnen. Er war nicht im Besitz der Adresse Ihres Freundes, deswegen habe ich sie ihm gegeben.«
»Ein Preis also, eh? Nun, wir haben bei einem Preisausschreiben mitgemacht, in der Hoffnung, einen Mikrowellenherd zu gewinnen. Vielleicht ist es das.« Omally war immer wieder selbst erstaunt, wie leicht Worte der Unwahrheit über seine Lippen gingen. »Haben Sie Lust, das Paket gemeinsam mit mir zu öffnen?«
»Ich habe keine Zeit, Mister Omally. Ich muß noch einkaufen, bevor die Geschäfte schließen. Das Paket steht auf Ihrem Küchentisch. In einer Küche, die dringend gereinigt werden muß, wie ich hinzufügen darf. Diese Küche ist ein Gesundheitsrisiko!«
»Genau aus diesem Grund bin ich heute früher nach Hause gekommen.« Omally schob sich an der wollbehuteten Schreckschraube vorbei.
»Sehen Sie zu.« Die Eingangstür fiel krachend hinter ihr ins Schloß, und Omally atmete erleichtert auf.
Er meisterte die dreiundzwanzig Stufen zu seinen Zimmern in Rekordzeit und stieß die Tür auf. Alles war genauso, wie er es verlassen hatte; keine gute Fee war aus dem Märchenreich herabgestiegen und hatte während seiner Abwesenheit aufgeräumt und saubergemacht oder auch nur den überfüllten Mülleimer nach unten getragen. John war zwar ein glühender Verfechter persönlicher Hygiene, doch seine Räumlichkeiten ließen einiges zu wünschen übrig. Er war zu faul.
Omally zog seine Jacke aus und warf sie auf das ungemachte Bett. Er krempelte die Ärmel seines Hemdes hoch und betrat die kleine Junggesellenküche, um das Paket zu untersuchen, das auf dem mit einem Wachstischtuch bedeckten Tisch ruhte.
Es war ein helles, freundliches Paket, eingebunden mit Kordel
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