Kokoschanskys Freitag
gewesen.
„Was werden Sie mit den Ergebnissen Ihrer Recherchen anfangen?“, fragt Schuberth, ohne näher auf Kokoschanskys Angriff einzugehen. Auch nicht notwendig, man versteht sich auch ohne große Worte.
„Sammeln.“
„Und danach?“
„Wenn es ausreicht, werde ich versuchen darüber ein neues Buch zu schreiben.“
„Kein Angebot einer Tageszeitung, eines Magazins oder eines Fernsehsenders?“
„Nein. Und wenn, würde ich es nicht annehmen, da ich mich zum einen nicht als Hofberichterstatter eigne, und zweitens sind die Honorare dafür als sehr lausig zu bezeichnen.“
„Ihnen ist aber schon klar, Herr Kokoschansky, dass ich Sie wegen Zurückhaltung wichtiger Informationen belangen könnte.“
Kokoschansky bleibt unbeeindruckt, spielt sein Pokerface aus und meint nur lakonisch: „Ich bin doch gar nicht hier. Unser Gespräch findet überhaupt nicht statt. Außer, Sie haben heimlich mitgeschnitten. Allerdings unnötig, denn nach österreichischer Gesetzeslage sind geheime Ton- und Bildaufzeichn ungen vor Gericht rechtswidrig und werden nicht anerkannt.“
„Und der Beamte, über den Sie mich haben rufen lassen?“
Kokoschansky zuckt mit den Achseln: „Nur ein Beamter ...“
„Vorsicht! Ich bin auch Beamter.“
„Allerdings sehr hoch oben auf der Leiter.“
Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen lächelt Schuberth offen „Es war ... ein Test!“
„Bestanden?“
„Bestanden. Selbstverständlich weiß ich von Kollegen einiges über Sie, Herr Kokoschansky, und ich habe mir bereits mein eigenes Bild von Ihnen gemacht.“ Schuberth lehnt sich gemütlich zurück und mustert den Journal isten nochmals eindringlich, „Wir sind auch nicht von gestern. Ich nehme an, Sie haben etwas Zeit mitgebracht. Schreiben Sie mit, wenn Sie wollen. Nur ich weiß von nichts ...“
***
Die fünf Gestalten in dem Abbruchhaus in der Haberlgasse in Ottakring warten. Sie haben Zeit. Heute Nacht ist endlich der Auftakt. Nun wird jeden Tag in Wien etwas passieren, die Stimmung sich aufheizen und Angst um sich greifen. Zuerst mehrere Aktionen in Wien, später übergreifend auf die Landeshauptstädte.
Wochenlang haben sie sich in dieser Gegend unauffällig herumgetrie ben, in einem Viertel mit sehr hohem Ausländeranteil, vorwiegend Türken und Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Den fünf Männern ist es egal welche Nationalität und Hautfarbe sie haben, Hauptsache Ausländer . Die Hausruine wurde schließlich als geeignetes Objekt für ihre erste, sich erlich spektakuläre Aktion ausgewählt. Sie haben die Fluchtwege genau studiert, die Fahrzeuge stehen bereit, niemand kann sie mehr an ihrem Vorhaben hindern.
Zwei weitere Typen lungern auf der Straße herum. Sie sind die Späher, die nach geeigneten Opfern Ausschau halten. Per Handy halten sie Kontakt mit ihren Komplizen, die im Keller der Ruine warten.
Zwei Türkinnen mit Kopftüchern und bodenlangen Mänteln über der Oberbekleidung kommen die Gasse entlang. Sie gehen sehr schnell nebeneinander. Wahrscheinlich beeilen sie sich rasch nach Hause zu kommen, weil sie sich irgendwo verplaudert und nun Angst vor ihren Männern haben, da sie so spät nach Hause kommen. Einer der beiden Männer tippt seinen Partner an, doch der winkt ab.
„Zu alt“, flüstert er kurz, „hast du ihre Gesichter gesehen. Nein, danke. Wir wollen doch unseren Spaß haben.“
Sie nehmen wieder ihre Beobachtungsrunde auf. Langsam geht es auf dreiundzwanzig Uhr zu. Die beiden mit den finsteren Absichten müssen nicht lange warten. Wieder biegen zwei Frauen aus einer Nebenstraße in die H aberlgasse ein. Westlich gekleidet, sehr schick, aber mit den unverkennbaren Kopftüchern. Eine von ihnen telefoniert, während die Zweite sich immer ins Gespräch zu mischen versucht. Sie sprechen kein Deutsch. Mit gewissem Abstand folgen ihnen die Männer unbemerkt. Kurz bevor die Frauen auf Höhe des Abbruchhauses sind, beschleunigen die Verfolger ihre Schritte und überholen sie.
„Entschuldige, habt ihr mal Feuer?“, fragt der Dickere die Frauen, die Zigarette im Mundwinkel.
„Wir sind beide Nichtraucher. Tut uns leid.“
„Scheiße ...“
Die Männer verstellen ihnen den Weg.
„Hey, Türkenfotze, warum telefonierst du, wenn ich mit dir rede?“ Der Dicke reißt der Frau das Handy aus der Hand, wirft es kurzerhand auf den Gehsteig und zertritt es. „Ich wollte schon immer wissen, wie so eine Türkenbraut ohne diesen Fetzen aussieht.“ Mit einem Ruck zieht er ihr da s
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