Kokoschanskys Freitag
Sicherheitsmannes in der Zeitung, „kann überhaupt nichts dafür und muss nun im Koma liegen. Dieser Erdenberger muss eine ziemlich brutale Drecksau gewesen sein.“
Lena hat genau verstanden und spielt mit. Kokoschansky will provozier en und versucht die Gäste in Hörweite auf sich aufmerksam zu machen. Und tatsächlich ... die Rechnung geht auf.
„Da haben Sie allerdings recht“, mischt sich eine ältere Frau am Neben tisch ein und beugt sich Richtung Kokoschansky. „Der Franz war schon als K ind so anders. Der war zum Verbrecher geboren. Das habe ich immer schon gewusst.“
„Martha, bitte!“ Ihr Ehemann legt seine Hand auf ihren Unterarm. „Sei doch still!“
„Wieso?“, fährt sie ihn an. „Man sagt ja nichts, man redet ja nur. Was wahr ist, muss wahr bleiben. Der Franz war schon immer ein Gauner.“
„Und jetzt ist er tot“, erregt sich ihr Mann, „und auf Toten tritt man nicht m ehr herum.“
„Unser Herrgott wird ihm schon die gerechte Strafe geben.“
„Stimmt das also nicht so“, stellt sich Kokoschansky dumm, „wie es in d er Zeitung dargestellt wird?“
„Ach, hören Sie mir doch mit den Journalisten auf!“, erwidert der alte Mann erbost. „Die wissen gar nichts. Die saugen sich etwas aus den Fing ern und verkaufen es als Wahrheit.“
„Wie meinen Sie das?“, beteiligt sich nun auch Lena an dem Gespräch.
„Ach, nichts. Ich habe schon zu viel gesagt.“
„Nein, nein. Mein Mann hat schon recht. Das, was die alle geschrieben haben, können Sie vergessen. Das ist alles ein Schmarren.“
Kokoschansky mimt weiter den Ahnungslosen. „Wie? Das verstehe ich jetzt nicht.“
„Sie beide sind aber nicht von hier?“, fragt jetzt wieder die alte Frau etwas unsicher.
„Wenn Sie von der Presse sind“, stellt ihr Mann eindeutig klar, „dann wollen wir mit Ihnen nichts zu tun haben. Meine Frau und ich mögen keine Reporter. Und das Fernsehen interessiert uns schon lange nicht mehr.“
„Nein“, wehrt Kokoschansky enttäuscht ab, denn er hat im Moment keine Idee, wie er die Situation retten kann. Er spürt, die beiden wollen reden, aber nicht mit jedem. Lena legt ihr Besteck zur Seite und kramt in ihrer Handtasche.
„Hier“, sagt sie leise, zeigt kurz ihren Dienstausweis und legt gleichzei tig den Zeigefinger auf den Mund, „wir sind von der Polizei. Sie verstehen?“
Mädel, du bist Gold wert! Kokoschansky möchte sie auf der Stelle umarmen.
„Wir ermitteln gerade“, blufft Lena ungeniert, „und haben auch schon einiges in Erfahrung bringen können.“
Nun ist auch der Ehemann ganz Ohr. „Darf ich Ihren Ausweis nochmals sehen?“, bleibt er trotzdem argwöhnisch.
„Gerne.“
Lena gibt ihm das gewünschte Dokument. Nach eingehender Prüfung legt er den Ausweis wieder zurück auf den Tisch. Das genügt ihm. Innerlich atmet Kokoschansky tief durch, weil von ihm keine Legitimation verlangt wird.
„Danke. Seien Sie mir nicht böse, aber man weiß ja nie. Tja, wenn das so ist ...“ Tatsächlich scheint der alte Mann jetzt kooperationsbereit zu sein.
Lena lächelt. „Nein, keineswegs, das ist Ihr gutes Recht.“
„Wissen Sie, meine Frau und ich wollen da in nichts hineingezogen werden. Hollabrunn ist doch ein Nest, da kommt man schnell ins Gerede. Aber der Erdenberger war ein mieses, dreckiges Schwein. Wie der mit seiner Frau umgegangen ist ...“
„Erdenberger war doch geschieden, oder?“, hakt Kokoschansky nach.
„Ja“, antwortet die Frau leise, „hat lange genug gedauert bis sie sich von diesem Dreckskerl befreien konnte. Leid tut mir nur das kleine Mäderl.“
„Wohnt seine Ex noch in Hollabrunn?“
Lena wirft ihrem Koko vielsagende Blicke zu.
„Nein, die Irmi, also die Irmgard ist mit der Tochter nach Wien gezo gen“, gibt die alte Frau bereitwillig Auskunft, „wohnt jetzt in Favoriten, im z ehnten Bezirk.“
„Und?“, fragt Kokoschansky zwischen zwei Bissen, „Woher wissen Sie so genau Bescheid, wenn ich fragen darf?“
„Ihre Eltern sind unsere Nachbarn“, erklärt der Ehemann. „Das heißt, es l ebt nur noch die Mutter. Der Vater ist vor einigen Jahren an Krebs verstor ben. Meine Frau und ich haben nie verstanden, was die Irmi an diesem Franz gefunden hat. Ein Raufbold schon als Junge in der Schule, später auch nur negativ aufgefallen. Dann hat er zu trinken begonnen, dass hat er sic h allerdings abgewöhnt als er die Irmi geheiratet hat. Damals dachten wir noch, jetzt hat er sich endlich im Griff, doch kaum war die Tochter
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