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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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offen bin. Wer soll Interesse an einer kleinen Drogerie­ marktverkäuferin haben, wenn er Sie und Ihre Tochter entführt? Lösegeld ist bei Ihnen nicht zu holen. Daher kann es nur im Zusammenhang mit dem Tod Ihres Ex-Mannes und seinen Verbindungen zu dieser Nazibagage stehen. Verstehen Sie mich?“
    Frau Kubelas Augen füllen sich mit Tränen und sie sieht verschämt auf den Boden.
    „Wenn ich zu deutlich war, bitte ich um Entschuldigung.“
    „Nein, nein“, wehrt sie ab, „es stimmt doch, was Sie gesagt haben. Warum wir? Warum Franziska und ich? Wir wollen doch nur leben, nach Möglichkeit auch ein bisschen glücklich sein. Was sage ich später Fran­ziska? Dein Vater war ein verhinderter Bankräuber, der bei seinem ersten und letzten Coup erschossen wurde? Und so weiter und so weiter. Wissen Sie, was ich am liebsten tun würde? Hätte ich genügend Geld, keine Sekunde würde ich zögern, Franziska an der Hand nehmen und weit, weit gehen. In ein anderes Land, einen anderen Kontinent. Von vorne beginnen, ich kann arbeiten. Weg von allem und vor allem weg von denen, die uns jetzt jagen.“
    „Lena und ich werden auf euch aufpassen“, mehr fällt Kokoschansky nicht ein. „Wenn es hart auf hart gehen sollte, dann gibt es Möglichkeiten sie beide auf die sichere Seite zu bringen.“ Er steht auf. „Ich restauriere mic h jetzt ein bisschen und dann verschwinde ich. Und bitte, lassen Sie das Geschirr so wie es ist. Ich mache das dann später, okay?“
    Am liebsten möchte er diese bedauernswerte Frau einfach nur in den Arm nehmen und an sich drücken, doch das wäre falsch und könnte ihm negativ ausgelegt werden.
    Kaum eine halbe Stunde später und halbwegs frisch sitzt Kokoschansky wieder im Taxi auf dem Weg ins SMZ Ost. Dieses Mal hat er sich an das Angebot von Rastaman erinnert und zum Glück fährt er auch heute am Feiertag. Selbstverständlich dröhnt aus dem CD-Player wieder Reggae­musik. UB40 mit Red, Red Wine. Der schwarze Taxifahrer ist sichtlich er freut, dass Kokoschansky sich an ihn erinnert hat. Höflich fragt er, ob ihn die Musik störe, doch als Kokoschansky verneint, meint Freitag nur, heute hätte er – Kokoschansky – auch kein Kind dabei. Mit dem Kopf wippend, dabei schlagen immer leicht die bunten Holzperlen in seinen Rastazöpfen aneinander, fährt der Schwarze die Wagramer Straße entlang.
    „Schade, dass man von denen nichts mehr hört“, versucht er ein Gespräch anzufangen.
    „Von wem?“
    „UB Forty. Gute Reggaeleute. Und die wenigsten wissen, was der Band­n ame bedeutet.“
    „Das ist die Bezeichnung des Formulars für die Arbeitslosenunterstützung in England.“
    „Wow!“, Freitag ist sichtlich beeindruckt . „Sind Sie Experte? Musiker?“
    „Nein“, lacht Kokoschansky, „ein wenig kenne ich mich aus. Früher habe ich mich mal ganz passabel Gitarre gespielt. Aber jetzt komme ich nicht mehr dazu.“
    „Ihr Europäer habt die Uhren, wir Afrikaner die Zeit.“
    „Ja, der Spruch hat etwas. Haben Sie gestern schon gesagt. Leider geht e s nicht immer so, wie man gerne möchte.“
    „Für die schönen Dinge im Leben muss man sich einfach Zeit nehmen und Musik gehört dazu. Sie sind anscheinend ständig unterwegs?
    „So, wie Sie, Herr Quentarino.“
    „Ich muss meine Familie ernähren. Frau, drei Kinder. Freitag, okay? Ich bin Freitag.“
    „Na gut, Freitag. Dann bin ich Koko. Das ist mein Spitzname.“
    „Freut mich, Koko.“ Freitag lenkt mit einer Hand weiter, greift nach hinten und sie schütteln sich die Hände, „Und wie heißen Sie wirklich?“
    „Kokoschansky.“
    „Hm, auch so ein Name, wo man sich die Zähne verbiegen kann. Jetzt, wo wir unsere Spitznamen kennen, brauchen wir auch keine Förmlichkeiten mehr, oder? Servus Koko.“
    „Geht klar. Servus Freitag.“
    „Tut mir immer noch leid, dass ich dich gestern für einen Opa gehalten habe.“
    „Vergiss es. Schnee von gestern.“
    Trotz seiner hervorragenden Deutschkenntnisse kennt Freitag diese Rede­ wendung nicht und Kokoschansky erklärt sie ihm.
    „Man lernt nie aus, danke. Muss ich mir merken. Aber nicht verwenden, denn wenn ein Schwarzer Schnee sagt, denken alle sofort an Koks. Ist w er von der Familie krank geworden?“
    „Nein, warum?“
    „Weil du ins SMZ Ost musst.“
    „Einen Freund hat es erwischt.“
    „Unfall?“
    „So etwas Ähnliches.“
    Sehr redseliger Mann, denkt Kokoschansky, doch sehr sympathisch. Viel ­leicht kann er ihn für das einspannen, was ihm die längste Zeit im Kopf

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