Kokoschanskys Freitag
weiß es noch nicht. Bereit dazu sind wir. Wir alle haben Baseballschläger mit, einige von uns trainieren regelmäßig verschiedene Kampfsportarten. Wenn sie uns entdecken sollten und dabei auf uns schießen, dann müssen wir allerdings schleunigst abhauen. Das müsst ihr wissen. Wir haben inzwischen einstim mig beschlossen, dass wir zu dieser Entführung stehen und werden dir das auch in die Kamera sagen. Wenn es sein muss, erstatten wir sogar Selbst anzeige. Keiner von uns ist jemals polizeilich aufgefallen oder vorbestraft. Wenn alles gut läuft, das Material ausgestrahlt ist, wird das sicher nieman den unberührt lassen und wir rechnen damit, dass ein Großteil der Bevölkerung hinter uns stehen wird. Sollten wir angeklagt werden, wird es kaum für Haftstrafen reichen. Wir haben in unserer Community auch erstklassige Anwälte. Sollten wir zu Geldstrafen verurteilt werden, nehmen wir das gerne in Kauf. Uns ist wichtig, dass ihr das wisst.“
„Das ist genau jetzt einer dieser Momente, wo ich mich schäme weiß zu sein“, gesteht Weiland und tritt gegen einen Baum.
***
Die Würfel rollen über den Eichentisch.
„Sechs und vier.“
„Das muss doch zu toppen sein!“, geifert einer der Männer und kann seinen Blick nicht von den beiden Frauen abwenden, die straff an die Balken gefesselt sind. „Ich glaube, diese Sonja steht auf mich. Dauernd wirft sie mir lüsterne Blicke zu. Gleich, Schätzchen, gleich!“ Er wirft di e Würfel in den Lederbecher, schüttelt ihn einige Male, schüttet ihn über die Platte aus, die Würfel rollen.
„Verdammt, fünf und eins!“
„Noch eine Runde, Kameraden“, bestimmt der Führer, „dann steht der Sieger fest.“
***
Mehrere schwarze Limousinen mit abgedunkelten Scheiben, die Schein werfer ausgeschaltet, rollen von beiden Seiten in die Gasse. Funkstreifen folgen, stellen sich quer und sperren das Terrain ab. Die wenigen Passante n, die um diese Zeit durch die Gasse gehen wollen, werden höflich aber bestimmt aufgefordert zu warten.
Aus den dunklen Fahrzeugen springen mehrere schwer bewaffnete, maskierte Cobra-Leute mit kugelsicheren Westen und Helmen, Maschinen pistolen im Anschlag, postieren sich nach einem genau ausgeklügelten Sche ma an den Hauswänden und nehmen den Eingang des Cafés JoJo in die Zange. Kein Wort fällt. Ein eingespieltes Team, das ständig diese Einsät ze übt. Jeder Schritt, jede Bewegung, jeder Handgriff wurde bereits Tausende Male geprobt.
Über den Hausdächern steigt ein Polizeihubschrauber auf, stellt sich in geringer Höhe genau über die Baumgasse. Cobra-Männer sitzen auf den Kufen, halten ihre MPs bereit, geben im Ernstfall von oben Feuerschutz und sind auch bei Bedarf in der Lage sich blitzschnell abzuseilen, um ihre Kollegen unten zu unterstützen. Ein enorm starker Scheinwerfer an der Unterseite des Hubschraubers wird eingeschaltet und erleuchtet die Baumgasse taghell. Der Einsatzleiter erteilt per Funk den Befehl zum Zugriff.
Die Cobra-Männer stürmen das Café, der Überraschungsangriff gelingt und wird zu einem totalen Erfolg. Keiner der Lokalgäste, am wenigsten die Inhaber, Shkumbin Rukova und sein Sohn Kushtrim, haben damit gerech net. Für beide klicken die Handschellen und sie werden, wenn auch lautstark protestierend, abgeführt. Jahrelang haben sie sich sicher, zu sicher, gefühlt. Doch der Krug geht so lange zum Brunnen bis er bricht. Sämtliche Gäste müssen sich ausführlichen Personenkontrollen unterziehen, eini ge sind wegen verschiedenster Delikte zur Verhaftung ausgeschrieben und wandern mit den Bossen ins Kittchen. Für andere hagelt es Anzeigen aus den unterschiedlichsten Gründen.
Nach und nach merken auch die Anwohner den Grund für die nächtliche Ruhestörung. In vielen Wohnungen gehen die Lichter an, von Fenstern aus wird alles genau beobachtet. Niemand ist böse oder ungehalten. Endlich ist dieses berüchtigte Café ausgehoben worden. Viele hatten schon sämtliche Hoffnungen aufgegeben, doch jetzt wird Ruhe in die Baumgasse einkehre n.
***
„Das muss diese Privatstraße sein“, flüstert Kokoschansky Weiland zu, der seine große, unhandliche Schulterkamera im Auto zurückgelassen hat un d mit einer äußerst lichtstarken kleinen Full-HD-Handycam dreht, die Bilder i n Fernsehqualität auf Festplatte aufzeichnen kann. „Da ist eine Schranke . Wo sind aber die Wachen, von denen die drei gesprochen haben? Vorausgesetzt, wir schaffen es an den Wächtern vorbeizukommen, bleiben immer noch
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